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verankert wie Ausbildungsstandards und Personalschlüssel. 454<br />

Fachliche Rahmenvereinbarungen auf Landesebene und Qualitätsentwicklungsvereinbarungen<br />

mit den Einrichtungsträgern<br />

sichern zudem differenzierte einrichtungsbezogene Fachstandards<br />

zur Personalausstattung.<br />

Die fachpolitischen Vorgaben und Zielsetzungen der Jugendämter<br />

im Land Bremen sehen zudem bereits seit langer Zeit vor,<br />

es durch gezielte präventive Angebote und ambulante Hilfen<br />

im Vorfeld gar nicht erst zu einer Heimunterbringung kommen<br />

zu lassen. Ein breites Spektrum von ambulanten Leistungen<br />

ermöglicht Hilfen für Familien, die die Versorgung, Erziehung<br />

und Förderung ihrer Kinder nicht ausreichend gewährleisten<br />

können.<br />

Trotz dieser Zielvorgaben ist zu konstatieren, dass vorübergehende<br />

und auch langfristige Hilfen in Einrichtungen und durch<br />

Pflegefamilien weiterhin einen<br />

erheblichen Anteil der Hilfen ausmachen.<br />

Auch wenn es sich im<br />

Regelfall um mit den Familien und<br />

den jungen Menschen im Rahmen<br />

einer gemeinsamen Hilfeplanung<br />

entwickelte Maßnahmen mit dem<br />

Ziel der Rückkehr in die Herkunftsfamilie<br />

handelt, verweist die hohe<br />

Zahl dieser Fremdplatzierungen auch auf die Begrenzungen<br />

ambulanter Hilfen und das staatliche Wächteramt. Insbesondere<br />

nach dem tragischen Tod des Bremer Jungen Kevin und<br />

anderen Todesfällen von Kindern im Bundesgebiet sind in allen<br />

Kommunen die Hilfen außerhalb der Herkunftsfamilien ganz<br />

erheblich, im Land Bremen vergleichsweise sogar überproportional<br />

gewachsen. Bei diesen Entwicklungen spielen einerseits<br />

verstärkte Schutz- und Sicherheitsbemühungen der Kinder- und<br />

Jugendhilfe, andererseits auch anhaltende Kompensationserfordernisse<br />

in Bezug auf gesamtgesellschaftliche Entwicklungen<br />

der Lebenslagen vieler Familien eine bedeutsame Rolle.<br />

(Siehe hierzu auch die KomDat Auswertungen und Kommentierungen<br />

zur Kinder- und Jugendhilfebundesstatistik.) Gleichzeitig<br />

bleibt es weiterhin Ziel und Auftrag der Kinder- und Jugendhilfe,<br />

Familien so zu stärken, dass sie ihrem Erziehungs- und Schutzauftrag<br />

nach Möglichkeit selbst gerecht werden können.<br />

Die Beachtung der Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen<br />

sowie die Schaffung von Beschwerdemöglichkeiten und<br />

die Meldeverpflichtung sogenannter besonderer Vorkommnisse<br />

haben sich seit langem zu verbindlichen Grundlagen der<br />

Bremer Heimerziehung entwickelt und sind in den Heimrichtlinien<br />

verankert worden. Hinweise zu und konkrete Beschwerden<br />

über besondere Ereignisse oder Missstände in Einrichtungen<br />

werden in jedem Einzelfall ernst genommen und umgehend<br />

mit den Beteiligten aufgearbeitet.<br />

Auftrag der Kinder- und<br />

Jugendhilfe ist es, Familien so zu<br />

stärken, dass sie ihrem Erziehungsund<br />

Schutzauftrag selbst gerecht<br />

werden können.<br />

Die gesamtgesellschaftliche Sensibilisierung zu Fragen des Kinderschutzes<br />

und die in den letzten Jahren gehäuft aufgedeckten<br />

Fälle von Kindesvernachlässigung, Missbrauch und Kindstötungen<br />

sowie von Gewalt in Familien und Einrichtungen hat<br />

zunächst Betroffenheit, Unsicherheit und vielfach auch Hilflosigkeit<br />

nicht nur bei den Fachkräften der Jugendhilfe und in der<br />

Politik ausgelöst. Gleichzeitig wurde der Ruf nach verstärkten<br />

Kontrollen und nach Anwendung reglementierender bis hin zu<br />

stigmatisierenden Verfahrensabläufen sowie nach ungeschützter<br />

Preisgabe von Daten und Informationen immer lauter. Dieser<br />

Entwicklung setzte das Land Bremen bereits Anfang 2007<br />

eine umfassende Qualifizierungsoffensive zu Fragen des<br />

Kinderschutzes für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des<br />

öffentlichen Jugendhilfeträgers, der Freien Träger sowie von<br />

Kooperationspartnern in den Bereichen Bildung, Justiz und<br />

Inneres entgegen. Sie fand im Bremer Qualitätssicherungsund<br />

Risikomanagement-Konzept ihren Niederschlag. Es stellt<br />

das »Kindeswohl« als Leitprinzip in den Mittelpunkt der gesamten<br />

Kinderschutzarbeit. Da das<br />

Wohl der Kinder, das Wohl der<br />

Eltern und das Gemeinwohl<br />

aber einander bedingen, ist Kinderschutzarbeit<br />

nicht nur als<br />

Aufgabe einzelner beauftragter<br />

Fachkräfte, sondern als gesamtgesellschaftliche<br />

Aufgabe aller<br />

Personen und Institutionen des<br />

Landes Bremen und seiner Stadtgemeinden, die mit der Erziehung<br />

und Bildung, der Gesundheitsförderung und der Kinderund<br />

Jugendhilfe befasst sind, zu verstehen. Die ganzheitliche<br />

Orientierung des Kinderschutzes am Kindeswohl, Elternwohl<br />

und Gemeinwohl wird dabei als tri-polarer Kinderschutz<br />

bezeichnet.<br />

Im Zusammenhang mit der Qualitätsoffensive wurde im Jahr<br />

2007 auch in der Stadtgemeinde Bremen ein Kinder- und<br />

Jugendschutztelefon eingerichtet, das rund um die Uhr<br />

besetzt und mit einem stets einsatzbereiten Kinder- und<br />

Jugendnotdienst verbunden ist.<br />

Eine wissenschaftliche Auswertung weist an dieser Stelle auf<br />

einen deutlichen Unterschied zu den 1950er und 1960er Jahren<br />

hin. Die Ergebnisse zeigen, dass die allgemeine Sensibilität für<br />

Fragen des Kindeswohls in der Bevölkerung gestiegen ist. 455<br />

Während der RTH über die damalige Indifferenz der Gesellschaft<br />

klagte, scheint sich seither nicht nur bei den direkt beteiligten<br />

Akteuren, sondern auch in der Bevölkerung ein Wandel<br />

vollzogen zu haben. 456<br />

Der dargestellte Paradigmenwechsel in der Gesetzgebung und<br />

in der allgemeinen Haltung gegenüber sozialen und familiären<br />

Problemlagen findet seine Entsprechung in veränderten pädagogisch-fachlichen<br />

Grundhaltungen. In Bremen setzten sich<br />

verstärkt bereits seit den 1990er Jahren Ansätze der systemischen<br />

Familienberatung in der Heimerziehung durch. Das<br />

bedeutet unter anderem, dass die Hilfesuchenden nicht als<br />

schwierige Kinder und Jugendliche, sondern als junge Men-<br />

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