Rahmenplan Grundschule Hessen
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1. <strong>Grundschule</strong> als Ort grundlegender Erfahrungen<br />
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Teil A, <strong>Grundschule</strong> als Ort grundlegender Erfahrung<br />
Kinder machen vor, in und außerhalb der Schule grundlegende Erfahrungen, unabhängig<br />
davon, wie das Umfeld bzw. Schule und Unterricht gestaltet und inwieweit solche Prozesse<br />
den Lehrerinnen und Lehrern bewußt sind. Diese Erfahrungen sind für die kindliche<br />
Entwicklung von zentraler Bedeutung, denn sie prägen Mädchen und Jungen in ihren<br />
Werthaltungen und Einstellungen bezüglich ihrer Um- und Mitwelt und zu sich selbst - und nicht<br />
zuletzt gegenüber Schule und Lernen.<br />
Es handelt sich z. B. um Erfahrungen im Umgang mit anderen und sich selbst, um Erfahrungen<br />
mit Sprache, mit Sinn und Wert, mit Spiel und Bewegung, mit Raum und Zeit, mit<br />
Mengen und Strukturen, mit Natur und Technik, mit Arbeit und Konsum, um Erfahrungen<br />
sozialer, religiöser, interkultureller und ästhetischer Art. Die Art und Weise, wie sich Unterricht<br />
und schulisches Miteinander vollziehen, trägt entscheidend zur Qualität dieser Erfahrung bei.<br />
Erfahrung ist immer ein Wechselspiel von Prozeß und Ergebnis, Erkenntnisgewinn und<br />
Persönlichkeitsprägung, objektivem Vorgang und subjektivem Erleben. Erfahrung umfaßt mehr<br />
als Wissen und Fähigkeiten, mehr als subjektive Wahrnehmung und subjektive Befindlichkeit.<br />
Erfahrung vermittelt zwischen Subjekt und Objekt, überbrückt in bestimmter Weise Innen und<br />
Außen ("Ich erfahre etwas", "ich habe die Erfahrung gemacht, daß.."), ist sowohl<br />
Selbsterfahrung als auch Fremderfahrung.<br />
Von besonderer Bedeutung für die Arbeit in der Schule sind Erfahrungen, die aus<br />
gedeuteten Erlebnissen erwachsen, indem ein eher emotional gestimmtes Erleben<br />
denkend und handelnd verarbeitet und als Haltung verinnerlicht wird. Solche Erfahrung<br />
bestimmt das Verhalten und trägt so zur Bildung der Gesamtpersönlichkeit bei. In<br />
diesem Sinne ist Erfahrung sich gegenseitig bedingende Sozial- und Selbsterfahrung,<br />
die letztlich in Lebenserfahrung und idealerweise schließlich in Lebensweisheit gipfelt.<br />
Die Schule muß - ihrem Erziehungsauftrag folgend - die Bedeutung solcher Prozesse erkennen.<br />
Es ist daher unerläßlich, daß die Schule nicht nur fachliche Lernziele im Blick hat,<br />
sondern das gemeinsame Leben und Lernen so gestaltet, daß alle Kinder durch diese Erfahrungen<br />
in ihrer Persönlichkeitsentwicklung gefördert werden.<br />
Die Beschreibung der Erfahrungsfelder setzt daher bei den Erfahrungen der Kinder an, formuliert<br />
den übergreifenden, von allen Fächern mitzuverantwortenden Erziehungs- und Bildungsauftrag<br />
für das jeweilige Erfahrungsfeld und zeigt Anknüpfungspunkte für eine Gestaltung<br />
der Schule als Erfahrungsraum.<br />
1.1 Spracherfahrung<br />
In Sprache finden die Erscheinungen und Dinge unserer Umwelt, ihre Beziehungen untereinander<br />
und das Verhältnis, das die Menschen zu ihnen entwickelt haben, ihren Ausdruck.<br />
Erst durch die Sprache ist die Aufnahme von und die Auseinandersetzung mit Begriffen und<br />
Wertungen, Gedanken und Gefühlen möglich. Sprache dient der Welterkenntnis und -deutung<br />
und damit der Entfaltung der Persönlichkeit.<br />
Mit Sprache deuten und gestalten Kinder ihre Welt; sie hilft, eigene Gedanken zu ordnen,<br />
fremde Gedanken aufzunehmen, Erlebnisse und Eindrücke zu verarbeiten und Gefühle zu<br />
erfassen; sie ist Mittlerin bei der Begriffsbildung im engen Zusammenhang mit kindlichen<br />
Denkprozessen. Über Sprache nehmen Kinder außerdem rezeptiv und produktiv an gesellschaftlicher<br />
Kultur teil.<br />
Sprache prägt in ihrer emotionalen Dimension auch die sozialen Beziehungen. Kinder erleben<br />
einerseits, daß durch Sprache Macht ausgeübt wird, daß sie Verletzungen zufügen kann,<br />
andererseits erleben sie auch Trost und Ermutigung durch Sprache. Durch Sprache können<br />
sich Kinder bestimmten Gruppen zuordnen oder zugeordnet werden; sie erfahren Ablehnung<br />
oder finden Geborgenheit.