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»Wer Ohren hat, zu hören, der höre!«<br />

Zu lange fanden sie kein Gehör – die Menschen, die in den<br />

1950er bis 1970er Jahren in Heimen Opfer von Misshandlung<br />

und sexuellem Missbrauch wurden. Die Ursachen sind vielfältig:<br />

Das gesellschaftliche Bild damals war längst nicht von der<br />

Offenheit geprägt, die wir heute kennen und schätzen. Pädagogische<br />

Konzepte folgten deutlich strikteren Mustern. Kinder<br />

waren zu Gehorsam verpflichtet – ihnen Gehör zu verschaffen,<br />

war offenbar auch in evangelischen und katholischen Einrichtungen<br />

in Bremen oft nicht Usus. Aus heutiger Sicht war das ein<br />

Fehler, dessen Ausmaß uns tief betroffen macht.<br />

»Zuhören« ist die Basis des menschlichen Miteinanders und<br />

dadurch eine wesentliche christliche Aufgabe. Die Bremisch<br />

Evangelische Kirche und die Katholische Kirche zu Bremen<br />

begrüßen, dass die betroffenen Missbrauchsopfer jetzt angehört<br />

wurden. Wie viel Mut haben sie aufgebracht, die Erinnerung<br />

an die entsetzlichen Erlebnisse nach all den Jahren wieder<br />

zuzulassen, die Scham zu überwinden und die Geschehnisse<br />

auszusprechen. Im »Arbeitskreis zur Aufarbeitung der Heimerziehung<br />

im Land Bremen« gaben sie dem eigentlich Unfassbaren<br />

ein Gesicht, ihr Gesicht. Nur durch ihre Beteiligung konnten<br />

Geschehnisse und Hintergründe erfasst und die Grundlage für<br />

diese Dokumentation gelegt werden.<br />

Die Wege in Bremen sind kurz. Zum Glück: Der direkte Kontakt<br />

erleichtert einen Dialog. Betroffene ehemalige Heimkinder und<br />

die heutigen Vertreter der damaligen Einrichtungen haben sich<br />

gegenseitig zugehört. Die Kirchen lernen daraus, denn sie müssen<br />

die Diskrepanz bewältigen – zwischen dem Anspruch, die<br />

Liebe Gottes zu bezeugen, und der Wirklichkeit, in der Menschen<br />

unter kirchlicher Verantwortung schwere Verletzungen<br />

zugefügt worden sind. Die Schuld für dieses Unrecht wiegt<br />

schwer, eine »Ent-Schuldigung« scheint unmöglich. Wir bitten<br />

um Verzeihung.<br />

Der bundesweite Runde Tisch »Heimerziehung« hat seinen<br />

Abschlussbericht bereits vorgelegt. Kirchen und kirchliche Einrichtungen<br />

waren an den Beratungen beteiligt. Vorgeschlagen<br />

wurde unter anderem ein Fonds für Folgeschäden und Rentenersatzleistungen.<br />

Wir unterstützen diese Vereinbarungen, weisen<br />

aber auch auf die Bedeutung einer »Kultur des Erinnerns«<br />

hin. Wir müssen einen würdigen Umgang mit der Erinnerung<br />

an die Schicksale der Kinder und Jugendlichen in den Heimen<br />

der 50er bis 70er Jahre finden. Dazu könnten auch regelmäßige<br />

Treffen der Betroffenen dienen und/oder eine zentrale Anlaufstelle.<br />

Die vorliegende Dokumentation darf aus Sicht der Kirchen in<br />

Bremen keinen Schlussstrich ziehen. Im Gegenteil, sie soll ein<br />

weiter führender Impuls für einen Dialog über Ausrichtung und<br />

Zielsetzung heutiger Heimerziehung sein. Dabei geht es auch<br />

um das Ziel, Misshandlung jeglicher Art in Zukunft zu vermeiden.<br />

Die breite Öffentlichkeit muss zuhören oder sich im besten<br />

Fall an einer Diskussion beteiligen. Dies ist Auftrag und Verpflichtung<br />

aller Verantwortlichen in der Erziehungs- und Jugendhilfe<br />

und aller relevanten gesellschaftlichen Gruppierungen.<br />

Renke Brahms<br />

Bremische Evangelische Kirche<br />

Dr. Martin Schomaker<br />

Katholisches Büro Bremen<br />

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