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pdf-Datei 1,5 MB - Comenius-Institut Münster

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ihr Verhalten so auszurichten, nur noch das zu zeigen, was gewünscht ist.Das „Programm“ für Kinder in dieser frühen Phase heißt: Ich zeige das,was mir sagt, ich werde geliebt. Diese Ausrichtung bezieht sich sowohl aufVerhalten als auch auf Gefühle. Je nach Familiensystem werden bestimmteVerhaltensweisen anerkannt, andere in die Ausgrenzung verschoben (z.B.laut sein, Dreck machen, Freunde ins Haus holen, toben, beim Essenreden, was auch immer).Ebenso werden Gefühle ausgegrenzt. In dem einen Familiensystemdarf keine Wut gezeigt werden, im anderen keine Traurigkeit, hier wirdnicht gestritten, dort wird nicht gelacht. Die ausgegrenzten Anteile, dieden Bedeutungsgehalt von „bedrohlich“ angenommen haben, werdenalso von der eigenen Persönlichkeit ferngehalten und werden zunehmendunsichtbar bzw. un-spürbar, was sich z.B. in Überzeugungen zeigt wie:„Wut und Ärger kenne ich nicht, ich bin nicht wütend“. Wut ist also eineReaktionsweise, die mit mir nichts zu tun hat. Das „Ich darf nicht wütendsein“ hat sich gewandelt in ein „Ich bin nicht wütend“.Irgendwann geschieht es jedoch in jedem Leben, sei es durch Krisen,durch Krankheit, durch Schicksalsschläge, durch Zusammenbrüche, dassdie Abspaltung aufweicht. Der Schmerz wird zum Motor für Lernen undVeränderung. In solchen Zeiten geschieht der entscheidende Wechsel inRichtung Öffnung für das bisher Ausgegrenzte. Das „So geht es nichtweiter“ befördert eine individuell je unterschiedliche Bereitschaft, sich denAngst machenden Anteilen der eigenen Persönlichkeit wieder zuzuwenden.Das sind Prozesse, in denen Mut und meist auch kompetente Begleitunggefragt sind. Denn zunächst können sich Erschrecken, Schmerz, Ohnmachtsgefühl,Scham und Ratlosigkeit zeigen. Recht schnell wandeln sichdie Gefühle jedoch in Richtung Erleichterung, Entspannung, Befreiungund Freude. Denn alles, was die ausgegrenzten Teile möchten, ist, gesehenzu werden und dazuzugehören. Und indem dies geschieht, fühlt es sichinnerlich etwas vollständiger an, die Grenze wird ein wenig verschoben inRichtung persönlicher Ganzheit. Ich erkenne: Auch mit diesem Teil meinerPersönlichkeit, der mir noch fremd und eventuell nicht sehr sympathischist, z.B. meine Wut zu zeigen, bin ich liebenswert für mich und gehöre inden Kreis der Menschen. Es ist schlicht menschlich, so zu sein.Wenn ich hier angekommen bin, kann ich anderen Menschen, diewütend sind, begegnen, ohne dieses Verhalten der anderen „abstellen“zu müssen. Das, was mir der andere zeigt, wird damit zum Gradmesserfür die Frage: Wie ist es denn mit dieser Seite um mich bestellt? Immerda, wo Aufregung ins Spiel kommt, kann ich mir sicher sein, dass ichetwas lernen darf, die Lektion des oder der anderen geht mich in diesemSinne nichts an. Die entscheidende Frage für mich heißt: Verzehre ichmich darin, die Ereignisse im Außen zu bekämpfen oder habe ich denMut, die Perspektive umzudrehen, den Teil aufzuspüren, der mit mir zu121

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