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Aus Kostengründen die weiterführende Schule<br />
verweigert<br />
Der Junge wurde mit zehn Jahren aus der verwahrlosten<br />
Familie genommen und gelangte nach zwei Pflegefamilien,<br />
aus denen er weglief, in das katholische Heim Stapelfeld.<br />
Dort besuchte er die dreizügige Dorfschule. Die Kinder aus<br />
dem Heim wurden zusammen mit den Dorfkindern unterrichtet.<br />
Wer die besten Noten schrieb, kam auf den ersten<br />
Platz im Schulraum. Stolz war der Junge, dass er häufig dort<br />
saß. Er wäre sogar für eine weiterführende Schule vorgeschlagen<br />
worden. Die Oberin eröffnete ihm aber, dass seine<br />
Amtsvormundin dies aus Kostengründen ablehnte, er solle<br />
rasch eine Berufsausbildung machen. Später wurde dann<br />
aber beschlossen, ihn nach dem 8. Schuljahr – eigentlich<br />
Schulende – noch ein 9. machen zu lassen. »Man hat mir<br />
noch keine Selbständigkeit zugetraut. Das Jahr war verschwendet.<br />
Da hätte man mich auch die Mittlere Reife machen lassen<br />
können.« (G11, JA Bremen, 1957 – 1963)<br />
Belehrung statt Unterricht<br />
In manchen Erziehungsheimen wurde auch ganz auf den eigentlich<br />
vorgesehenen Berufsschulunterricht verzichtet, zumeist,<br />
weil man die Jugendlichen nicht in öffentliche Schulen geben<br />
wollte und man für einen heiminternen Unterricht keine Lehrkräfte<br />
fand. Einige Heime begnügten sich dann mit einer Art<br />
Ersatzunterricht durch das Heimpersonal.<br />
Die Namen der Bundespräsidenten wurden<br />
vorgetragen<br />
An irgendeine schulische Betreuung im Ellener Hof konnte<br />
sich der Gesprächspartner nicht erinnern. »Manchmal wollte<br />
uns dann ein Erzieher ›bilden‹. Er hat uns dann zum Beispiel die<br />
Namen von Bundespräsidenten und die politischen Institutionen<br />
aufgesagt, alles ohne weitere Erläuterungen.« (G14, JA<br />
Bremerhaven, 1966 – 1969)<br />
Einmal wöchentlich Unterricht<br />
Die Gesprächspartnerin schilderte, dass einmal wöchentlich<br />
eine alte Lehrerin ins Isenbergheim kam: »Wohl zum Alibi.<br />
Was die uns erzählte, hatte für keins von uns Mädchen auch nur<br />
irgendeine Bedeutung. Wir haben die Stunde einfach abgerissen.«<br />
(G21, JA Bremen, 1970 – 1972)<br />
Stigmatisierung in der öffentlichen Schule<br />
In öffentlichen Schulen wurden die Schülerinnen und Schüler<br />
zwar nach den in der jeweiligen Schule herrschenden Gegebenheiten<br />
unterrichtet und sie brachten für die Kinder und<br />
Jugendlichen den Vorteil, dass sie »wenigstens mal rauskamen«<br />
(G29, JA Oldenburg, 1951). Ein Nachteil der öffentlichen Beschulung<br />
lag darin, dass die Kinder und Jugendlichen oft schon<br />
äußerlich an ihrer Kleidung als Heimkinder erkennbar waren.<br />
Eine Außenseiterposition in der Klasse und Hänseleien konnten<br />
die Folge sein.<br />
Heimkinder wurden geschnitten<br />
Die Gesprächspartnerin erinnerte sich an die öffentliche<br />
Schule bei Alten Eichen: »Die Lehrer waren gut, viel verständnisvoller<br />
als die Tanten in Alten Eichen. Aber in der Klasse, da<br />
hatten wir Heimkinder einen schweren Stand. Wir wurden oftmals<br />
geschnitten.« (G5, JA Bremen, 1951 – 1958)<br />
»Niemand wollte neben mir sitzen«<br />
Nach diversen Pflegestellenabbrüchen verbrachte auch eine<br />
andere Gesprächspartnerin in den ersten Nachkriegsjahren<br />
einige Jahre in Alten Eichen. »Hier war es eigentlich ganz in<br />
Ordnung. Schlimm war es aber in der Schule. Niemand wollte<br />
neben mir, dem Heimkind, sitzen.« (T3, JA Bremen, 1947)<br />
»Weil ich eben Pflegekind war«<br />
Nach mehreren Jahren im Fichtenhof wurde der achtjährige<br />
Junge in eine ländliche Pflegefamilie gegeben. »Ich kam in<br />
die zweiklassige Dorfschule. In der ersten Zeit hatte ich viel auszustehen.<br />
Mir wurden vom Lehrer alle Sünden der Klasse in die<br />
Schuhe geschoben. Auch die Klassenkameraden haben mich<br />
ständig gehänselt, weil ich rote Haare hatte, aber auch, weil ich<br />
eben Pflegekind war. Später hab ich mich dann aber durchgesetzt.«<br />
(G23, JA Bremen, 1960 – 1967)<br />
Unzureichende Bedingungen in der<br />
Heimschule<br />
In Heimschulen unterrichtete man die Kinder und Jugendlichen<br />
oft in jahrgangsübergreifenden Gruppen. Die Klassenräume<br />
waren häufig nur provisorisch hergerichtet und wurden nachmittags<br />
zu anderen Zwecken genutzt. Zudem erfolgte der Unterricht<br />
nach einem manche Schülerinnen und Schüler eher unterals<br />
überfordernden Lehrplan. Einige Gesprächspartnerinnen<br />
und Gesprächspartner klagten auch über wenig motivierte<br />
oder für die besondere Art der Beschulung ungeeignete Lehrkräfte.<br />
Nach dem Frühstück Umbau zum Klassenzimmer<br />
Bevor die Heimschule im Heim Schönebeck ausgebaut<br />
wurde, gab es eine einklassige Heimschule. Der Unterricht<br />
erfolgte in dem Raum, in dem vorher gefrühstückt und<br />
nachher dann Mittag gegessen wurde. (G36, JA Bremen,<br />
1959)<br />
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