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sowie Prügeleien und gegen Ende der 1960er Jahre auch gelegentlicher<br />
Drogenkonsum bestimmten entscheidend das Heimleben.<br />
Die gleichzeitig hohe, auch durch gemeinsame Arbeitserfahrungen<br />
geprägte Solidarität unter den Jugendlichen ließ<br />
den Aufenthalt in einem Lehrlingsheim im Rückblick zumeist<br />
zwar als ›harte Schule‹, aber auch als Zeit mit ›viel Spaß‹ erscheinen.<br />
Die letzten Lehrlingswohnheime näherten sich in den auslaufenden<br />
1960er und den frühen 1970er Jahren den Jugendwohnheimen<br />
an.<br />
Die kommunalen, vereinzelt auch auswärtigen, Mädchenund<br />
Jungenheime litten wie die Kinderwohnheime an Personalmangel<br />
und häufigem Personalwechsel. Sie waren aber<br />
ebenso wie diese im Vergleich mit den Heimen konfessioneller<br />
Träger konzeptionell relativ human geprägt. Berichte über drastische<br />
Bestrafungen oder Demütigungen kamen in den Gesprächen<br />
nicht vor. Bereits seit den 1960er Jahren gab es einen allmählichen<br />
Wandel von einem vorher noch an Ordnungs-,<br />
Anstands- und Arbeitsamkeitsnormen orientierten Erziehungsstil<br />
zu liberalen Erziehungsnormen. Aus den Berichten der ehemaligen<br />
Heimkinder geht hervor, dass dies bei manchen<br />
Jugendlichen zu erheblichen Anpassungsproblemen führte:<br />
Alkohol-, später auch Drogenkonsum, Bandendiebstähle,<br />
Abbruch der Lehre wurden als Reaktionen geschildert. Wenn<br />
solches Fehlverhalten zur Verlegung in strengere auswärtige<br />
Heime oder zu einer unvorbereiteten Entlassung führte, konnten<br />
sie auch den Beginn eines von der gesellschaftlichen Norm<br />
abweichenden Weges markieren.<br />
Die schmerzhaftesten Erfahrungen machten die in Fürsorgeerziehungsheimen<br />
innerhalb und außerhalb von Bremen untergebrachten<br />
Mädchen und Jungen. Für die Jungen stellten sie<br />
sich als Orte der Unterdrückung, des militärischen Drills und der<br />
Ausbeutung ihrer Arbeitskraft – in den Worten Ehemaliger<br />
zusammengefasst als ›knastähnliche‹ Orte des Schreckens –<br />
dar. Typisch waren auch Unterdrückungsstrukturen unter den<br />
Jugendlichen, die von den Erziehungskräften gerne übersehen<br />
oder sogar bewusst zur Miterziehung begrüßt wurden. Insbesondere<br />
die Schwächeren hatten hierunter zu leiden. Arrestzellen,<br />
Prügel und demütigende Schikanen gehörten zu den probaten<br />
Erziehungsmitteln. Auch in diesen Heimen gab es oft eine<br />
sich gegen die Repräsentanten der Anstalt wendende Solidarität<br />
unter den Jugendlichen, die diesen häufig in positiver Erinnerung<br />
blieb. Die Mädchen, nach heutigem Recht oft schon<br />
junge Erwachsene, wurden in den zumeist geschlossenen Heimen<br />
auf die häufige Diagnose sexuell verwahrlost reduziert. Die<br />
Erzieherinnen sprachen sie manchmal direkt oder unterschwellig<br />
als künftige ›Dirnen‹ an. Das offizielle Erziehungsprogramm,<br />
um sie von diesem Werdegang abzuhalten, bereitete die jungen<br />
Frauen auf eine Rolle als Ehefrau, Hausfrau und Mutter in<br />
einfachen Verhältnissen vor. Wichtigste Erziehungsmittel waren<br />
entsprechend die Einübung hauswirtschaftlicher Tugenden<br />
durch Beschäftigung im Anstaltshaushalt sowie die meist hilflosen<br />
Versuche, sie über religiöse Unterweisung, moralische<br />
Appelle oder die Anleitung zu ›sinnvoller‹ Freizeit zur Umkehr<br />
zu bewegen. Als wichtigste disziplinarische Maßnahme galt<br />
hier der zur Besinnung verhängte Arrest. Hinzu kamen degradierende<br />
Prozeduren wie gynäkologische Untersuchungen<br />
nach Entweichungen und ein allgemeines Kontaktverbot zu<br />
Jungen. Körperliche Strafen waren demgegenüber wenig verbreitet.<br />
Schon um wechselseitige Ansteckung und Verführung<br />
zu verhindern, wurden sie in der Regel in kleinen Schlafräumen<br />
untergebracht. Die Mädchen wehrten sich mit Formen heimlichen<br />
Widerstands, mit Selbstverletzungen (Tätowieren, Schnippeln<br />
beziehungsweise Ritzen), Flucht in Krankheit und seit<br />
Ende der 1960er Jahre auch mit Rebellion.<br />
Weglaufen gehörte sowohl in den Erziehungsheimen für Jungen<br />
als auch für Mädchen zum alltäglichen, von den Institutionen<br />
von vornherein eingeplantem Programm. Ausreißen brachte<br />
Prestige, war aber auch mit erheblichen Risiken für den weiteren<br />
Werdegang sowie direkte Strafen verbunden (siehe Kapitel<br />
3.3.10 und 3.3.12).<br />
Die in einer städtischen oder ländlichen Pflegefamilie untergebrachten<br />
Kinder konnten ähnliches wie in den Heimen erleben,<br />
wobei allerdings fast nur über Pflegekinder berichtet<br />
werden konnte, bei denen es nach zumeist längerer Leidenszeit<br />
zum Abbruch des Pflegeverhältnisses kam. 121 Die persönlich<br />
unzureichend ausgewählten und fachlich wenig oder schlecht<br />
beratenen Pflegeeltern konnten die Kinder und Jugendlichen<br />
oft ungestört und nahezu unkontrolliert in den Sog ihrer familiären<br />
Dynamik ziehen, oder sie – dies insbesondere in bäuerlichen<br />
Familien – zu überfordernden Arbeiten heranziehen. Verbunden<br />
mit Degradierungen, dem Verschweigen der Herkunft<br />
der Kinder, der Erwartung von Dankbarkeit und gepaart mit<br />
unangemessenen Erziehungsmethoden trugen eine Reihe der<br />
Pflegeeltern zur Traumatisierung der Kinder erheblich bei.<br />
Entsprechendes gilt auch für die zumeist ländlichen Arbeitsund<br />
Ausbildungsbetriebe, in die Jugendliche nach ihrem<br />
Heimaufenthalt nicht selten geschickt wurden. Keine oder völlig<br />
unzureichende Entlohnung, gesetzlich nicht gedeckte<br />
Arbeitszeiten und Willkürhandlungen bis hin zu harten Schlägen<br />
waren typisch. Fast immer endeten solche Arbeitsverhältnisse<br />
mit dem Weglaufen der Jugendlichen, sodass der Zweck<br />
der Maßnahmen, die Jugendlichen in den Arbeitsprozess zu<br />
integrieren, so gut wie nie realisiert werden konnte. Sie wurden<br />
eher der Beginn einer langen Phase beruflicher Desintegration.<br />
3.4.2 Typische ›Jugendhilfekarrieren‹<br />
im biographischen Zusammenhang<br />
In diesem Abschnitt wird erneut auf die im Kapitel 3.2 beschriebenen<br />
Konstellationen aus der Vorgeschichte der Kinder und<br />
Jugendlichen zurückgegriffen. Gefragt wird hier nach typischen<br />
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