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Als zweites Ziel setzte sich der AK die Aufarbeitung der Heimerziehung<br />
im Lande Bremen und der Praxis des Landesjugendamtes<br />
sowie der Jugendämter in Bremen und Bremerhaven.<br />
Die konzeptionelle Ausrichtung der Heimerziehung, der konkrete<br />
Alltag im Heim, die administrative Praxis der Fürsorgeerziehung<br />
sowie die unmittelbare Arbeit der Jugendämter sollten<br />
dokumentiert und die Ergebnisse für ein breites Publikum aufgearbeitet<br />
werden. Die Grundlage der Untersuchung bildeten<br />
zunächst die noch verbliebenen Akten aus verschiedenen<br />
Archiven und Veröffentlichungen zu den Heimen und Ämtern.<br />
Abweichend vom RTH, der sich auf die Aufarbeitung der Fürsorgeerziehung<br />
in Heimen und Anstalten für 14- bis 21-Jährige im<br />
Zeitraum 1949 bis 1975 beschränkte, berücksichtigte die bremische<br />
Initiative das Gesamtspektrum der Heimerziehung vom<br />
Säuglingsheim bis hin zu Fürsorgeerziehungsheimen<br />
und bezog zur historischen<br />
Gesamtsicht auch die ersten<br />
Nachkriegsjahre ein. 9 Die Erweiterung<br />
des zeitlichen Rahmens lag insoweit<br />
nahe, da bereits in den unmittelbaren<br />
Nachkriegsjahren Weichen für spätere<br />
Entwicklungen gestellt wurden. Zudem<br />
bezogen sich diverse Berichte der<br />
Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner auf diese Zeitspanne.<br />
Alle Heimtypen und auch andere Jugendhilfemaßnahmen<br />
einzubeziehen erschien sinnvoll, weil sich auch biographische<br />
Entwicklungen erst als Summe von Erfahrungen in den<br />
durchlaufenden Jugendhilfestationen ansammeln und damit<br />
kumulativ den weiteren Lebensweg prägen. Sich nur auf die<br />
wenigen bremischen Fürsorgeerziehungsheime und eine spezifische<br />
Altersspanne zu konzentrieren, hätte darüber hinaus<br />
weder der Lebenswirklichkeit der damaligen Heimkinder noch<br />
dem Gesamtzusammenhang von Jugendhilfemaßnahmen, die<br />
ein konzeptionell sowie hierarchisch gegliedertes, aber aufeinander<br />
bezogenes System darstellen, entsprochen.<br />
Ein drittes, indirektes Ziel der historischen Aufarbeitung besteht<br />
darin, auch Bürgerinnen und Bürger, die bisher keinen direkten<br />
Bezug zu diesem Thema haben, für die Schwierigkeiten, die mit<br />
der Herausnahme von Kindern und Jugendlichen aus ihren<br />
Familien und deren institutionalisierter Unterbringung verbunden<br />
sind, zu sensibilisieren. Hierzu gehört auch das Anliegen,<br />
Erfahrungen aus der Geschichte für die Gestaltung von Gegenwart<br />
und Zukunft der Jugendhilfe und der Heimerziehung zu<br />
nutzen.<br />
Den verschiedenen Zielsetzungen entsprechend wendet sich<br />
diese Veröffentlichung an alle ehemaligen Heimkinder im Land<br />
Bremen, an die interessierte Öffentlichkeit, die Verantwortlichen<br />
in Politik und Verwaltung sowie an die Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter aus der heutigen öffentlichen Erziehung und in<br />
fachspezifischen Ausbildungen. 10<br />
Die Bremer Dokumentation<br />
berücksichtigt das Gesamtspektrum<br />
der Heimerziehung:<br />
vom Säuglings- bis zum<br />
Erziehungsheim.<br />
1.2.1 Aktivitäten des Arbeitskreises<br />
Der AK traf sich alle zwei Monate. Er begleitete das Gesamtprojekt<br />
organisatorisch und konzeptionell, beriet die mit der Aufarbeitung<br />
beauftragten Personen und zeichnete für Pressearbeit<br />
und Berichterstattung verantwortlich. Zu organisieren war<br />
zunächst die Finanzierung des Projekts. Die Bremische Kinderund<br />
Jugendstiftung konnte dafür gewonnen werden, die Hälfte<br />
der Kosten zu übernehmen, die andere Hälfte der Projektkosten<br />
übernahmen die beteiligten Institutionen, Behörden, Ämter<br />
und Verbände.<br />
Im Februar 2010 initiierte der AK einen Empfang im Bremer Rathaus<br />
für sämtliche Personen, die sich bei der Hotline gemeldet<br />
oder durch persönliche Ansprache in Kontakt getreten waren.<br />
Rund 80 ehemalige Heimkinder und<br />
Angehörige besuchten den Empfang,<br />
der als Würdigung und Danksagung<br />
an die Gesprächspartnerinnen<br />
und Gesprächspartner gedacht<br />
war. Er diente zudem der Vorstellung<br />
erster Projektergebnisse und<br />
des eben veröffentlichten Zwischenberichts<br />
des RTH sowie der<br />
Aussprache zwischen den teilnehmenden Ehemaligen und den<br />
AK-Mitgliedern. Einige der Ehemaligen trugen den Wunsch<br />
nach der Einrichtung von Gesprächsgruppen für Betroffene vor,<br />
der in Form einer angeleiteten Selbsthilfegruppe im Zeitraum<br />
zwischen Juni 2010 und Frühjahr 2011 realisiert wurde.<br />
Zwischenergebnisse zum Projektverlauf und erste Ergebnisse<br />
wurden im März 2010 im Landesjugendhilfeausschuss und im<br />
Jugendhilfeausschuss der Stadtgemeinde Bremen sowie im<br />
Juni 2010 dem Jugendhilfeausschuss des Magistrats der Stadt<br />
Bremerhaven vorgetragen. Beteiligt war der AK schließlich an<br />
der Endredaktion der Dokumentation und der Formulierung der<br />
Konsequenzen der Untersuchungsergebnisse für die Gegenwart.<br />
1.2.2 Die Phasen, Quellen, Methoden<br />
und Fragestellungen<br />
Die Dokumentation wurde in vier Phasen erarbeitet. 11 Zunächst<br />
wurde die relevante Literatur gesichtet, Kontakt mit den beteiligten<br />
Heimen und Archiven aufgenommen und ein Interviewleitfaden<br />
für erste Gespräche mit Ehemaligen erstellt (Mai bis<br />
August 2009). In der zweiten Phase wurden Akten in den Institutionen<br />
und Archiven gesichtet, die Befunde ausgewertet und<br />
weitere Gespräche geführt (September 2009 bis Juli 2010). Die<br />
Gesprächsprotokolle mussten in der dritten Phase für die Dokumentation<br />
aufbereitet und ausgewertet werden (Juli bis<br />
Dezember 2010). Das Verfassen der Texte und die Redaktion<br />
der Dokumentation durch eine Redaktionsgruppe des AK bildeten<br />
den Schwerpunkt der abschließenden vierten Phase (Januar<br />
bis Dezember 2011).<br />
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