27.12.2014 Aufrufe

1qDBULH

1qDBULH

1qDBULH

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

ücher an. Beschäftigt waren 53 pädagogisch tätige Mitarbeiter<br />

und 32 Mitarbeiter für die Versorgung und Verwaltung. Das<br />

Heim befand sich, so der Heimleiter, auf einem guten Weg, was<br />

nicht zuletzt auf die Studentenbewegung zurückführbar sei.<br />

Deren Impulse hätten ein »dynamisierendes-progressives Element«<br />

in die Arbeit getragen, und auch das Landesjugendamt<br />

mit seinem Drängen auf Reformen, z.B. Abschaffung der<br />

geschlossenen Abteilung, habe vieles bewirkt. 382 Die geschlossene<br />

Abteilung wurde allerdings nicht aufgegeben.<br />

Weiterentwicklungen in den<br />

›alten Waisenhäusern‹<br />

Als der seit 1948 amtierende Hausvater 1963 verstarb, hatte er<br />

gerade die Weichen für eine weitere Umstrukturierung des Kinderheims<br />

Alten Eichen gestellt. Mit 78 Kindern in diesem Jahr<br />

waren die bisherigen Gebäude nicht nur zu klein, sie ermöglichten<br />

auch nicht die Einrichtung der schon lange gewünschten<br />

abgeschlossenen Wohneinheiten. Die Einweihung der neu<br />

erworbenen Nachbarsvilla 1964 übernahm dann schon sein<br />

Nachfolger. Die neuen Räume ermöglichten allerdings nur die<br />

Trennung der Klein- und Vorschulkinder in abgeschlossenen<br />

Wohneinheiten und für die älteren Kinder eine etwas großzügigere<br />

räumliche Gestaltung. Insoweit beklagte die Heimaufsicht<br />

des Landesjugendamts noch im Jahr 1968, dass es trotz aller<br />

Baumaßnahmen bislang nicht gelungen sei, die Kinder in abgeschlossenen<br />

Gruppen unterzubringen, »so daß der Heimcharakter<br />

Kindern gegenüber allzu sehr in Erscheinung tritt.« 383<br />

Auch die personellen Engpässe ließen sich nicht beheben. 1965<br />

blieben gleich mehrere Stellen unbesetzt, sodass auf ungelernte<br />

Aushilfskräfte zurückgegriffen werden musste. Auch zu<br />

beklagen war die große Personalfluktuation, die eine kontinuierliche<br />

pädagogische Arbeit weiterhin unmöglich machte. Da<br />

um diese Zeit die Zahl der relativ einfachen Binnenschifferkinder<br />

zurückging und man es darum vermehrt mit den vom<br />

Jugendamt zugewiesenen milieugeschädigten Kindern zu tun<br />

hatte, wurde der Mangel als besonders bedrohlich erlebt.<br />

Zu einer grundlegenden räumlichen und konzeptionellen Veränderung<br />

kam es 1969. 384 Auf dem Gelände des Nachbargrundstücks<br />

errichtete man einen Neubau und schloss Anfang der<br />

1970er Jahre auch die räumliche Neugestaltung der älteren<br />

Gebäude ab. Fortan lebten die Kinder in alters- und geschlechtsgemischten<br />

12er-Gruppen in getrennten Wohneinheiten. Sie<br />

wurden von jeweils drei Erzieherinnen betreut und für je drei<br />

Kinder gab es jetzt ein eigenes Zimmer. Jede Gruppe besaß ein<br />

eigenes Wohnzimmer, eine Teeküche und verschiedene Nebenräume.<br />

Frühstück und Abendessen wurden in der Teeküche<br />

zubereitet, was den Einstieg in die Selbstversorgung der Gruppen<br />

bedeutete, auch wenn vieles weiterhin zentral organisiert<br />

blieb. Dank der inzwischen durchgesetzten Einkommensverbesserungen<br />

für Erziehungskräfte verbesserte sich zudem die<br />

Personalsituation. Dies hatte allerdings auch Schattenseiten.<br />

Zum einen drängten vor allem junge Erzieherinnen und Erzieher<br />

in die Heime, die dies lediglich als Berufseinstieg betrachteten<br />

und deshalb oft nur kurz im Heim blieben. Zum anderen<br />

wurde schon bald mit vier Erzieherinnen für die 12er-Gruppe im<br />

Schichtdienst gearbeitet. Beides brachte für die Kinder mehr<br />

Unruhe in die Gruppe und erforderte mehr Koordination, Bürokratie<br />

und nicht selten auch Streitschlichtungen für Erzieherteams.<br />

Ein Hausvater und eine Hausmutter genügten nicht mehr,<br />

um den steigenden Verwaltungsaufwand zu bewältigen. Die<br />

Funktion eines Erziehungsleiters und stellvertretenden Heimleiters<br />

musste geschaffen werden. Die gestiegenen pädagogischen<br />

Anforderungen erforderten die Anstellung einer Heilpädagogin<br />

und später auch eines Psychologen. Alles in allem<br />

schnitt man in den frühen 1970er Jahren in Alten Eichen ›alte<br />

Zöpfe‹ ab und verbesserte die Rahmenbedingungen deutlich.<br />

Auch im St. Petri Waisenhaus stellten die Personalprobleme<br />

seit den beginnenden 1960er Jahren eine Dauerbelastung dar.<br />

Zwar stellte man vermehrt Praktikanten verschiedener Fachschulen<br />

ein und versuchte die Probleme dadurch auszugleichen,<br />

brachte damit aber erhebliche Unruhe ins Haus. Eine<br />

gewisse Abhilfe bedeutete die Fertigstellung eines Personalwohnhauses<br />

1967 und, mit Beginn der 1970er Jahre, der Einstieg<br />

in die Erziehung im Schichtdienst. Zudem konnten 1971<br />

zwei neu erbaute Kinderwohnhäuser für vier Kindergruppen<br />

bezogen und ein Mehrfamilienhaus in der Nachbarschaft erworben<br />

werden, in das Erziehungspersonal und teilweise reguläre<br />

Mieter einzogen.<br />

Die seit 1949 amtierende Heimleiterin bestimmte pädagogisch<br />

das ganze Jahrzehnt. Seit 1967 war aber bereits mit der Einstellung<br />

eines Sozialarbeiters und dessen Bestellung zum stellvertretenden<br />

Heimleiter bewusst auf einen Generationswechsel<br />

hingearbeitet worden. Der Wechsel vollzog sich dann 1970. 385<br />

Begleitet von einer in Teilen politisierten Erzieherschaft verlief<br />

er weder gradlinig noch problemlos, war aber davon geprägt,<br />

durch die Einstellung von Sozialarbeiter/innen und Sozialpädagog/innen<br />

sowie die Einführung von Teamberatung und Supervision<br />

das Qualitätsniveau der Heimerziehung zu heben.<br />

In den folgenden acht Jahren mit neuer Heimleitung wurde das<br />

St. Petri Kinderheim umgestaltet in einem Verständnis, das<br />

Heimerziehung als »Sozialisationsfeld für Kinder und Jugendliche<br />

in schwieriger Situation« betrachtete. 386 Dazu gerechnet wurde<br />

ein Identifikation ermöglichendes Wohnumfeld in eigenständigen<br />

Gruppen mit mehr Selbstverantwortung für die Erzieher<br />

und Erzieherinnen, die gezielte Anregung und Förderung im<br />

Freizeit- und schulischen Bereich, die Öffnung des Heims nach<br />

Außen und die Qualifizierung der Erziehungsarbeit. Umgesetzt<br />

wurde dies durch die Umgestaltung des Heimgeländes zu einer<br />

auch für Kinder aus der Umgebung geöffneten Spiellandschaft<br />

mit Bolzplatz, Bauspielplatz und Ponystall, durch zusätzliches<br />

Personal für Diagnostik und heilpädagogische Förderung ein-<br />

103

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!