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Weil es mit den Lehrstellen nicht klappte, musste der 18-Jährige<br />

das Heim Knall auf Fall verlassen: »Verlängerungsantrag wegen<br />

Erfolglosigkeit abgelehnt.«<br />

Die Zeit danach<br />

»Mein Sachbearbeiter, zu dem ich dann geschickt wurde, hatte<br />

nichts als den Rat für mich, doch wieder zu meiner Mutter zu gehen.<br />

Nach fast acht Jahren weg von zu Hause, klappte das natürlich<br />

nicht. Also bin ich auf der Straße gelandet.« Hier geriet er mit Drogen<br />

und Dealern in Berührung, was ihm immerhin die Möglichkeit<br />

gab, im Männerwohnheim Huckelriede Unterkunft zu bekommen.<br />

126 »Da war es gar nicht mal so schlecht. Das Problem war<br />

nur, dass sich die Alkoholiker als was Besseres fühlten als die, die<br />

wegen Drogen – bei mir immer nur Haschisch – kamen.« Von hier<br />

ergab sich nochmals ein Kontakt nach Dobbheide. Seine dort<br />

untergestellten Sachen waren inzwischen entsorgt worden.<br />

»Nur mein Tagebuch war von Hand zu Hand gegangen. Seitdem<br />

hab ich nie wieder etwas aufgeschrieben.«<br />

Der Gesprächspartner versuchte sich später in allem möglichen<br />

Dingen, wozu Illegales, aber auch ein Versuch mit Seefahrt, eine<br />

Erzieherausbildung und eine vom Arbeitsamt arrangierte Ausbildung<br />

zum Krankenpfleger gehörten. »Die Erzieherausbildung<br />

hab ich abgebrochen. Was die da erzählten und was in den<br />

Büchern stand, fand ich einfach daneben. Es hatte mit meinen<br />

eigenen Erfahrungen nichts zu tun. Zur Krankenpflegerausbildung<br />

wurde uns nach zwei Jahren mitgeteilt, sie sei nicht anerkannt<br />

worden. Nur die mit der Ausbildung erlangte Mittlere Reife wurde<br />

mir gelassen.« Die einzige beruflich glückliche Zeit war die Mitarbeit<br />

in einer freien Theatergruppe als ›Mädchen für alles‹. Die<br />

Zeit endete damit, dass das Theater seinen Kollektivgedanken<br />

ablegte, und er sich mit dem Leiter gegen die Veränderung<br />

wehrte. »Plötzlich stand ich zwischen den Stühlen. Ich hatte kulturelle<br />

Interessen entwickelt und viele interessante Freunde gefunden,<br />

aber nichts mehr, mit dem ich mich auch bewähren konnte.<br />

Irgendwie gehörte ich dazu, als gescheitertes Heimkind stand ich<br />

aber immer auch daneben.«<br />

Auch in den folgenden Jahrzehnten lief es nicht besonders gut.<br />

Zwei Beziehungen scheiterten. »Ich wollte immer Liebe erzwingen,<br />

so wie im Heim. Das haben die Frauen nicht mitgemacht.« Es<br />

spielten dann Drogen, »nie harte, immer nur Haschisch«, lange<br />

Zeit eine Rolle. »Irgendwas hat mich aber immer vor dem<br />

Schlimmsten bewahrt. Um mich herum sind viele gestorben, ich<br />

hab immerhin überlebt und mich so durchs Leben gewurstelt. Erst<br />

jetzt als 50-Jähriger hab ich begonnen, mich den vielen traumatischen<br />

Erlebnissen meines Lebens zu stellen.« Ein inniger Kontakt<br />

zur Mutter ist nie wieder entstanden, wohl aber blieb ein herzlicher<br />

Kontakt zu der erst nach ihm aus dem Waisenstift Varel<br />

entlassenen Schwester bestehen.<br />

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