27.12.2014 Aufrufe

1qDBULH

1qDBULH

1qDBULH

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Gruppenschläge mit Holzlatschen<br />

Aus dem Ellener Hof berichtete ein Gesprächspartner, der als<br />

Jugendlicher von einem süddeutschen Jugendamt in das<br />

Heim eingewiesen worden war: »Es gab eine klare Hackordnung<br />

unter uns Jungen. Wer unten war, hatte es schwer und<br />

musste den Stärkeren mit allerlei zu Diensten sein. Dabei waren<br />

viele der Jugendlichen zwar ziemlich raue Gesellen, aber keine<br />

wirklich Kriminellen; eigentlich alles Jungen, denen nur ein<br />

bisschen Verständnis, Zuneigung und Liebe fehlte.« Nach sechs<br />

Monaten kam der Junge in das Haus 7, das Haus, in das die<br />

»Schwierigsten« kamen. Die Hierarchie war hier noch stärker<br />

ausgeprägt. »Wenn hier jemand nicht funktionierte, konnte<br />

es Massenverkloppe mit den Holzlatschen geben.« (G14, JA<br />

Bremerhaven, 1966 – 1969)<br />

Das Recht des Stärkeren<br />

Im Ellener Hof herrschte nach der Erinnerung des damals<br />

16- bis 18-Jährigen das Recht der Stärkeren. »Wenn man<br />

schnarchte, wurde man von den anderen so geschlagen, dass<br />

das Blut an die Wand spritzte.« (G37, JA Buxtehude, 1959 –<br />

1961)<br />

Die Erzieher waren der Gewalt gegenüber machtlos<br />

»Dobbheide war die Hölle, nicht unbedingt wegen der Erzieher,<br />

sondern wegen der Brutalität der anderen Jugendlichen.<br />

Heftigste Schlägereien waren an der Tagesordnung. Da konnten<br />

die Erzieher machen, was sie wollten.« (G43, JA Bremen, 1971<br />

– 1973)<br />

Angst vor Schlägen in Freistatt<br />

»Neuankömmlinge wurde in der ersten Nacht von allen Jungen<br />

verprügelt; einfach ein Ritual. Als ich in eine an sich bessere<br />

Gruppe kommen sollte, hatte ich so viel Angst vor neuer<br />

Kloppe, dass ich weglief.« (G27, JA Bremen, um 1960)<br />

Das Heim als Lernanstalt für abweichendes<br />

Verhalten<br />

Besonders in einigen Lehrlings- und Jugendwohnheimen sowie<br />

in den Erziehungsheimen herrschte ein Klima, das die älteren<br />

männlichen Jugendlichen mit Kriminalität, Drogen und Alkohol<br />

in Kontakt bringen konnte. Die Suche nach Anerkennung bei den<br />

Anderen spielte hierbei eine erhebliche Rolle.<br />

Zum Einbruch angelernt<br />

Der oben zitierte Gesprächspartner berichtete nicht nur über<br />

die Brutalität in Dobbheide. Weitere Probleme stellten die<br />

Kriminalität und der Drogenkonsum dar: »Es gab massenhaft<br />

Kriminalität und Drogen.« Er selber lernte von anderen, wie<br />

man einbricht. (G43, JA Bremen, 1971 – 1973)<br />

Für 50 DM an einem Bruch beteiligen<br />

Unter den Jugendlichen im Lehrlingswohnheim in der Neuenlander<br />

Straße, die entweder arbeiten gingen oder eine<br />

Lehre machten, ging es in der Erinnerung des Gesprächspartners<br />

brutal zu. Es gab viel Kriminalität, für 50 Mark<br />

konnte man sich an einem Bruch beteiligen. Der junge<br />

Mann selber hielt sich raus, weil er wusste, dass die Anführer<br />

unzuverlässig waren und einen verpfiffen. (G11, JA Bremen,<br />

1963 – 1965)<br />

Hasch und allerlei Blödsinn<br />

»Unter uns Jugendlichen ging es im Lehrlingswohnheim Stackkamp<br />

rau zu. Es wurde ziemlich viel Hasch geraucht. Wir trafen<br />

uns auf einem Spielplatz in der Nähe, auch mit Jugendlichen<br />

aus der Umgebung. Ich hab mich auch mal verführen lassen,<br />

hatte aber gleich das erste Mal genug davon. Ansonsten<br />

machte man, wie Jugendliche das eben so machen, allerlei<br />

Blödsinn.« (G23, JA Bremen, 1967 – 1968)<br />

Gruppendruck in Mädchenheimen<br />

Auch unter älteren Mädchen und jungen Frauen herrschten in<br />

einigen Erziehungsheimen Gruppendruck und Schikanen<br />

untereinander. Allerdings scheint die körperliche Gewalt weniger<br />

ausgeprägt gewesen zu sein. Was manche Mädchen vorher<br />

noch nicht kannten, wurde ihnen nach der Verlegung in ein Einziehungsheim<br />

hier beigebracht. Dazu gehörten auch Formen<br />

der Selbstverletzung zum Beispiel durch Tätowieren:<br />

Zum Rauchen und Abhauen verleitet<br />

»In Friedehorst lebten Mädchen, die anders drauf waren als ich.<br />

Es kam vor, dass sich ein Mädchen zu mir ins Bett legte, die<br />

wollten mich lesbisch machen. Ich wurde auch zum Rauchen<br />

und zum Abhauen verleitet. Schon, weil ich nicht im Abseits<br />

stehen wollte, habe ich da mitgemacht.« (G4, JA Bremen, 1951)<br />

Klauen und Anbaggern gelernt<br />

Im Birkenhof gab es im Vergleich zu dem vorherigen Heim<br />

in der Erinnerung der Gesprächspartnerin viele Mädchen mit<br />

Erfahrungen aller Art. »Was ich vorher nicht wusste, lernte ich<br />

im Heim, zum Beispiel, wie man klaut und wie man einen<br />

Mann anbaggert.« Auch kam es, freiwillig oder unter Druck, zu<br />

sexuellen Kontakten unter den Mädchen. »Das nährte das<br />

Gefühl, etwas Schlechtes zu sein und dass Sexualität etwas<br />

Schlechtes, Verbotenes ist.« (G34, JA Bremen, 1965)<br />

56

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!