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Waldesruh. Ein Kuhdorf, knapp eine Stunde entfernt. Irgendwo in
der Nähe der holländischen Grenze.
Wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen, dachte Mark und ertappte sich
umgehend dabei, seinen eigenen Vorsatz, der nicht mal zwei
Sekunden zuvor aufgefrischt worden war, über Bord zu werfen.
„Guck nicht so, das wird super“, strahlte Teresa ihrem
zerknirschten Mann entgegen.
Sie wurde nicht müde, Mark den Umzug so schmackhaft wie
möglich zu machen. Insgeheim bewunderte Mark die unablässige
Frohnatur seiner Frau, das „enttäuschte Kind“ in ihm, erlaubte aber
kein Nachgeben, kein Entgegenkommen und auch keine Einsicht.
Wenn es seine Stimmung erlaubte und er die Gelegenheit bekam,
die Sinnhaftigkeit des Umzugs ehrlich zu analysieren, so kam er
schnell zu dem Entschluss, dass an diesem Umzug schlichtweg kein
Weg vorbeiführte.
Dani, eigentlich Daniela, die gemeinsame Tochter von Mark und
Teresa hatte eine chronische Lungenerkrankung mit asthmatischen
Anfällen. Doktor Lennert, der Hausarzt von Familie Sieger hatte
den Ortswechsel in eine ländliche Gegend vorgeschlagen. Die
Landluft, so versicherte er ihnen, täte Dani gut und würde ihrer
geschundenen Lunge Abhilfe schaffen. Zudem hätten alle
Familienmitglieder dort eine bessere Lebensqualität, im Vergleich
zur schmutzigen, luftverpesteten Stadt. Teresa war sofort
einverstanden, fühlte sie sich doch ohnehin nicht so wohl in Köln.
Vor einiger Zeit hatte es sogar hin und wieder heftigen Streit
gegeben, weil sie am liebsten an jedem Wochenende zu ihren Eltern
fahren wollte und es ihr offenbar herzlich egal war, ob er lieber mit
seinen Freunden in Köln etwas unternehmen wollte.
Das mit Dani kommt ihr wirklich gelegen, dachte Mark sich wiederholt
und schalt sich umgehend, auch wiederholt. Er neigte dazu in
seinem Gram und Selbstmitleid, unfair zu werden. Natürlich kam
Danis Krankheit niemandem gelegen, er schämte sich für seine
Gedanken. Trotzdem. Dass die Entscheidung so „übers Knie
gebrochen“ wurde, hielt Mark auch nicht für fair. Er hatte hier
seinen Job, seine Freunde, seine Vereine.
„Vereine und Freunde findest Du auch in Waldesruh.“, versicherte
Teresa ihm, als sie vor gerade mal drei Monaten den Umzug „in
Betracht zogen“.
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