Copyright by Brigitta Helbig-Mischewski - Helbig-mischewski.de
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<strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong>: Ein Mantel aus Sternenstaub, Nor<strong>de</strong>rstedt 2005<br />
291<br />
gegenläufig zum Bild Komornickas, für die Frau. Das starke, autonome Subjekt, das<br />
gehen und frei sein will, ist männlich. Bei aller Symmetrie <strong>de</strong>r entworfenen Visionen:<br />
In Mickiewiczs Gedicht fehlt die starke negative Besetzung <strong>de</strong>r Schwäche und<br />
Unselbstständigkeit <strong>de</strong>r weiblichen ‚Efeu-Person’. In Bezug auf eine Frau verstehen<br />
sich diese Eigenschaften quasi von selbst. Es kann <strong>de</strong>r Frau, die vom lyrischen Ich als<br />
‚Kind’ angesprochen wird, nicht übel genommen wer<strong>de</strong>n, dass sie sich an ein<br />
männliches Subjekt anhängen möchte. Der düstere, an „Friedhöfe und Särge“<br />
verlorene, geheimnisvolle romantische Wan<strong>de</strong>rer will ihr die Qual <strong>de</strong>s<br />
Zusammenlebens mit einem Vagabun<strong>de</strong>n ersparen: Er weist ihr ihren Platz in einer<br />
geselligen Run<strong>de</strong> an <strong>de</strong>r Festtafel zu. Dabei erlei<strong>de</strong>t das männliche Ich keine<br />
moralischen Qualen, <strong>de</strong>nn es will <strong>de</strong>m ‚Kind’ nur Gutes:<br />
Du bist ein Kind! Mich verbrannten lei<strong>de</strong>nschaftliche Schmerzen;<br />
Du sollst glücklich sein, Dein Platz ist im Kreise <strong>de</strong>r Gäste.<br />
Mein Platz ist, wo <strong>de</strong>r Vergangenheiten Friedhöfe und Särge.<br />
Du junger Efeu, umwickle die grünen Pappeln,<br />
überlass es <strong>de</strong>n Dornen, die Grabsäulen umzuranken. 83<br />
Übereinstimmend mit <strong>de</strong>n Meisterdiskursen <strong>de</strong>r abendländischen Kultur ist es hier die<br />
Frau, die als Naturelement fungiert, und <strong>de</strong>r Mann, <strong>de</strong>r mit hoher, an die Antike<br />
anknüpfen<strong>de</strong>r Kultur (Säule) in Beziehung gebracht wird. Bei<strong>de</strong> Metaphern –<br />
‚bluszcz’ (Efeu) und ‚kolumna’ (Säule) sind in gegenläufiger semantischer Besetzung<br />
in Komornickas „Dumanie“ präsent. Mit <strong>de</strong>r Säulenmetaphorik kann sich jedoch die<br />
betont als ‚lebendig’ bezeichnete Geliebte aus Komornickas Gedicht im Gegensatz<br />
zum Mickiewicz’schen Hel<strong>de</strong>n nicht restlos i<strong>de</strong>ntifizieren; ebenso wenig wie sie<br />
<strong>de</strong>ssen Lust teilt, die Nähe von Friedhöfen und Särgen zu suchen.<br />
Unter <strong>de</strong>n 1902, also im selben Jahr wie Komornickas Gedicht „Dumanie“,<br />
veröffentlichten Fabeln („Bajki“) von Jan Lemański (1973, 33-37) befin<strong>de</strong>t sich eine,<br />
83 Mickiewicz 1972, 202. Polnisch: „Tyś dziecko, mnie namiętne przepaliły bóle; / Tyś szczęśliwa, twe<br />
miejsce w biesiadników kole. // Moje, gdzie są przeszłości smętarze i trumny. / Młody bluszczu, zielone<br />
obwijaj topole, / zostaw cierniom grobowe otaczać kolumny.“<br />
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