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Jahren finden sich auch Ansätze zur gesellschaftlichen Reflexion<br />
von Erziehungsnotständen und zur Lage junger Menschen.<br />
Gemeinsamer Tenor aller Erklärungen war die Feststellung,<br />
dass Kinder und Jugendliche immer schwieriger werden<br />
und insoweit auch eine bessere Personalausstattung erforderlich<br />
wäre.<br />
Zum Jugendamt Bremerhaven liegen nur wenige Informationen<br />
vor. Es lässt sich lediglich vermuten, dass es – wie von einem<br />
kleinen Jugendamt auch nicht anders zu erwarten – seine Kinder-<br />
und Jugendprobleme im Wesentlichen in traditionellen<br />
Strukturen und Denkweisen verwaltete.<br />
Institutionelle Entwicklungen in der<br />
bremischen Heimerziehung<br />
Die Heimerziehung in den beiden Städten des Landes Bremen<br />
erfolgte zum einen in kommunalen Kinder-, Jugend- und Lehrlingsheimen<br />
sowie in Aufnahme- und Beobachtungsheimen,<br />
zum anderen in den Säuglings- und Mutter- und Kindheimen,<br />
Waisenhäusern und Familienkinderheimen, Erziehungsheimen<br />
für Mädchen und Jungen und weiteren Lehrlings- und Jugendwohnheimen<br />
in freier Trägerschaft. Traditionellerweise machten<br />
evangelische Heime das Gros der Heime in freier Trägerschaft<br />
aus. Neben ihnen gab es aber auch katholische, dem<br />
Paritätischen Wohlfahrtsverband zugeordnete sowie zur Arbeiterwohlfahrt<br />
gehörende Heime. Etwa ein Drittel aller Plätze verteilte<br />
sich auf die kommunalen Heime und zwei Drittel auf die<br />
Heime in freier Trägerschaft.<br />
Nach dem Krieg standen in der Stadt Bremen zunächst nur die<br />
alten Waisenhäuser St. Petri für Jungen und Alten Eichen für<br />
Mädchen, vier Säuglings- und Mutter- und Kindheime, das<br />
Säuglings-und Mütterheim St. Theresien und die beiden Erziehungsheime,<br />
das Isenbergheim für Mädchen und der Ellener<br />
Hof für Jungen, zur Verfügung. Bremerhaven verfügte lediglich<br />
über das Kinderheim Hohewurth und ein Säuglingsheim.<br />
Bereits in den ersten Nachkriegsjahren schuf die Stadt Bremen<br />
zusätzlich ein Auffanglager und ein Auffangheim für wandernde<br />
Jugendliche, machte einen Anfang mit einem Jugendwohnheim<br />
und einer Beobachtungsstation und errichtete vier kommunale<br />
Kinderwohnheime. In den 1950er Jahren erweiterte sich<br />
das Gesamtspektrum kommunaler Einrichtungen in der Stadt<br />
Bremen um drei neue Lehrlingswohnheime, zwei Mädchenheime<br />
sowie durch die Einrichtung von zwei »Pflegenestern«. In<br />
freier Trägerschaft entstanden neue Heime oder Abtei lungen für<br />
Lehrlinge und Jungarbeiter, ein weiteres Erziehungs heim für Mädchen<br />
auf dem Gelände der Vereinigten Anstalten Friedehorst,<br />
das Dorotheenheim, sowie ein weiteres Mutter- und Kindheim<br />
unter Regie der bremischen Arbeiterwohlfahrt. Nach seiner<br />
Totalzerstörung im Krieg wurde das katholische St. Johannis<br />
Waisenhaus wiedereröffnet. In Bremerhaven erweitere sich die<br />
Heimlandschaft durch ein von der Arbeiterwohlfahrt betriebenes<br />
Lehrlingswohnheim, ein Schiffsjungenheim und ein evangelisches<br />
Mädchenwohnheim. 1960 war der Aufbau der bremischen<br />
Strukturen für die Heimerziehung weitgehend abgeschlossen.<br />
Neugründungen im kommunalen Bereich bezogen sich primär<br />
auf Ersatzheime für zwischenzeitlich geschlossene Heime. In<br />
freier Trägerschaft kamen lediglich kleine Familienkinderheime<br />
hinzu. Alle Heime und damit die Kinder, Jugendlichen und<br />
Erzieher/innen litten in den ersten Nachkriegsjahren unter<br />
großen materiellen Entbehrungen, zumal der Staat nur minimal<br />
unterstützend eingriff. In einigen der Heime, die den<br />
Faschismus überdauert hatten, war die Zeit zudem ideologisch<br />
noch nicht aufgearbeitet. Anfang der 1950er Jahre war dann<br />
insgesamt zwar der Charakter der Heime für Kinder als reine<br />
Versorgungsanstalten und der Charakter der Erziehungsheime<br />
als reine Disziplinierungsanstalten überwunden. Es blieb aber<br />
auch in den 1950er Jahren im Wesentlichen bei in tradierten<br />
Vorstellungen verhafteten Strukturen und Konzepten: Hygiene<br />
stand in den Säuglingsheimen im Vordergrund, Gehorsamsund<br />
Anpassungsmaximen waren es in den Waisenhäusern<br />
(auch im kommunalen Bremerhavener Heim Hohewurth) und<br />
Unterwerfungsstrategien in den Erziehungsheimen. Nur die<br />
kommunalen Kinder- und Jugendheime für Mädchen und Jungen<br />
sowie das St. Petri Heim fanden Anschluss an die moderneren<br />
pädagogischen Ideen jener Zeit.<br />
Die späten 1950er und frühen 1960er Jahre brachten der Heimerziehung<br />
vor allem eine äußere Konsolidierung über modernere<br />
Raumkonzepte, womit auch verbesserte Unterbringungsund<br />
Versorgungsmöglichkeiten für die Kinder verbunden waren.<br />
Die weiterhin bestehende Personalnot, häufige Erzieherwechsel<br />
und Kompromisse bei der Qualität des Personals schmälerten<br />
diese Erträge wesentlich. Die gut gemeinten Bemühungen<br />
um Modernisierung durch Differenzierung und Spezialisierung<br />
bedeuteten für die Kinder und Jugendlichen zudem einen häufigen<br />
Wechsel des Lebensorts in einem weiterhin hierarchisch<br />
geordneten Heimsystem. Als Ertrag der 1960er Jahre blieb die<br />
allmähliche Auflösung der Säuglingsheime, deren hospitalisierende<br />
Konsequenzen man bereits seit Mitte der 1950er Jahre<br />
erkannt hatte.<br />
In den späten 1960er und den frühen 1970er Jahren passten<br />
sich Teile der Bremer Heime dann überraschend schnell den<br />
neuen gesellschaftlichen Konzeptionen für Erziehung und den<br />
Umgang mit marginalisierten Jugendlichen dieser Zeit an.<br />
Andere Heime taten sich hingegen schwer. Nicht überwundene<br />
Modernisierungsdefizite brachten den bremischen Erziehungsheimen<br />
mittelfristig das Aus.<br />
Aus anderen Gründen kam es – vom Heim Hohewurth in Bremerhaven<br />
abgesehen, das an einem neuen Ort in der Stadt und<br />
jetzt unter dem Namen Helene Kaisen Haus sich dauerhaft neu<br />
erfinden konnte – Mitte der 1980er Jahre zur Schließung der<br />
kommunalen Heime. Sie scheiterten an den sich ständig erweiterten<br />
Forderungen nach mehr Personal und an Diskrepanzen<br />
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