Rahmenplan Grundschule Hessen
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2.2.2 Sich informieren und sachbezogen verständigen<br />
Teil B, Deutsch<br />
Die Sprache, über die Kinder bei Schuleintritt verfügen, ist - trotz erheblicher Unterschiede -<br />
auch in ihren Funktionen bereits hochdifferenziert: Sie können erzählen, fragen, bitten,<br />
argumentieren, sich beschweren, überreden, (bewußt) provozieren, schwindeln, schmeicheln,<br />
trösten usw. Diese Fähigkeiten sind aber noch eng an die vertrauten Personen und<br />
Verwendungssituationen (Zuhause, Kindergarten) gebunden. In der neuen Umgebung der<br />
Schule müssen sich die bisher erprobten Sprachfähigkeiten bewähren, vor allem aber auch in<br />
Frage stellen lassen. Dabei müssen die Kinder auch lernen, sich auf Verhaltens- und<br />
Gesprächsregeln zu einigen, die der Verständigung untereinander zugute kommen:<br />
⎯⎯ den eigenen Redebeitrag zurückstellen,<br />
⎯⎯ Rücksicht auf die Vorredner nehmen und sie nicht unterbrechen,<br />
⎯⎯ anderen mit Interesse zuhören.<br />
Organisationsformen wie der Reihe nach erzählen, Rednerlisten oder - bei Bezugnahme -<br />
ein vereinbartes Meldezeichen können strukturierend wirken.<br />
Für die Entwicklung einer sachangemessenen Gesprächshaltung sind drei Voraussetzungen<br />
grundlegend:<br />
⎯⎯ Erstens die Ernsthaftigkeit und Bedeutung des Gesprächsinhalts für die Lerngruppe<br />
(ganze Klasse; Tisch- oder Interessengruppe). Es muß sich dabei um "echte" Probleme<br />
handeln, an deren Lösung möglichst jedes Kind interessiert ist.<br />
⎯⎯ Zweitens die Bestätigung, daß der eigene Beitrag ebenso wie das aufmerksame Zuhören<br />
für ein befriedigendes Gelingen des Lösungsprozesses gebraucht werden.<br />
⎯⎯ Drittens die individuelle Erfahrung, daß das Miteinanderreden persönlichen Erkenntniszuwachs,<br />
Horizonterweiterung, begriffliche Klärung und neue Anregungen bringt.<br />
Vor diesem Hintergrund kann erwartet werden, daß Kinder lernen,<br />
⎯⎯ durch aktive Teilnahme und interessiertes Zuhören an der Problemlösung mitzuwirken<br />
⎯⎯ ihre Äußerungen auf vorangegangene Beiträge zu beziehen<br />
⎯⎯ gezielt nachzufragen, wenn sie etwas nicht verstanden haben oder auf Widersprüche<br />
gestoßen sind<br />
⎯⎯ unterschiedliche Meinungen und Sichtweisen nicht nur auszuhalten, sondern für die<br />
eigene Meinungsbildung und den eigenen Erkenntnisprozeß nutzbar zu machen<br />
⎯⎯ sachdienliche Kompromisse selbst vorzuschlagen und Mehrheitsbeschlüsse - auch gegen<br />
die eigene Überzeugung - zu akzeptieren<br />
⎯⎯ zugleich aber auch nicht allzu schnell klein beizugeben, sondern argumentativ zu<br />
versuchen, sich durchzusetzen (z. B. gegen Cliquendruck).<br />
Von Seiten der Lehrerin kann sachbezogenes Sprachverhalten dadurch unterstützt werden,<br />
daß sie als Teilnehmerin der Gesprächsrunde beispielhaft Gesprächskontakte knüpft und<br />
damit ein Modell für demokratische Auseinandersetzung bietet.<br />
Schulleben fordert zahlreiche Anlässe zu sachbezogener Verständigung heraus:<br />
⎯⎯ Aktuelle Konflikte sind zu erörtern<br />
⎯⎯ verloren gegangene Sachen zu beschreiben<br />
⎯⎯ von Neuigkeiten ist zu berichten<br />
⎯⎯ Wünsche und Anliegen sind vorzutragen, um deren Erfüllung zu bitten, sie ggf. auch zu<br />
verlangen oder einzufordern.<br />
All das geschieht situationsbezogen und verlangt je spezifische Sprachhandlungsstrategien.<br />
Hier können Plan- und Simulationsspiele ebenso helfen wie Informationen über Korrespondenzregeln<br />
oder das Angebot von Formulierungsmustern für besondere Anliegen.<br />
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