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und 1978 ein. Sie begann mit dem erst jetzt durchsetzbaren<br />
Versuch, über eine verbesserte Personalsituation auch zu einer<br />
bedürfnisgerechteren Heimerziehung, dem Trend der Zeit entsprechend<br />
in »heilpädagogischen Heimen«, zu finden. Ihren<br />
Abschluss fand diese Phase in einer Entwicklung, die später als<br />
Normalisierung, Integration und Alltagsorientierung bezeichnet<br />
wurde und mit der Auflösung traditioneller Strukturen in<br />
der Heimeinziehung verbunden war. 324 Dazu zählten Konzepte<br />
der Dezentralisierung der großen Heime, die Schaffung von<br />
Kleinheimen und Jugendwohngemeinschaften sowie der –<br />
gesetzlich verankerte – verstärkte Ansatz der Subsidiarität. Die<br />
Früchte dieser Reformbewegung, zu denen auch die Schließung<br />
jener Heime gehörte, die sich den neuen Optionen nicht<br />
rechtzeitig anpassten, stellten sich erst nach 1975 ein.<br />
In den nachfolgenden Abschnitten werden die Entwicklungen<br />
in den bremischen Heimen im Zeitraum 1960 bis 1975 skizziert.<br />
Zunächst wird über neue Heime (4.3.2.1) berichtet, es folgen<br />
Berichte über die Weiterentwicklung der bestehenden Heime<br />
(4.3.2.2) und im dritten Abschnitt (4.3.2.3) werden Hinweise zur<br />
Belegung von Heimen außerhalb Bremens gegeben.<br />
4.3.2.1 Heimschließungen, Ersatzbauten<br />
und Neugründungen<br />
Die bremische Heimerziehung hatte in ihren Grundzügen in<br />
den 1950er Jahren bereits ihre gut zwei Jahrzehnte überdauernde<br />
Gestalt gefunden. Deshalb wurden im Land Bremen lediglich<br />
im Bereich familienorientierter Kleinheime mit nur wenigen<br />
Plätzen neue Heime gegründet.<br />
Lesmona: Ein neues Aufnahmeheim<br />
Seit Anfang der 1960er Jahren bestand wieder ein »Mangel an<br />
Plätzen für Minderjährige, die aus erzieherischen Gründen der<br />
Heimpflege bedürfen«. 325 Das Jugendamt klagte in seinem Jahresbericht<br />
für das Jahr 1963: »Oft vergehen Wochen und Monate,<br />
bis nach vielen Anfragen endlich ein notwendiger Heimplatz<br />
gefunden wird.« 326 Zur Neugründung eines Auffangheims kam<br />
es aber erst 1966 mit der Errichtung des Aufnahmeheims<br />
»Lesmona« im Nordbremer Ortsteil St. Magnus. Eingerichtet<br />
wurde das Heim für die »sofortige und jederzeitige Aufnahme<br />
von bis zu 30 Minderjährigen in Notfällen bis zur endgültigen<br />
Unterbringung.« 327 Das Heim wurde gleich nach der Eröffnung<br />
stark beansprucht und war besonders wirtschaftlich errichtet<br />
worden, »da es als Behausung lediglich ein für den Pockenanfall<br />
bereitgehaltenes und praktisch meist leerstehendes Gebäude<br />
benutzte«. 328 Die unerwartet hohe Inanspruchnahme und das<br />
Provisorium der räumlichen Unterbringung führten bereits<br />
1968 zur Überlegung, die Kapazität durch einen Erweiterungsbau<br />
zu erhöhen und das Personal zu verstärken. 329<br />
1970 wurde über die Neuaufnahme von 279 Kindern und<br />
Jugendlichen in akuten Notsituationen bei einer durchschnittlichen<br />
Verweildauer von 17 Tagen berichtet. 330 Probleme ergaben<br />
sich, als sich herausstellte, dass eine Kapazitätserweiterung<br />
nicht möglich und damit eine bereits getroffene Strukturentscheidung,<br />
die Aufnahme von Kindern und Jugendlichen beiderlei<br />
Geschlechts in der Altersspanne von drei bis 21 Jahren,<br />
nicht korrigierbar war. Da das Gebäude zudem weiterhin »im<br />
Pockenalarmfall dem Senator für Gesundheit und Umweltschutz<br />
als Krankenhaus« zur Verfügung gestellt und »laut Alarmplan<br />
innerhalb weniger Stunden geräumt werden muss«, wurde<br />
bereits 1972 über eine Auflösung und Verlegung in eine geeignetere<br />
Einrichtung nachgedacht. 331 Realisiert wurde sie 1976<br />
mit der Einrichtung eines Aufnahme- und Beobachtungsheims<br />
auf dem Traditionsgelände in der Neuenlander Straße, das<br />
damit seine dritte Zweckbestimmung seit 1945 erhielt.<br />
Mädchenwohnheim Hemelingen:<br />
Nachfolgeeinrichtung für Auf dem Krümpel<br />
und Huchting<br />
Nachdem das Mädchenwohnheim Auf dem Krümpel 1967<br />
geschlossen wurde, folgte 1972 die Schließung des Mädchenheims<br />
Huchting. Seine Schließung wurde mit dem Wunsch<br />
begründet, für Jugendliche mit überwundenen Schwierigkeiten<br />
künftig Wohngruppen beziehungsweise Wohngemeinschaften<br />
mit einem höheren Selbständigkeitsgrad einzurichten. 332<br />
Zuletzt hatten nur noch 14 Mädchen in dem Heim gelebt.<br />
Nachfolgeeinrichtung wurde das Mädchenwohnheim Hemelingen.<br />
Es handelte sich um einen Neubau von vier baugleichen<br />
zweigeschossigen Pavillons sowie eines eingeschossigen<br />
Wirtschaftstrakts mit Großküche, Büroräumen, Konferenzraum<br />
und größerem Saal mit Bühne. Den Standort wählte man<br />
wegen der Nähe zum Hemelinger Industriegebiet. Gedacht<br />
wurde an vier »familienähnliche Gruppen« für 60 Mädchen, drei<br />
offene und eine geschlossene, wobei nicht mehr das Heim als<br />
Ganzes, sondern die einzelne Gruppe die »tragende pädagogische<br />
Einheit« sein sollte. 333 Nach der Fertigstellung im Oktober<br />
1970, eröffnete es als heilpädagogisches Mädchenheim zur<br />
»Betreuung und Ausbildung von jungen Mädchen mit einer besonderen<br />
erzieherischen Problematik«. 334<br />
Weder der Bau noch die Eröffnung standen unter einem guten<br />
Stern. Der Bau verschob sich, auch wegen zwischenzeitlicher<br />
konzeptioneller Umorientierungen, zu denen der Verzicht auf<br />
eine geschlossene Abteilung gehörte, mehrfach. 335 Zudem<br />
gelang es bis zur Eröffnung nicht, genügend qualifiziertes Personal,<br />
eine Leitung sowie Erzieherinnen, einzustellen. Das Jugendamt<br />
entschloss sich daraufhin, eines der Häuser und einen Teil<br />
der Gemeinschaftsräume als Fortbildungsstätte für Kindergärtnerinnen<br />
zu nutzen und die bereits aufgenommenen schwierigen<br />
Mädchen baldmöglichst wieder umzuquartieren, auch, um<br />
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