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pdf-Datei 1,5 MB - Comenius-Institut Münster

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375.1 Die Fähigkeit zu freier EntscheidungIhr grundsätzlich liberaler Ansatz zeigt sich darin, dass – wie sie ausführt– Würde und gleicher Wert der Menschen auf einem „in ihnen angelegtesVermögen der moralischen Wahl“ beruhten, einem „Vermögen,das in der Fähigkeit zur Planung eines mit der eigenen Zweckbeurteilungübereinstimmende[n] Lebens besteht“ (Nussbaum 2002, 19). Entscheidendin dieser Hinsicht sei die Fähigkeit des Menschen, Entscheidungenzu treffen und sein Leben zu gestalten (ebd., 70f.) Hierin sei jede Personein Zweck für sich: „Diesem Prinzip zufolge sind die einzelnen Personenund nicht Gruppen die primären Subjekte der politischen Gerechtigkeit.“(Nussbaum 2010, 300). Nussbaum expliziert diesen Gedanken besondersim Blick auf Frauen, aber er gilt im Grunde für alle. So werde vonFrauen nach wie vor oft verlangt, sie dürften dieses und jenes nicht tunund müssten sich besonders um Kinder kümmern. Das sei eine deutlicheZumutung, die für sich genommen zurückgewiesen werden müsste. Aber:„Auch hier sagt der Liberalismus allerdings: Das ist in Ordnung, solangeDu vorher darüber nachdenkst.“ (Nussbaum 2002, 69). Der bewussteEntscheidungsakt autonomer Individuen ist mithin das Allerheiligstedieser Theorie und eben dies weist sie als liberal aus. Im Zentrum stehtdie Wahrung der Freiheit der Einzelnen, die sich in der Kraft zur eigenenVerantwortung realisiert.Nun gibt es aber eben Menschen, die sich nur begrenzt und bisweilenauch gar nicht aufgrund vorhergehender ausführlicher Überlegung für etwasentscheiden können. Manche Menschen werden dementsprechend als„lebenslang eingeschränkt kooperative Gesellschaftsmitglieder“ (Nussbaum2010, 151) 10 gelten müssen. Dass dies so ist, bezeichnet die offene Wundeeines jeden Liberalismus. An dieser Stelle müssen andere Menschen, unddamit bestimmte Formen von Beziehungen und Gemeinschaften, dieVerantwortung für die betreffenden Menschen übernehmen. Allerdings:Diese Menschen – z.B. ein Vormund – wären dann aber nicht mit derFrage der Inkompetenz einer Person befasst, sondern mit der Aufgabe,„den Zugang dieser Person zu allen zentralen Fähigkeiten zu erleichtern“(Nussbaum 2010, 275). Das bedeutet, „dass wir Menschen mit geistigenBeeinträchtigungen als vollständig gleichberechtigte Bürgerinnen undBürger zu respektieren haben, die zur menschlichen Gemeinschaft gehörenund dazu in der Lage sind, ein gutes Leben zu führen“ (ebd., 264).10 Gegen John Rawls, der sich in seiner Konstruktion des gesellschaftlichen Urzustandesnur uneingeschränkt kooperative Gesellschaftsmitglieder vorstellenkann und deswegen die Gesellschaft auf ein entsprechendes Interesse aufbaut.Nussbaum kritisiert dies und fordert die Einbeziehung der „anderen“ von vornherein,also des Wohlwollens schon im Urzustand.

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