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Wider die Ratlosigkeit im Umgang mit Kinderdelinquenz

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Arbeitsstelle Kinder- und Jugendkr<strong>im</strong>inalitätsprävention (Hrsg.):<br />

<strong>Wider</strong> <strong>die</strong> <strong>Ratlosigkeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Umgang</strong> <strong>mit</strong> <strong>Kinderdelinquenz</strong>.<br />

Präventive Ansätze und Konzepte. München 2000<br />

Zuhause. Auch das weist mehr auf <strong>die</strong> Problematik von Mädchenleben,<br />

Gewalterfahrungen und geschlechtertypischen Anforderungen<br />

(z.B. bei Hausarbeit, Geschwisterbetreuung) hin, als daß es als<br />

Chance der geschlossenen Unterbringung gedeutet werden kann.<br />

Problematisch ist, daß <strong>die</strong>se Angebote nur von wenigen als Chance<br />

wahrgenommen werden – subjektiv bedeutet <strong>die</strong> Maßnahme für<br />

<strong>die</strong> meisten Mädchen vor allem Strafe und massive Einschränkung.<br />

Für viele ist geschlossene Unterbringung eine neue Traumatisierung<br />

und auch Gewalterfahrung, denn <strong>die</strong> Kraft der He<strong>im</strong>subkultur ist<br />

nicht zu unterschätzen. Vor allem Mädchen, <strong>die</strong> sich verbal und<br />

körperlich nicht so gut durchsetzen können und <strong>die</strong> in der He<strong>im</strong>hierarchie,<br />

in etwa vergleichbar <strong>mit</strong> der Gefängnissubkultur, eine<br />

schwache Position haben, erleben durch andere Mädchen z.T.<br />

massive Gewalterfahrungen, vor denen sie auch eine intensive Betreuung<br />

nicht schützen kann.<br />

Ein Haupteinwand liegt auch in der mangelnden Übertragbarkeit<br />

der <strong>im</strong> geschlossenen He<strong>im</strong> gemachten Erfahrungen auf das Leben<br />

danach. Die Erfahrungen werden unter starkem Anpassungsdruck<br />

an eine künstliche Welt gemacht und sind deshalb keine echten<br />

Lernerfahrungen. Sie können deshalb auch nicht z.B. auf das Herkunftsmilieu<br />

übertragen werden. Milieuorientierte Ansätze zeigen,<br />

daß herkunftsnahe soziale Arbeit gute Erfolge zeigt und nicht zuletzt<br />

aus ökonomischen Gründen sinnvoller als <strong>die</strong> geschlossene<br />

Unterbringung ist. Dafür spricht nicht zuletzt <strong>die</strong> Tatsache, daß auch<br />

in der geschlossenen Unterbringung versucht wird, durch Arbeit<br />

<strong>mit</strong> den Eltern und dem Freundeskreis der Mädchen <strong>im</strong> Milieu tätig<br />

zu sein – wenngleich <strong>mit</strong> einem ungleich höheren finanziellen und<br />

personellen Aufwand.<br />

Strukturell-problematisch dabei ist auch, daß keine Vorhersage gemacht<br />

werden kann, für welche Mädchen <strong>die</strong>se Maßnahme eine<br />

wirkliche Chance bedeutet. Uneindeutige Indikationen und hohe<br />

Zufälligkeit bei der Auswahl, wer geschlossen untergebracht wird,<br />

lassen keine Möglichkeit einer zielgerichteten Auswahl zu. Für eine<br />

Maßnahme <strong>mit</strong> einem so hohen Aufwand bei gleichzeitig gesellschaftspolitisch<br />

bedenklichem Auftrag ist das m.E. ein problematischer<br />

Ausgangspunkt. Es stellt sich – trotz der zum Teil guten inhaltlichen<br />

Arbeit in geschlossenen He<strong>im</strong>en - <strong>die</strong> Frage nach der tatsächlichen<br />

pädagogisch-therapeutischen Legit<strong>im</strong>ation eines so teuren und politisch<br />

hochbrisanten Angebotes. Die aktuellen Nachfragen nach<br />

mehr geschlossenen He<strong>im</strong>en lassen sich weniger auf gesicherte wissenschaftliche<br />

Ergebnisse über »Erfolge« <strong>die</strong>ser Maßnahmen zurückführen<br />

als auf ordnungspolitische Phantasien, in denen geschlossene<br />

Unterbringung als Wunder<strong>mit</strong>tel gegen mißliebige und/oder straf-<br />

www.dji.de/jugendkr<strong>im</strong>inalitaet

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