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Über ein Arbeitserziehungsgesetz sowie ein Bewahrungsgesetz<br />

hoffte man, für diese Aufgaben erweiterte rechtliche Möglichkeiten<br />

schaffen zu können. Den dritten Schwerpunkt bildete<br />

der Wiederaufbau von Strukturen für die Versorgung von Säuglingen<br />

und Kindern aus Flüchtlings- und armen Familien in<br />

Säuglings- und Kinderheimen sowie in Pflegefamilien. In den<br />

1950er Jahren verschob sich der Schwerpunkt im jugendfürsorgerischen<br />

Bereich auf die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit,<br />

unter anderem durch den Bau von Lehrlingsheimen, auf<br />

die Konsolidierung der Ämter und Heime und den Aufbau erster<br />

familienunterstützender Einrichtungen (Mütterschule, Erziehungsberatung).<br />

Außerhalb des jugendfürsorgerischen Bereichs<br />

war es vor allem der Aufbau von Jugendfreizeitstätten. Zum<br />

Schwerpunkt in den 1960er Jahren wurde die allmähliche<br />

Modernisierung des Jugendhilfebereichs durch einen weiteren<br />

Ausbau familienunterstützender Hilfen, von Kindertagesheimen,<br />

Spielplätzen, Maßnahmen der Familienerholung und die<br />

konzeptionelle Weiterentwicklung der bestehenden Heime.<br />

Jugendfürsorgerische Probleme fanden erst im Zuge der Studentenbewegung<br />

und den mit ihr verbundenen gesellschaftlichen<br />

Umwälzungen und Unruhen im Jugendressort eine<br />

erhöhte Aufmerksamkeit. Nach dem Scheitern der Zwangsgesetze<br />

setzte das Jugendressort im jugendfürsorgerischen<br />

Bereich im gesamten Zeitraum – im bundesweiten Vergleich<br />

frühzeitiger und umfassender als andere Bundesländer – auf<br />

freiwillige Maßnahmen und bevorzugte Formen familiärer<br />

Erziehung, einschließlich der Unterbringung Jugendlicher in<br />

ländlichen Arbeitsstellen.<br />

Das Landesjugendamt, ein kleines Referat innerhalb des<br />

Wohlfahrtsressorts, später im Jugendressort, fungierte durchgehend<br />

bis 1975 primär als Fürsorgeerziehungsbehörde. Es war<br />

verantwortlich für die Durchführung der Fürsorgeerziehung<br />

und, arbeitsteilig mit den kommunalen Jugendämtern, nach<br />

Erlass des Jugendwohlfahrtsgesetzes für die Freiwillige Erziehungshilfe.<br />

Es übernahm zudem die Aufsicht über die Heime im<br />

Land Bremen und Koordinierungsaufgaben mit Freien Trägern.<br />

1967 wurde ihm zusätzlich die Verantwortung für das Berufsanerkennungsjahr<br />

von Erzieher/innen und Sozialpädagog/innen<br />

übertragen. Seine Aufgaben als Fürsorgeerziehungsbehörde<br />

konnte das Amt im gesamten Zeitraum – aus rechtlichen und<br />

personellen Gründen – nur in sehr formeller Art wahrnehmen.<br />

Über das Schicksal der Fürsorgezöglinge entschieden eher<br />

Gerichte, Heime und auswärtige Aufsichtsbehörden. Die Heimaufsichtsfunktionen<br />

waren stark auf Beratung ausgerichtet,<br />

was teilweise mit unangemessener Rücksichtnahme auf<br />

eigentlich nicht legitimierbare Zustände in einzelnen Heimen<br />

einherging. Typisch für die Arbeit des bremischen Landesjugendamtes<br />

war zudem die enge Verzahnung mit der Arbeit des<br />

Jugendamtes.<br />

Das stadtbremische Jugendamt war Träger der kommunalen<br />

Heime und gestaltete kinder- und jugendfürsorgerische Maßnahmen,<br />

soweit diese nicht in der Zuständigkeit des Landesjugendamtes<br />

lagen. Zu seinen Aufgaben zählten im Bereich der<br />

Kinder- und Jugendfürsorge das Pflegekinderwesen, die Verwaltung<br />

kommunaler Heime, die Gefährdetenfürsorge, die formlose<br />

Betreuung von Kindern in ihren Familien, die Schutzaufsicht<br />

(später Erziehungsbeistandschaft) sowie die Vorbereitung<br />

von Sorgerechtsentzügen und Heimeinweisungen im Rahmen<br />

der Fürsorgeerziehung und der FEH. Diese führte es teilweise<br />

allein, in vielen Bereichen aber auch arbeitsteilig mit der Familienfürsorge<br />

durch, die für den Außendienst für Kinder unter 14<br />

Jahren zuständig war.<br />

Zuständig war es für das gesamte Stadtgebiet, delegierte aber<br />

jugendamtliche Aufgaben für Bremen Nord an eine Außenstelle<br />

in Vegesack. Für die Durchführung seiner Aufgaben organisierte<br />

sich das Amt mehrfach neu. Eine Zusammenfassung aller<br />

Aufgaben der Erziehungshilfe, die Aufhebung der Trennung<br />

von Innen- und Außendienst und eine bezirkliche Gliederung<br />

erfolgten erst 1972. Der Sitz des Jugendamtes blieb bis 1975 im<br />

Wesentlichen das immer viel zu beengte Volkshaus. Konzeptionell<br />

orientierte es seine Arbeit stark an den jeweiligen Vorgaben<br />

des zuständigen Ressorts. Der Aufbau kommunaler Kinderwohnheime,<br />

der Umgang mit wandernden Jugendlichen und<br />

die Beteiligung an Aufgaben der Gefährdetenfürsorge für Mädchen<br />

und Jungen standen in den ersten Nachkriegsjahren im<br />

Vordergrund. In den frühen 1950er Jahren zeichnete es für<br />

Schaffung und Betrieb von Lehrlingswohnheimen sowie Jugendwohnheimen<br />

für gefährdete Mädchen und Jungen verantwortlich,<br />

baute das ländliche Pflegekinderwesen auf beziehungsweise<br />

aus und organisierte die offene Jugendfürsorge. Die<br />

1960er und frühen 1970er Jahre führten zwar zu ständiger Aufgabenerweiterung<br />

und partiellen konzeptionellen Neuorientierungen,<br />

brachten aber keine grundlegend neuen Schwerpunkte<br />

hervor. Ein Dauerproblem des Jugendamtes seit Mitte<br />

der 1950er Jahre waren Personalprobleme, sowohl bei den<br />

eigenen Bediensteten als auch in den kommunalen Heimen. Sie<br />

führten dazu, dass viele Planungen nicht oder nur ansatzweise<br />

umgesetzt werden konnten.<br />

Eine umfassende Leitidee für jugendamtliches Handeln gab es<br />

zu keinem Zeitpunkt. Man orientierte sich an den Alltagsproblemen<br />

und Routinevorgängen, betrachtete diese allerdings in<br />

Anlehnung an gerade übliche Denkfiguren. Die Nachkriegszeit<br />

war stark von moralisierenden Vorstellungen und teilweise<br />

auch noch von biologischen Anlagetheorien geprägt. In den<br />

1950er und 1960er Jahren bezogen sich die Analysen zur Situation<br />

von Kindern, Jugendlichen und Familien mal auf den Familienzerfall<br />

und das Schwinden der Erziehungskraft der Eltern in<br />

einer sich modernisierenden Gesellschaft, mal auf psychologische<br />

Entwicklungsprobleme von Kindern und Jugendlichen<br />

und mal auf ihre Überforderung durch ungünstige Umweltreize<br />

und die Verlockungen der Konsumwelt. Erst im Zuge der Studentenbewegung<br />

und allgemeiner Sozialreformen in den 1970er<br />

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