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Mit Bedauern und Scham<br />
Die Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in<br />
Bremen (LAG) als Dachorganisation und Vertretung der Bremischen<br />
Wohlfahrtsverbände bedauert zutiefst, was in den<br />
1950er, 1960er und den frühen 1970er Jahren in Säuglings-,<br />
Kinder- und Jugendheimen, Heimen und damit auch in Einrichtungen<br />
der Mitglieder der LAG in Bremen und Bremerhaven<br />
geschehen ist.<br />
Die Erzählungen ehemaliger Bewohnerinnen und Bewohner<br />
der Heime in der vorliegenden Dokumentation zeigen eindringlich,<br />
dass viele von ihnen nicht das erhielten, was für ihre<br />
Entwicklung notwendig gewesen wäre und viele von ihnen<br />
Erziehungsmethoden ausgesetzt waren, die deutlich von dem<br />
abwichen, was die Heime als ihre Ziele ausgaben. Auch bei<br />
Berücksichtigung der damaligen finanziellen und organisatorischen<br />
Rahmenbedingungen für die Heime und des damaligen<br />
Diskussionsstandes in der Kinder- und Jugendhilfe gab es vermeidbares<br />
Leid, zu wenig Förderung und zu wenig Vorbereitung<br />
auf ein eigenständiges Leben. Die LAG entnimmt dem<br />
Bericht mit Bedauern und Scham, dass es auch in Heimen der<br />
Wohlfahrtspflege Vernachlässigung von Kindern und Gleichgültigkeit<br />
gab, dass Kinder und Jugendliche gedemütigt und<br />
geschlagen wurden.<br />
Beginnend schon in den 1970er Jahren haben die Jugendhilfeträger<br />
ihre Haltung den Kindern und Jugendlichen gegenüber,<br />
ihre Pädagogik und ihre Betreuungsformen radikal überprüft<br />
und organisatorische, konzeptionelle und personelle Konsequenzen<br />
gezogen. Sie haben auch selber ihre »Geschichte« aufgearbeitet.<br />
Die heutige Heimerziehung, ohnehin nur noch viel<br />
seltener als in den Nachkriegsjahrzehnten als Mittel der Wahl<br />
für hilfs- und unterstützungsbedürftige Kinder, Jugendliche<br />
und ihre Familien betrachtet, betreut die ihr Anvertrauten in kleinen<br />
Einheiten, – Wohngruppen, Wohngemeinschaften –, setzt<br />
auf nachholende Entwicklungen und umfassende Förderung.<br />
Die Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in<br />
Bremen möchte, dass dies so bleibt. Sie spricht sich entschieden<br />
gegen Tendenzen aus, Teile der Reformen rückgängig zu<br />
machen und sie spricht sich dafür aus, das schon Erreichte weiter<br />
zu entwickeln: Kinder und Jugendliche dürfen nie wieder<br />
eingesperrt und ›weggeschlossen‹ werden. Die Heime brauchen<br />
weiterhin eine den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen<br />
angemessene personelle Ausstattung. Weiter zu entwickeln<br />
sind Formen der Beteiligung von Kindern und<br />
Jugendlichen in Angelegenheiten, die ihr Leben betreffen. Die<br />
Zielsetzung der Sicherung des Kindeswohles ist unabdingbare<br />
Grundlage heutiger und zukünftiger Leistungen der Erziehungshilfe!<br />
Weitere Anstrengungen sind zur Durchsetzung<br />
grundlegender Kinderrechte in den Heimen, von Kontinuität,<br />
Verlässlichkeit, Zukunftsvertrauen und Respekt vor den jeweils<br />
besonderen Lebenserfahrungen, erforderlich.<br />
Die LAG dankt den »Ehemaligen Heimkindern«, dem »Arbeitskreis<br />
zur Aufarbeitung der Heimerziehung im Land Bremen«<br />
und dem Verfasser der Dokumentation, Herrn Robert Fuchs, für<br />
die Konfrontation mit der Vergangenheit und die sachliche Aufarbeitung<br />
und damit für die Chance, aus ihr auch für die Zukunft<br />
zu lernen. Die LAG begrüßt, dass sich der bundesweite »Runde<br />
Tisch Heimerziehung« zu einer moralischen Anerkennung der<br />
Schuld und einem von der Bundesrepublik Deutschland, den<br />
Kirchen, den Bundesländern und von den Freien Trägern ausgestatteten<br />
Fonds für eine finanzielle Wiedergutmachung bekannt<br />
hat.<br />
Martin Böckmann<br />
Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft<br />
der Freien Wohlfahrtspflege<br />
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