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Entsprechend fielen die Vorschläge zur Verbesserung der Situation<br />
aus: Zur Optimierung der pädagogischen Arbeit sollten<br />
qualifizierte Fachkräfte in den Gruppen eingesetzt, der Stellenschlüssel<br />
angepasst, die Attraktivität des Erzieherberufs durch<br />
neu geschaffene Aufstiegsstellen und intensivere Fortbildungsmöglichkeiten<br />
erhöht werden. Zu konzeptionellen Neuorientierungen<br />
fanden sich zunächst allerdings nur spärliche Hinweise.<br />
Deutlich wurde allerdings der endgültige Abschied von familienideologischen<br />
Positionen. Die jetzt als »stationäre Hilfe« bezeichnete<br />
Heimerziehung sollte »durch pädagogische, therapeutische<br />
und ärztliche Hilfen (…) die Voraussetzungen für allmähliches<br />
Umlernen und Neulernen und für das Training angemessener Verhaltensqualitäten<br />
schaffen«. 394 Dies nahm die spätere Umbenennung<br />
der Heime in heilpädagogische Heime bereits vorweg.<br />
Im Bremerhavener Kinderheim Hohewurth hatte sich die<br />
Situation zu Beginn des Jahrzehnts gegenüber den Skandalberichten<br />
in den 1950er Jahren deutlich beruhigt. Das Landesjugend<br />
Bremen berichtete etwa anlässlich einer Generalbesichtigung<br />
aller Bremerhavener Heime von frei und aufgeschlossen<br />
wirkenden Kindern, von gemütlichen Räumen und zwar zu kleinen,<br />
aber noch hinnehmbaren Schlafräumen. 395 Auch ein Besuch<br />
des Magistrats 1961 brachte kaum Beanstandungen. Dass es<br />
auch jetzt für die knapp 40 Kinder nur vier ausgebildete Fachkräfte<br />
gab, hatte man dem Landesjugendamt Hannover bereits<br />
kurz vorher mitgeteilt.<br />
Das Niedersächsische Landesjugendamt in Hannover zeigte sich<br />
verärgert über die Einmischung des Bremer Landesjugendamtes.<br />
In einem Schreiben an den Kreis Wesermünde hieß es:<br />
»Ich erlaube mir, darauf hinzuweisen, »daß ich alle in meinem<br />
Bereich liegenden Kinderfürsorgeeinrichtungen – also<br />
auch das Kinderheim der Stadt Bremerhaven in Loxstedt –<br />
als ausschließlich meiner Aufsicht unterstehend ansehe und<br />
erwarte, daß nur die zur Zeit in Niedersachsen geltenden<br />
preußischen bzw. niedersächsischen Rechts- und Verwaltungsvorschriften<br />
sowie demnächst die zur Zeit noch in Vorbereitung<br />
befindlichen neuen niedersächsischen Richtlinien<br />
für Kinderfürsorgeeinrichtungen beachtet werden.« 396<br />
Dies wurde mit der Aufforderung verbunden, sich keinesfalls an<br />
den Bremer Richtlinien zu orientieren und künftig die Aufsicht<br />
ausschließlich im Auftrag des Landesjugendamts Hannover<br />
vorzunehmen und diesem Bericht zu erstatten. 397<br />
Wegen der auch hier herrschenden Personalnot hatte der<br />
Magistrat der Stadt Bremerhaven bereits 1966 den Bau eines<br />
Personalhauses, verbunden mit der Erwartung, auch mehr Kinder<br />
aufnehmen zu können, beschlossen. Das Haus mit acht Appartements<br />
für das Personal wurde 1967 gebaut, die Platzzahlerhöhung<br />
bereitete aber weiterhin Schwierigkeiten. Statt der erhofften<br />
45 Kinder kamen auch nach der Umgestaltung und trotz<br />
genehmigter Abweichung in der Quadratmeterzahl pro Kind im<br />
Schlafraum von eigentlich vier auf ausnahmsweise drei Quadratmeter,<br />
nicht mehr als 41 Kinder in Frage. Das ordnete das<br />
Niedersächsische Landesjugendamt an und listete weitere<br />
Abweichungen von den niedersächsischen Heimrichtlinien auf:<br />
Eine gemeinsame Nutzung von Nachttoiletten durch Jungen<br />
und Mädchen kam nicht in Frage; die gebotene räumliche Trennung<br />
der Schlafräume von Jungen und Mädchen war nicht<br />
gegeben, und es fehlte ein ständig verfügbares Isolierzimmer.<br />
Auch eine pädagogische Rüge gab es: »Die Babybetten werden<br />
altersgemäß zu lange benutzt. Das Kind sollte gerade im Heim<br />
einen festen Bezug zu seinem Bett finden. Hierin muss es sich wohlfühlen.<br />
Seine Bewegungsfreiheit – und -möglichkeit darf nicht eingeschränkt<br />
werden. Hierzu gehört u.a., daß es möglichst früh lernt,<br />
alleine aufzustehen und ins Bett zu gehen. Dieses wird durch die<br />
Gitterbetten erheblich beeinträchtigt. Dabei sollte nicht unterschätzt<br />
werden, daß diese Betten u.a. – rein optisch – sich negativ<br />
auf die Selbsteinschätzung des Kindes auswirken (sie fühlen sich<br />
zu lange als Kleinkind).« 398<br />
Letztlich lief es, nach weiteren Umbauten sowie der Anschaffung<br />
von Etagenbetten, auf 42 Plätze hinaus. 1970 lebten 38<br />
Kinder im Alter zwischen vier und 14 Jahren in jetzt fünf Gruppen,<br />
von denen vier durch Kinderpflegerinnen sowie eine durch<br />
eine Kindergärtnerin betreut wurden.<br />
1971 beriet das Bremerhavener Jugendamt erstmals einem<br />
radikalen Neuanfang durch einen Neubau in der Stadt und dies<br />
vor allem »in Anbetracht der Tatsache, daß bislang 95 Bremerhavener<br />
Kinder in auswärtigen Einrichtungen untergebracht werden<br />
mussten.« 399 Die Vorteile eines Umzugs sah das Amt schließlich<br />
in der Überwindung des Personalproblems, mehr Chancen zur<br />
Eingliederung der Kinder und in der Möglichkeit, von vornherein<br />
baulich den zugedachten Funktionen gerecht werden zu<br />
können. Der Baubeginn erfolgte erst im Februar 1978. 400<br />
Das Schicksal der Säuglings-, Kleinkindund<br />
Mütterheime in Bremen und<br />
Bremerhaven<br />
Nach der Schließung des Mutter- und Kindheims in Tenever<br />
1959 wurde als zweites Heim des Vereins Bremer Säuglingsheime<br />
1966 das Säuglings- und Kinderheim Am Fuchsberg<br />
und mit ihm auch das Pförtnerhaus für Schulkinder geschlossen.<br />
Ein Licht auf die Situation der Arbeit mit Säuglingen in den<br />
letzten Jahren des Bestehens in diesem als fortschrittlich geltenden<br />
Heim wirft der Bericht einer ehemaligen Mitarbeiterin:<br />
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