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pdf-Datei 1,5 MB - Comenius-Institut Münster

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35An dieser Stelle schlägt zudem auch die Problematik des Individualitätsbegriffsals solcher durch: Individualität hat mit Identität aus Abgrenzungzu tun. Als Individuum empfinde ich mich als von anderen unterschiedenund kultiviere diese Unterscheidung in der Regel auch, denn nur dann binich handlungsfähig. Insofern sprengt Individualität Formen von Gemeinschaftlichkeit.Im Zweifel bleibt Verschiedenheit – aber nicht notwendigauch Versöhnung.Die Folge ist, dass an alle die gleichen, eben individualisierten, Anforderungenauf Selbstverantwortung gestellt werden. Denn auf der Ebeneihrer Verschiedenheit sind alle gleichberechtigt. Dies führt dazu, dass nunInteressen und entsprechend Vertragsbeziehungen zwischen den einzelnenbzw. Marktbeziehungen das gesellschaftliche Feld beherrschen. Moralischempathische Beziehungen treten dem gegenüber zurück. Soziale Distanzbleibt in dieser Logik eine Privatangelegenheit der Betroffenen. Es istnatürlich jeder und jedem freigestellt, sich mit jedem anderen zu gesellen,wie er oder sie es will, sich aber auch von jedem anderen zu trennen. Sieunterliegen als private jedenfalls keiner gesellschaftlichen Debatte. Untergründigkönnen folglich entsprechende Grenzziehungen dann sehr vielheftiger als vorher wirken.4.2 GrenzziehungenGegenüber den unsäglichen Vorstellungen von Behinderungen als StrafeGottes, kann nun theologisch behauptet werden: Behinderung seieine besondere Begabung. „Gott begabt und begrenzt“ (z. B. Schweiker2012, 7). Jede Begabung wäre immer auch eine Begrenzung und jedeBegrenzung eine Begabung. Auf diese Weise werden Behinderungen undBeeinträchtigungen aller Art verallgemeinert und damit aus der Welt undaus der sozialen Kommunikation geradezu heraus definiert: Wenn nunalle behindert sind, dann ist es niemand mehr wirklich. Gegen solchesDenken spricht aber, dass die Erfahrung von massiver Begrenzung allzuleicht harmonisiert würde. Denn: Nicht selbst gewählte Begrenzungensind in der Regel einfach nicht gut! Bestimmte schwere Begrenzungen vonMenschen werden auch weiterhin als Behinderung ihrer Möglichkeitenund als Beeinträchtigung ihres Lebens diskutiert werden müssen. Sie zuBegabungen zu erklären kann zwar im Sinne liberaler Auffassungen, aberkaum im Sinne der betreffenden Menschen sein. Armut kann natürlichauch ein selbst gewählter Lebensstil sein; in der Regel aber ist Armut dassicherlich nicht. Armut sollte deswegen auch nicht toleriert werden. Diejunge behinderte Frau in der Caritas-Kampagne, die sagt „Ich wäre lieberHier entfällt alle weitergehende, fürsorgliche Unterstützung (insbesondere zurIntegration in Arbeit) zugunsten der pauschalen Zahlung eines bestimmtenBetrages an alle. Wer mehr will, ist vollkommen auf sich selbst gestellt.

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