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Lehrlinge relativ problemlos durch die Heime liefen, bereitete<br />
die Jungarbeiterabteilung von Anfang an große Sorgen. Für<br />
diese fanden sich keine Arbeitsplätze, weshalb sie auf dem<br />
Gelände oder in städtischen Betrieben beschäftigt werden<br />
mussten. Zudem gab es Akzeptanzprobleme für die angebotenen<br />
Freizeitbeschäftigungen, wie den Besuch von Veranstaltungen<br />
der Jugendvolkshochschule im Heim und »Abendveranstaltungen<br />
mit geselligem Charakter wie Spielabende,<br />
Gesellschafts- und Kasperspiele« und – nur nach Genehmigung<br />
durch die Erzieher – Radiohören. 205 Während die Arbeit im<br />
Haus Neuland zu Beginn der 1960er Jahre allmählich den Charakter<br />
eines allgemeinen Jugendwohnheims, auch für Schüler,<br />
annahm, ließ man das Heim Grohn um diese Zeit im Zusammenhang<br />
mit einem Brand des Hauses allmählich auslaufen.<br />
Ein drittes stadtbremisches Lehrlingswohnheim für Jungen, das<br />
Lehrlingswohnheim Stackkamp, konnte, da sich kein geeignetes<br />
Grundstück fand, erst nach vierjähriger Planung 1956 realisiert<br />
werden. Das Heim war für 40 Lehrlinge aus der Umgebung<br />
Bremens konzipiert. 206 Ihre Unterbringung erfolgte in Drei- bis<br />
Vierbettzimmern. Weiteres konnte zu diesem Heim für dieses<br />
Jahrzehnt nicht in Erfahrung gebracht werden.<br />
In Bremerhaven hatte man das erste reguläre Lehrlingsheim<br />
bereits 1948 unter Trägerschaft des »Vereins Lehrlingswohnheim«<br />
und dann betrieben von der örtlichen Arbeiterwohlfahrt<br />
(AWO) geschaffen (Lehrlingswohnheim Wurster Straße). Die<br />
Notwendigkeit eines größeren Heims mit 100 Plätzen erläuterte<br />
der Vereinsvorstand dem zuständigen Senator:<br />
»In einigen für den Wiederaufbau der deutschen Wirtschaft<br />
besonders wichtigen Berufen besteht ein bedenklicher Mangel<br />
an Nachwuchs. So fehlen allein im Baugewerbe z.Zt. für<br />
B‘haven etwa 100 Maurer. Ebenso leidet die hiesige Werft -<br />
industrie an einem großen Mangel an Kesselschmieden, Formern,<br />
Giessern etc. Auch die Fischindustrie ist bestrebt aus<br />
Konkurrenzgründen qualifizierte Facharbeiter heranzubilden.<br />
Die Jugendlichen im Stadtgebiet haben im allgemeinen<br />
wenig Neigung, diese Berufe zu erlernen, da ihnen genügend<br />
andere Lernmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Im Gebiet<br />
des Landkreises Wesermünde dagegen gibt es eine große<br />
Zahl von Jugendlichen, die gerne bereit wären, einen Mangelberuf<br />
zu erlernen. (…) Es handelt sich hier überwiegend<br />
um sehr wertvolle Jungen.« 207<br />
Im Heim sollten »nur ausgesucht tüchtige Jungen, die einer Förderung<br />
würdig sind«, Unterkunft, Verpflegung und erzieherische<br />
Betreuung durch einen bewährten Heimleiter bekommen. 208<br />
Das Heim eröffnete Ende 1950 zunächst mit 30 Lehrlingen, die<br />
ein Heimleiterehepaar sowie Wirtschaftskräfte betreuten. Wie<br />
auch in den stadtbremischen Lehrlingswohnheimen stand die<br />
pädagogische Arbeit dieses Heims zu Beginn der 1950er Jahre<br />
primär unter der Zielsetzung eines erfolgreichen Abschlusses<br />
der Berufsausbildung und der Einübung entsprechender Arbeitstugenden.<br />
In einem Elternbrief aus dem Lehrlingswohnheim<br />
der Arbeiterwohlfahrt von Anfang 1951 hieß es dazu, es werde<br />
Sorge getragen, dass sich die Jungen gründlich waschen, ihre<br />
Betten »richten« und »sauber und gepflegt« am Abendbrottisch<br />
erscheinen. 209 Die Heimordnung regelte detailliert alle Ordnungsangelegenheiten<br />
und großen Wert legte man auf das<br />
Führen von Berichtsheften. Wöchentliche Heimabende dienten<br />
im Wesentlichen der Belehrung und Erbauung. Es wurde gesungen,<br />
vorgelesen, ein Film, zum Beispiel über die Gefahren der<br />
Geschlechtskrankheiten, gezeigt. Der AWO-Tradition entsprechend<br />
bemühte man sich aber auch, die Jugendlichen über<br />
einen gewählten Heimsprecher und »Stuben-Kameradschaften«<br />
zu beteiligen. Das rasch wachsende Heim, 1954 waren es<br />
schon 85 Jugendliche, litt schon bald unter Raumnot, sodass<br />
ein Gartenhaus mit genutzt werden musste.<br />
Ein zweites Heim erhielt Bremerhaven 1954 mit dem Schiffsjungenheim<br />
der Deutschen Seemannsmission Bremerhaven<br />
in der Schifferstraße. Es war für Jugendliche geplant, die<br />
mit dem Ziel, Seemann zu werden, nach Bremerhaven kamen.<br />
»Sie sollten«, berichtete der damalige Jugendamtsleiter 1957,<br />
»dort die Wartezeit verbringen, bis sie ein Schiff bekommen und in<br />
dieser Zeit bereits mit seemännischen Aufgaben vertraut gemacht<br />
werden.« 210 Da sich der Bedarf geringer als erwartet erwies, –<br />
die Jugendlichen konnten zumeist schon nach wenigen Tagen<br />
anheuern –, ging man schon bald dazu über, das Heim auch für<br />
Teilnehmer von seefahrtsbezogenen Lehrgängen in Bremerhaven<br />
zu nutzen. Als auch dies für die Auslastung nicht reichte,<br />
verwendete das Jugendamt das Heim auch für die vorübergehende<br />
Unterbringungen von aufgegriffenen Jugendlichen. 211<br />
Die neuen Mädchenheime<br />
Die beiden zu Beginn der 1950er Jahre neu gegründeten stadtbremischen<br />
Mädchenheime waren ihrer Art nach etwas zwischen<br />
einem Lehrlings- beziehungsweise Berufsvorbereitungsheim<br />
und Erziehungsheim. Das Mädchenwohnheim Auf dem<br />
Krümpel (Schönebeck) war als Nachfolgeeinrichtung für die<br />
jüngeren (14- bis 18-jährigen) gefährdeten Mädchen aus dem<br />
ehemaligen Mädchenheim Haus Neuland und für die über<br />
18-jährigen Mädchen aus dem Heim Schevemoor geplant worden.<br />
212 Gedacht wurde an die »familienmäßige Betreuung durch<br />
ausgebildete Fachkräfte, die die Mädchen in individueller Behandlung<br />
zu guter Gemeinschaftshaltung hinführen.« 213 Es eröffnete<br />
Anfang 1951 mit einer Kapazität von 30 Plätzen. Das Klientel<br />
bildeten »leichter gefährdete Mädchen«, solche, die teilweise<br />
»bislang ins Dorotheenhaus kamen«, und die »noch nicht Berufsreifen,<br />
die objektiv gefährdet sind«. 214<br />
Die ersten beiden Jahre liefen schlecht. 1952 lag die Kapazitätsauslastung<br />
auf 56 Prozent. 215 Mit Mitteln des Bundesjugendplans<br />
und des Arbeitsamtes wurde 1953 dann aber ein Grund-<br />
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