Rahmenplan Grundschule Hessen
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Teil A, <strong>Grundschule</strong> als Ort grundlegender Erfahrung<br />
Glück, Geborgenheit, Schuld, Gleichgültigkeit, Hoffnung, Versagen, Streit, Gewalt, Unrecht,<br />
Fortschritt, Zerstörung, Krieg, Armut, Hunger, Zwang, Willkür, Freiheit.<br />
1.5 Ästhetische Erfahrung<br />
Über die "Aisthesis", die sinnliche Wahrnehmung, findet der Mensch den Zugang zur Welt. Die<br />
Sinne ermöglichen ihm, der Welt und ihren konkreten Inhalten "Sinn" zu geben, durch Riechen,<br />
Schmecken, Hören, Sehen und Tasten die Umwelt wahrzunehmen und zu "be"greifen. Dabei<br />
werden sowohl das Empfindungsvermögen als auch die Denk-, Vorstellungs- und<br />
Bewertungsfähigkeit des Menschen angesprochen.<br />
Im ästhetischen Blick auf die Wirklichkeit, im Umgang mit ästhetischen Gebilden und bei der<br />
Eigenproduktion entfalten sich Denken und Fühlen im Handeln gemeinsam und bildet sich die<br />
Phantasie zur kreativen Gestaltung. Die geistig-sinnliche Einheit drückt sich besonders im<br />
Spiel aus. Es verleiht Befriedigung, Freude und letztlich Freiheit von einengenden Zwängen.<br />
Ästhetische Erfahrungen werden gewonnen in der Begegnung mit bildender Kunst, mit Musik,<br />
über körperliche Bewegung, in der Wahrnehmung und Reflexion des "Naturschönen"<br />
(Pflanzen, Tiere, Landschaften) wie auch der Alltags-, Wohn- und Arbeitswelt. Sie erwachsen<br />
nicht allein aus der Wahrnehmung, sondern vor allem durch die eigene Gestaltung, die<br />
wiederum den Blick schärft für Gestaltungsqualitäten anderer und letztlich für eine humane<br />
Lebensgestaltung (Umweltzerstörung/ verbaute Städte etc). Insofern haben ästhetische<br />
Erfahrungen auch eine soziale, ethische, religiöse und interkulturelle Dimension.<br />
Wahrnehmung ist nicht nur nach außen gerichtet. Für den Menschen ist auch die Wahrnehmung<br />
seiner selbst von entscheidender Bedeutung. Um seine Identität auszubilden,<br />
braucht er das Wissen um die Wahrnehmungs-, Ausdrucks- und Wirkungsmöglichkeiten des<br />
eigenen Körpers, auch um dessen Befindlichkeit und seine Gesunderhaltung (s. Teil C, 1.1<br />
Gesundheitserziehung).<br />
In diesem Sinn ist ästhetische Erfahrung eine wichtige Voraussetzung dafür, daß sich Kinder<br />
ihre Begriffe "bilden" können, daß sie die Welt erkennen, verstehen und in ihren einzelnen<br />
Erscheinungen beurteilen und werten können. Diese Prozesse werden durch die einseitige<br />
Überflutung mit optischen und akustischen Reizen erschwert. Die z. B. in den Massenmedien<br />
von anderen ausgewählten und aufbereiteten Erfahrungen aus zweiter Hand bergen die Gefahr,<br />
daß die Kinder die Welt in verfremdeten Zusammenhängen erfahren.<br />
Um so mehr hat die Schule den Auftrag, Kinder ihre kreativen Kräfte, ihre Wahrnehmungs- und<br />
Gestaltungsfähigkeit entdecken und weiterentwickeln zu lassen. Dieser Aufgabe wird sie<br />
gerecht, wenn sie<br />
• den sinnlich-handelnden Zugang zur materialen und sozialen Umwelt ermöglicht<br />
• Kinder ihre eigenen Wirkungs- und Gestaltungsmöglichkeiten erfahrbar werden läßt und sie<br />
zu authentischen Ausdrucksformen ermutigt<br />
• Erlebnisse der Neugier, Faszination, Lebensfreude und des Genießens schafft<br />
• die Dinge als Teil eines Ganzen betrachten läßt, statt sie nur zu zerlegen und zu nutzen<br />
• medial vermittelte Weltbezüge mit Erfahrungen der "wirklichen" Wirklichkeit kontrastiert<br />
• Bilder, Symbole und Kunstwerke als Anstöße nutzt, über sich selbst nachzudenken<br />
• weniger im Vordergrund stehende Sinneserfahrungen wie "schmecken", "riechen", "fühlen",<br />
"tasten" und "greifen" ermöglicht<br />
• Probehandeln im Spiel und Bewegungserfahrungen - auch feinmotorische - mit dem<br />
eigenen Körper zuläßt und unterstützt.