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pdf-Datei 1,5 MB - Comenius-Institut Münster

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21bleiben die Leute des eigenen Volkes der Not Noomis gegenüber passiv:Die Frauen von Betlehem nehmen sie zwar wieder auf und nehmen Anteilan ihrem Schicksal, versorgen sie jedoch nicht – ebenso nicht der reicheGrundbesitzer Boas, der die Not der Frauen kennt, ihr aber keine Abhilfeschafft, außer dass er schließlich die Initiative der Moabiterin zur Nachlesezulässt. Der heldenhaft starke Mann muss erst bestimmt darauf hingewiesenwerden, was seine Pflichten als Löser (Rut 2,20; 3,9-13; 4,1-10) sindund dass er sie wahrzunehmen hat. Auch wenn in der Rut-Erzählung keineeinzige Erzählfigur negativ gezeichnet ist, niemand wirklich Unrecht tutoder einem anderen schadet, so wird das Handeln der Ausländerin (vgl.2,12) doch als der Güte JHWHs entsprechender dargestellt (zu häsäd alsDeutewort vgl. Zenger 1986, 19f.) als jenes der einheimischen VerwandtenNoomis. Eine junge, ausländische, an ihre eigene moabitische Gottheitglaubende Frau (vgl. 1,15) erfüllt damit die ethischen Ansprüche desGottes Israels wesentlich besser als alle Erzählfiguren, die dem Gottesvolkzugehören, zusammen. Diese Frau wird daher in die von den Erzeltern aufDavid hinlaufende Genealogie eingegliedert, ja nicht nur dies: Durch ihrHandeln bekommt die Judalinie erst die königliche Fortsetzung.3. ResümeeDie Inklusion von Menschen in die Gesellschaft Alt-Israels und zu entscheidungsfähigenMitgliedern derselben hing von der Fülle der positivdiskriminierenden Merkmale ab. Wie jeder menschliche Zusammenschlusshatte Israel auch zu biblischen Zeiten eine klar strukturierte soziale Ordnung.Allerdings klebte es nie an den Kriterien und hielt sich in vielenFällen nicht an den Buchstaben der Vorschriften, sondern hat, um diesereflektiert aufzuweichen und sogar aufzuheben, immer Gegengeschichtenerzählt. Wie gezeigt, gibt es Texte, die sogar stereotyp beinahe alle Kriterienthematisieren und die zu Grunde liegenden Wertungen hinterfragen(Rut, Susanna, Judit). Bei einer Aktualisierung biblischer Texte in eingesellschaftlich völlig anders gelagertes Heute muss vor allem beachtetwerden, dass die Bibel den Menschen nicht primär als Individuum, sondernals soziales Wesen, als Teil einer kollektiv konzipierten Heilsgemeinschaftsieht. Wenngleich auch auf das letzte Glied der Gesellschaft Acht gegebenwurde, muss bewusst sein, dass Menschenrechte für Individuen im AltenOrient nicht im Blick waren.Die hier aufgezeigten Kriterien, deren Existenz und Wertung sich in allenhierarchisch geordneten Gesellschaften nachweisen lässt, erweisen sich alshilfreiche Analysekategorien zu Inklusion und Exklusion. Allerdings kannderen Verwendung auch die Gefahr der Perpetuierung in einer Gesellschaftbergen, wenn die damit verbundene negative und positive Wertung nicht

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