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pdf-Datei 1,5 MB - Comenius-Institut Münster

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170 Daniela Haas1.2 Folgen von SchamAls physiologische Reaktionen auf Scham werden häufig Beschleunigungder Herzfrequenz, Ausdehnung der Blutgefäße, Zunahme des Blutvolumenssowie erhöhte Temperatur und damit einhergehend Errötenoder Schwitzen beobachtet. Die beschriebenen Reaktionen lassen zunächsteine gesteigerte Aktivität der betroffenen Person erwarten. Diesetritt jedoch meist nicht ein. Charakteristische Verhaltensmerkmale, dieMenschen bei erlebter Scham unmittelbar zeigen, sind Erstarren derGesichtsmuskulatur, Blickvermeidung oder Abwenden des Gesichts, einSich-Kleinmachen (Wegducken, Schultern einziehen...) sowie Zeichenvon Verwirrung und eingeschränkter sprachlicher Ausdrucksfähigkeit.Dieser offensichtliche Widerspruch lässt sich neurobiologisch erklären.Bei Scham arbeitet, wie in jeder extremen Stress-Situation, das zentraleNervensystem und damit werden höhere, komplexere Hirnfunktioneneingeschränkt. Das vegetative Nervensystem, das so genannte primitive„Reptilienhirn“, übernimmt die Regie. Im vegetativen Nervensystem,bestehend aus dem aktivierenden Sympathikus und dem deaktivierenden,erholungsfördernden Parasympathikus, kommt es laut Hirnforscher AllanSchore im Zustand der Scham zum extrem fehlregulierten Zustand vonerhöhter sympathischer und gleichzeitig erhöhter parasympathischerAktivität (vgl. Schore 1998 zit. n. Marks 2009, 71ff.).Grundsätzlich kann Scham dennoch sowohl positive als auch negativeFolgen haben. Unter günstigen Vorzeichen kann Scham persönlichkeitsundleistungsfördernd wirken. Das unangenehme Gefühl der Scham agiertdann wie eine Triebfeder und bewirkt ein passenderes Verhalten, mehrAnstrengung etc. Zudem erfüllt Scham im zwischenmenschlichen Bereichhäufig eine Grenzen wahrende Funktion. Davon zeugt zum Beispiel dieRedewendung: „Die Scham verbietet mir (…) etwas weiterzuerzählen,anderen zu nahe zu kommen etc.“. Hilgers (2006) betont jedoch, dassScham nur dann positive Folgen haben kann, wenn die betroffene Persondas Gefühl hat, an ihrer Situation etwas ändern zu können.Häufigen bzw. sehr schweren Schamerlebnissen kann daher keinesfallsdas Potenzial positiver Folgen zugeschrieben werden. Sie werden meistabgewehrt und von leichter erträglichen Gefühlen überlagert. Obwohldies keinen nachhaltig positiven Umgang mit Scham darstellt, entlastet esdie betroffene Person kurzfristig. Marks (2009, 71ff.) listet eine Vielzahlvon Verhaltensweisen auf, durch die Scham abgewehrt wird: Rückzug,emotionale Erstarrung, verbaler oder körperlicher Angriff anderer Personenbis hin zu Amoklauf, Flucht in Perfektionismus, Sucht oder im ExtremfallSuizid. Auf den Schulkontext übertragen heißt das: Schülerinnen undSchüler, die sich oft oder sehr massiv schämen, fühlen sich unwohl. Siekönnen sich nicht frei entfalten. Scham stört gute Beziehungen zu Mit-

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