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eck gekommener Gesprächspartner fand das Spielen im parkähnlichen<br />
Gelände des Kinderwohnheims, immer unter Aufsicht<br />
der Erzieherin, ganz in Ordnung. »Wir machten drinnen und<br />
draußen viele Spiele, Drachen steigen lassen, Indianer spielen, Gesellschaftsspiele<br />
im Haus, basteln etc« (G36, JA Bremen, 1959 – 1961).<br />
In den Lehrlingswohnheimen galten im Gegensatz zu den Kinderheimen<br />
altersbedingt andere Regeln für den Ausgang, aber auch<br />
mehr Kämpfe um ihn. Die Kürzung des Ausgangs war gegenüber<br />
Jugendlichen zudem ein beliebtes Erziehungsmittel.<br />
Ausgang im Lehrlingswohnheim<br />
Im Lehrlingswohnheim Grohn war bis 22 Uhr Ausgang, der<br />
zu besonderen Anlässen (zum Beispiel ein Konzert in der<br />
Stadt) noch verlängert werden und eventuell auch mal die<br />
ganze Nacht dauern konnte. Nach 22 Uhr war das Heim<br />
abgeschlossen. »Man musste dann klingeln und sich blöde<br />
Fragen vom diensthabenden Erzieher gefallen lassen.«<br />
(G36, JA Bremen, 1962 – 1965)<br />
Freizeit und Ausgang im Ellener Hof<br />
Ein Gesprächspartner, der mit 15 Jahren in den Ellener Hof<br />
kam, erinnert sich: »Samstags und an einem Wochentag gab<br />
es von nachmittags bis 22 Uhr Ausgang. Das war der einzige<br />
Lichtblick im Heim. Der konnte aber auch gesperrt werden und<br />
das bedeutete kein Mädchen kennen lernen, keine Musik …,<br />
nur Langeweile im Heim. Hier gab es nämlich nichts, kein Sport,<br />
keine Freizeitangebote. Nur einmal war ein gemeinsamer<br />
Konzertbesuch angesagt; da durfte ich dann aber nicht mit.«<br />
(G14, JA Bremerhaven, 1966 – 1969)<br />
Stündliche Kontrolle beim Heimleiter<br />
Ein anderer damaliger Jugendlicher im Ellener Hof erinnert:<br />
»Außer Arbeit ist nicht viel passiert. Abends saß man in Tagesraum,<br />
spielte Brettspiele etc. Am Wochenende gab es für einige<br />
Stunden Ausgang (wenn er nicht zur Strafe gestrichen wurde).<br />
Wer keinen Ausgang hatte, musste sich stündlich zur Kontrolle<br />
beim Erziehungsleiter melden. Gelegentlich wurden bis zu dreitägige<br />
Ausflüge gemacht, meist im Zusammenhang mit sportlichen<br />
Wettkämpfen.« (G10, JA Stuttgart, 1965 – 1968)<br />
Sonnenbaden als Großereignis<br />
»Ich wurde im Isenbergheim in die geschlossene Abteilung<br />
eingewiesen; Räume mit Panzerglas-Fenstern, wie für ›Schwerverbrecher‹.<br />
Es gab keinen unbeaufsichtigten Ausgang, nur<br />
manchmal – wenn man nichts gemacht hatte – Spaziergänge<br />
unter Aufsicht. Lediglich der Hof mit seiner kleinen Wiese standen<br />
zur Verfügung, sich da mal in der Sonne baden zu können,<br />
war schon ein Großereignis.« (G21, JA Bremen, 1969 – 72).<br />
Besondere Ereignisse im Heimalltag<br />
Bestimmte Ereignisse im Jahresverlauf konnten die Routine des<br />
Heimlebens durchbrechen. Die Kinder und Jugendlichen schätzten<br />
besondere Ereignisse, wie Weihnachten und andere religiöse<br />
Feiern oder Reisen, zumeist sehr. Häufig zählen sie zu den schönen<br />
Erinnerungen an die Heimzeit.<br />
Besondere Zeiten in St. Johannis<br />
»Ich hab auch schöne Erinnerungen an St. Johannis. Das Beste<br />
waren die Ausflüge mit den Taxifahrern. Die haben uns einmal<br />
im Jahr zum Freimarkt eingeladen, mit den Taxis im Konvoi zur<br />
Bürgerweide. Toll waren auch die Fronleichnamsprozessionen<br />
im Bürgerpark, an denen wir mit unseren weißen Kommunionskleidern<br />
teilnehmen durften. Schön waren auch die Karnevalsfeiern<br />
im Heim.« Das damals elfjährige Mädchen erinnerte<br />
sich zudem daran, dass die Heimkinder, in ihrem schönen<br />
Kommunionskleid, manchmal zum Blumenstreuen bei<br />
Hochzeiten »ausgeliehen« wurden. »Das war dann immer toll,<br />
schon, weil es da immer so gutes Essen gab.« (G29, JA Oldenburg,<br />
1951 – 1954)<br />
Geschenke zu Weihnachten<br />
Da seine Mutter im Krieg gestorben und der Vater mit der<br />
Erziehung und Arbeit überfordert war, kam der Neunjährige<br />
in das Kinderheim der Wollkämmerei. Im Heim lebten 12 bis<br />
14 Kinder. Die Erziehung war in seiner Erinnerung »liebevoll,<br />
verständnisvoll und kindgerecht«. Man ging zusammen<br />
schwimmen und sang viel. Zu Weihnachten gab es<br />
Geschenke der Wollkämmerei, man machte Ausflüge und<br />
Fahrten ins Schullandheim. (T4, JA Bremen, 1949 –1952)<br />
Blechkuchen zum Geburtstag in Hephata<br />
Der Gesprächspartner, der insgesamt elf Jahre in Hephata,<br />
einem Heim der Diakonie in Hessen lebte, erinnerte sich an<br />
die Besonderheiten zu Weihnachten und Geburtstagen.<br />
Weihnachten fuhren die meisten, er selber nicht, zu den<br />
Angehörigen. Die fünf bis sechs Übriggebliebenen wurden<br />
von einem Erzieher »weihnachtlich« betreut. Die Kinder durften<br />
sich für etwa 20 DM etwas wünschen, »was man meist<br />
dann auch bekam.« An den Geburtstagen gab es einen<br />
Blechkuchen für die Gruppe: wahlweise Bienenstich oder<br />
Streuselkuchen. Geschenke an die Geburtstagskinder wurden<br />
vom Heim aber keine verteilt. (G16, JA Bremen, 1959 –<br />
1970)<br />
Alle, die darüber berichteten, schätzten die in den Heimen<br />
durchgeführten Ferienreisen. Man fuhr, in einigen Heimen nur<br />
für wenige Tage, in anderen auch mal mehrere Wochen, in Zeltlager,<br />
in Jugendherbergen oder Schullandheime. In den 1970er<br />
Jahren konnte es sogar mal eine Auslandsreise sein. Bei solchen<br />
Reisen wurde die übliche Routine durchbrochen und die Kinder<br />
und Jugendlichen erlebten ihre Erzieherinnen und Erzieher<br />
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