Wider die Ratlosigkeit im Umgang mit Kinderdelinquenz

136
Sibylle Daskiewitsch
Vorbemerkung
Arbeitsstelle Kinder- und Jugendkriminalitätsprävention (Hrsg.):
Wider die Ratlosigkeit im Umgang mit Kinderdelinquenz.
Präventive Ansätze und Konzepte. München 2000
Streetwork auch mit delinquenten Kindern
– ein Beispiel aus Leipzig
In der Kinder- und Jugendarbeit ist Streetwork, als eine Kombination
aus Einzelfallhilfe, Gruppen- und Gemeinwesenarbeit, inzwischen
zu einem unverzichtbaren Angebot geworden. Streetwork richtet
sich vor allem an sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche im
Stadtteil. Im Mittelpunkt stehen weniger deren Defizite als vielmehr
ihre Lebenslagen und Alltagssituationen.
Für immer mehr ältere Kinder und fast alle Jugendlichen sind vor
allem Cliquen oder Gruppen diejenigen Alltags- und Lebensorte,
in denen sie Kontakte zu Gleichaltrigen haben und Anerkennung
bekommen. Dort können sie Spaß haben und ihr Bedürfnis nach
»Action« ausleben. Die Gruppe und ihre »Philosophie« geben ihnen
Halt und Orientierung, daran können sie die eigene Identität ausrichten.
Streetwork setzt an diesen Strukturen an und bindet sie in die Arbeit
mit den Kindern und Jugendlichen ein. Streetwork erreicht die Minderjährigen,
die sonst nicht oder nur schwer zu erreichen sind. In
den Krisen des Aufwachsens und bei vielfältigen Problemen in Elternhaus,
Schule, Beruf, Alltag und Freizeit, aber auch innerhalb der
Gruppen selbst, bietet Streetwork eine Fülle unterschiedlicher Hilfen
an. Als Teil der Jugendhilfe kann Streetwork für die Hilfeangebote
auf eine Vielzahl von Einrichtungen und Institutionen zurückgreifen,
kann die Kinder und Jugendlichen dorthin vermitteln. Streetwork
kann und will dazu beitragen, ihnen die häufig hinderliche Angst
vor der Jugendhilfe zu nehmen und sie zu motivieren, deren Angebote
nachzufragen und zu akzeptieren.
Nun weisen Politik und Medien seit Jahren öffentlichkeitswirksam
auf einen angeblichen Anstieg der Kinder- und Jugendkriminalität
hin; die Kinder- und Jugendhilfe ist in diesem Zusammenhang stark
unter Druck geraten. Sie wird vor allem für die strafunmündigen
Kinder in Anspruch genommen, denn für diese haben Polizei und
Justiz keine oder nur geringe Zuständigkeiten. Die delinquenten
Kinder sollen – so die Erwartungen der Öffentlichkeit – einerseits
»nicht so einfach davon kommen«, andererseits soll die Kinder- und
Jugendhilfe der Ausgrenzung delinquenter Kinder entgegenwirken.
Neben den fast schon »traditionellen« im Kinder- und Jugendhilfegesetz
(KJHG) verankerten Angeboten wie z.B. »Soziale Gruppenarbeit«
(§29 KJHG) (siehe den Beitrag Welz-Stadelbauer/ Schäfer in
diesem Band) wird auch im Rahmen aufsuchender Jugendarbeit versucht,
delinquentem Verhalten von Kindern vorzubeugen. Auch im
Leipziger Jugendamt wurde 1991 Mobile Jugendarbeit /Streetwork
im Sachgebiet Jugendsozialarbeit eingerichtet. Zunächst vor allem
www.dji.de/jugendkriminalitaet