Rahmenplan Grundschule Hessen
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Teil B, Deutsch<br />
2. Inhalte<br />
2.1 Schreiben und Lesen im Anfangsunterricht<br />
→ Erzählen und Geschichten schreiben<br />
→ Sich informieren und sachbezogen verständigen<br />
→ Lesen und mit Literatur umgehen<br />
→ Sprache untersuchen und richtig schreiben<br />
→ Alle Fächer/ Lernbereiche<br />
Ziel und Aufgabe des Unterrichts im Schreiben und Lesen ist die Hinführung zur Schriftkultur.<br />
Inhalte und Methoden des Schriftspracherwerbs sind diesem Anspruch verpflichtet.<br />
Die Art und Weise, wie Lesen und Schreiben unterrichtet werden, wirkt sich langfristig sowohl<br />
auf die Einstellung zur Schrift als auch auf das Lernverhalten aus. Schriftspracherwerb findet<br />
in allen Lernbereichen statt und gewinnt aus ihnen motivierende Impulse. Darüber hinaus ist<br />
die außerschulische Schriftumwelt mit einzubeziehen.<br />
Auch wenn die Mehrzahl der Kinder bei Schuleintritt noch nicht lesen und schreiben kann, ist<br />
nicht von einer homogenen Lerngruppe auszugehen. Der Erwerb der Schriftsprache beginnt<br />
wesentlich früher mit praeliteralen Aktivitäten. Wie weit jedes Kind auf seinem Weg zur Schrift<br />
fortgeschritten ist, hängt maßgeblich davon ab, ob es in einer schriftanregenden oder<br />
schriftfernen Umgebung aufwächst. Die Erfahrungsdifferenzen betragen drei bis vier<br />
Jahre. Unberührt von Schrift kommt allerdings kein Kind in die Schule. Der Schulanfang<br />
bedeutet also nicht zugleich auch den Beginn des Erwerbsprozesses. Vielmehr geht es um<br />
die Weiterentwicklung und Förderung der je unterschiedlichen Voraussetzungen.<br />
Für den Erwerb der Schriftsprache ist die Entwicklung von Sprachbewußtheit notwendig,<br />
damit die gesprochene Sprache zum Gegenstand (laut-) analytischer Betrachtung gemacht<br />
werden kann. Vor allem benachteiligte Kinder haben hier einen großen Nachholbedarf.<br />
Sprachspiele (Zungenbrecher, Reime, Sprachwitze usw.), aber auch die Beschäftigung mit<br />
Schrift selbst (Vorlesen, Schreiben-Spielen, Stempeln usw.) tragen maßgeblich zur "Vergegenständlichung<br />
der Sprache" bei.<br />
Der Erwerb der Schriftsprache ist ein aktiv-entdeckender Problemlöseprozeß. Er vollzieht<br />
sich nicht gradlinig, sondern in Sprüngen, in individuellem Tempo, mit unterschiedlichen<br />
kognitiven Strategien und an den "eigenen Wörtern". Lesen und Schreiben fördern sich dabei<br />
gegenseitig. Das Schreiben als die produktive Seite der Schriftverwendung hat in diesem<br />
wechselseitigen Prozeß besondere "Schubwirkung". Zudem wird die Mitteilungsfunktion der<br />
Schrift im produktiven Gebrauch eher einsichtig.<br />
Beim entdeckenden Lernen sind Fehler unumgänglich. Sie sind als Stationen auf dem Weg<br />
zum Können notwendiger Teil des Erwerbsprozesses. Fehler sind als die aktuelle Leistung<br />
des Kindes anzusehen und können insofern auch Aufschluß über seinen Lernentwicklungsstand<br />
geben. Sie sind nicht Ausdruck dessen, was das Kind noch nicht kann, sondern<br />
Ausdruck dessen, was es schon kann. Unterricht muß es nicht darauf anlegen, Fehler zu<br />
vermeiden, sondern es den Kindern ermöglichen, Fehler vermeiden zu lernen.<br />
Das Interesse, lesen und schreiben zu lernen, ist abhängig davon, ob Schreiben und Lesen<br />
vom Kind über die mündliche Sprachverwendung hinaus als notwendig und sinnvoll empfunden<br />
werden. In Konkurrenz zu den elektronischen Kommunikations-, Informations- und<br />
Unterhaltungsmedien, die mühelosen Konsum ermöglichen, stellt sich der Schule damit eine<br />
schwierige Aufgabe. Gerade deshalb sind alle unterrichtlichen Maßnahmen daraufhin zu<br />
prüfen, ob sie diesem Motivationsgrundsatz entsprechen. Voraussetzung sind authentische<br />
Schreib- und Lesesituationen (Begegnung mit Kinderliteratur, Mitteilungen verfassen), die<br />
Schriftverwendung herausfordern und in denen dem Kind Defizite bewußt werden, die zum<br />
Zweck der Problemlösung behoben werden müssen. Das gilt vor allem auch für die<br />
Aneignung technischer Fertigkeiten (z. B. Buchstabenkenntnis, Schreibfertigkeit):<br />
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