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pdf-Datei 1,5 MB - Comenius-Institut Münster

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27Das erzeugt Ambivalenzen. So kann es zum Beispiel sein, dass liberaleRechte wie das Wahlrecht, das Recht auf freie Religionsausübung, derfreien Entfaltung der Persönlichkeit oder ähnlichem in einer Gesellschaftverwirklicht sind, da sie für alle Menschen gelten. Wenn aber in der Lebenssituationder Bürgerinnen und Bürger erhebliche Differenzen existieren– indem etwa große Gruppen von Menschen in Armut leben, was siereal daran hindert, umfassend von ihren liberalen Rechten Gebrauch zumachen – bleiben diese Rechte zumindest für diese Gruppe bestenfallsreine Idealitäten. Die Wahrnehmung liberaler Rechte setzt – unter sonstgleichen Bedingungen – die reale Möglichkeit voraus, über sein Lebenselbst bestimmen zu können. Das bedeutet heute, sowohl materiell ausreichendabgesichert als auch ausreichend gebildet zu sein.Die Differenz zwischen Anspruch und Wirklichkeit liegt somit im Charakterliberaler Rechte begründet; sie macht ihre Stärke (Universalität),aber zugleich auch ihre Schwäche (Irrealität) aus. Und eben dies gilt auchfür das Recht auf Inklusion. Zunächst einmal besagt dieses Recht, dassalle gleich behandelt – und das heißt konkret: gleich befähigt – werdensollen. Wer individuell mehr Unterstützung als andere braucht – umetwa ein Ausbildungsziel zu erreichen – soll sie auch bekommen, weil eroder sie darauf einen Anspruch hat. Das ist ohne Frage ein großer Fortschritt.Perspektivisch bedeutet dies nun allerdings auch, dass alle, wasihre Entscheidungsfähigkeiten und potenziellen Verwirklichungschancenbetrifft, gleich behandelt werden. Dadurch verändert sich insbesonderedas Sozialverhalten der ehemals „Behinderten“ und „Nicht-Behinderten“:Es wird sozusagen untereinander „normaler“. Neuere populäre medialeInszenierungen unterstützen dies durch einen betont lässigen, ja bisweilengeradezu auf den ersten Blick respektlosen Umgang mit Menschen mitBehinderungen, die diese in eine „normale“ Kommunikation einbezieht.So z.B. in den <strong>Münster</strong>aner Tatort-Krimis mit dem Pathologen Börneund seiner kleinwüchsigen Assistentin „Alberich“. Da dies aber tatsächlichimmer noch nicht „normal“ ist, entstehen große Heiterkeitseffekte.2.1 Abschied von FürsorgeWas auf diese Weise tendenziell verschwindet, sind betont fürsorgliche,altruistische Haltungen und entsprechende Moralismen – womit aber auchbisherige Schutzrechte an Bedeutung verlieren können. Die Paradoxiebesteht darin, dass mit dem Abbau von – vermeintlich fürsorglicher –Diskriminierung auch Schutz reduziert wird. In einer Gruppe stellen sichdann die „üblichen“ Dynamiken von Beziehungen, von Ein- und Ausgrenzungenein. Diejenigen mit Beeinträchtigungen bleiben eher am Rande,und dies wird kaum noch wahrgenommen. Denn nun ist für die eigene

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