Copyright by Brigitta Helbig-Mischewski - Helbig-mischewski.de
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<strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong>: Ein Mantel aus Sternenstaub, Nor<strong>de</strong>rstedt 2005<br />
317<br />
Plötzlich fällt auf <strong>de</strong>n aufsteigen<strong>de</strong>n Rauch – auf meiner Seele<br />
himmelfahren<strong>de</strong>n Weihrauch<br />
Frost – schnei<strong>de</strong>t Nebel in Hagel – drängt ihn hinab – stürzt ihn um –<br />
Und ich falle – falle – falle – falle –<br />
Ich, eine stumme Wolke, ein Worthagel. 157<br />
Ein<strong>de</strong>utig wer<strong>de</strong>n Worte und damit literarisches Schaffen im Bereich <strong>de</strong>r Sün<strong>de</strong> und<br />
<strong>de</strong>r fehlen<strong>de</strong>n Einheit (<strong>de</strong>r Teilung), 158 <strong>de</strong>r Welt nach <strong>de</strong>r Vertreibung aus <strong>de</strong>m<br />
Paradies angesie<strong>de</strong>lt. Dies wird u.a. in biblischer Symbolik ausgedrückt: „Ich ersticke<br />
die Wortschlangen.“ 159 Zur biblischen Semiotisierung gehört auch die Metapher <strong>de</strong>s<br />
mühsamen Ersteigens eines Berges (Golgatha-Bildlichkeit). 160<br />
Die christlichen<br />
Vorstellungen wer<strong>de</strong>n von Allusionen an an<strong>de</strong>re mythologische Traditionen<br />
überlagert: Der Dichter wird mit <strong>de</strong>m Nietzsche-Bild <strong>de</strong>s gequälten Prometheus, mit<br />
<strong>de</strong>m zerrissenen, entgrenzten Dionysos und Sisyphos parallelisiert.<br />
Das Dichten hin<strong>de</strong>rt das lyrische Ich daran, die Stufen <strong>de</strong>r himmlischen Leiter zu<br />
ersteigen: Es wird mit <strong>de</strong>m Gestus absoluter Verzweiflung in Szene gesetzt und<br />
erscheint letztlich als vergeu<strong>de</strong>te, vertane Zeit. Mit je<strong>de</strong>m Tag nähert sich <strong>de</strong>r Tod und<br />
das unglückselige, immer aus seinen Wun<strong>de</strong>n heraus schreiben<strong>de</strong>, wie das Subjekt von<br />
„Krzyk“ entgrenzte und todgeweihte Ich sinkt immer tiefer in die „Zügellosigkeit <strong>de</strong>r<br />
schöpferischen Qual“:<br />
Im Schaffen stirbt mir je<strong>de</strong>r Tag,<br />
Die Sprossen zur Ewigkeit zerfallen in Asche – (...)<br />
Unschätzbare Bücher liegen im Staub –<br />
157 Der Hagel <strong>de</strong>r Worte ist etwas Gefährliches, er schlägt in die Er<strong>de</strong> ein. Auch die an<strong>de</strong>ren Bil<strong>de</strong>r für das<br />
Schaffen, wie Lava o<strong>de</strong>r Wasserfall, sind von solchen Konnotationen geprägt. Polnisch: „Nagle na mój<br />
wzbity dym – na duszy / Mej kadzidło wniebowzięte – spada / Mróz – mgłę ścina w grad – w dół spycha<br />
– zwala – / I spadam – spadam – spadam – spadam – / Ja obłok niemy – gra<strong>de</strong>m słów!“<br />
158 Vgl.: „Zachwyt jedni płodzi ból rozpadu –“ (288) / Wyczerpać do dna mękę działu, / Której nic nigdy<br />
nie wyczerpie!“ (290)<br />
159 Polnisch: „Depczę słów węże“ (290). Ritz (2991, 150) interpretiert dies als ein Bild für <strong>de</strong>n Verlust <strong>de</strong>r<br />
„metaphorischen (signifikatorischen) Qualität“ <strong>de</strong>s Werks eines Dichters, <strong>de</strong>r nicht mehr ein<br />
„romantischer Prophet“ sein kann, <strong>de</strong>ssen Schaffensprozess nicht mehr zum „Selbstausdruck und<br />
Affirmation <strong>de</strong>s Ichs in <strong>de</strong>r eigenen Verspiegelung“ führt, son<strong>de</strong>rn von Verwischung <strong>de</strong>r Grenzen<br />
„zwischen Zeichenschaffen<strong>de</strong>m und Zeichen selbst“ gekennzeichnet ist.<br />
160 Der Dichter ersteigt <strong>de</strong>n Berg wie ein Kamel (wielbłąd). Das Wortspiel „o Wiel – błądzie“ lässt das<br />
Ersteigen <strong>de</strong>s Berges als Konsequenz eines großen Fehlers, einer großen Sün<strong>de</strong> erscheinen. (290)<br />
<strong>Copyright</strong> <strong>by</strong> <strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong><br />
<strong>Copyright</strong> <strong>by</strong> <strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong> 2005 / www.helbig-<strong>mischewski</strong>.eu