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Wider die Ratlosigkeit im Umgang mit Kinderdelinquenz

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Erfahrungen der Mädchen<br />

191<br />

Arbeitsstelle Kinder- und Jugendkr<strong>im</strong>inalitätsprävention (Hrsg.):<br />

<strong>Wider</strong> <strong>die</strong> <strong>Ratlosigkeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Umgang</strong> <strong>mit</strong> <strong>Kinderdelinquenz</strong>.<br />

Präventive Ansätze und Konzepte. München 2000<br />

In Interviews haben ehemals geschlossen untergebrachte Mädchen<br />

von ihren Erfahrungen <strong>im</strong> He<strong>im</strong> berichtet (vgl. Pankofer 1997, 1998).<br />

Die meisten Mädchen und jungen Frauen zeigen nach ihrer Entlassung<br />

bzw. nach dem Weggehen aus dem geschlossenen He<strong>im</strong> eine<br />

relativ hohe Legalbewährung und wenig delinquentes bzw. kr<strong>im</strong>inelles<br />

Verhalten – ein geschlechtsspezifisch erwartbares Ergebnis.<br />

Ausnahme sind Mädchen <strong>mit</strong> starkem Drogenkonsum und daraus<br />

resultierender Kr<strong>im</strong>inalität.<br />

Aus der Sicht der Mädchen hat <strong>die</strong> Phase der geschlossenen Unterbringung<br />

in ihrem Lebensverlauf große Bedeutung: Für sie war <strong>die</strong>se<br />

Zeit wichtig, doch ihre Gedanken und Gefühle sind ambivalent. Für<br />

einige war <strong>die</strong> Unterbringung - neben all den traurigen Gefühlen<br />

und der nur durch <strong>die</strong> Ausgänge zu ertragenden Geschlossenheit –<br />

eine wichtige Erfahrung, in der sie gelernt haben, sich auf ihre Ressourcen<br />

(z.B. bzgl. des Freundeskreises – wer ist geblieben?) und<br />

Fähigkeiten zu besinnen. Für viele ist der vorher unerreichbare<br />

Schulabschluß und <strong>die</strong> Erinnerung an ein halbwegs erträgliches<br />

Schuljahr, in dem sie ihre eigenen Fähigkeiten (wieder-)entdecken<br />

konnten, wesentlich. Für manche war es nur verschwendete Zeit,<br />

und sie haben der geschlossenen Unterbringung durch eine lange<br />

Entweichung ein Ende gesetzt. Letztlich gibt es <strong>die</strong> breite Palette<br />

von Ablehnung und positiver Bewertung.<br />

Wichtig für <strong>die</strong> Bewältigung der Zeit waren vor allem Freundschaften<br />

und Familie, dazu auch <strong>die</strong> anderen Mädchen <strong>im</strong> He<strong>im</strong>, <strong>mit</strong> denen –<br />

fast wie <strong>im</strong> Sinne einer Selbsthilfegruppe – ein Austausch über <strong>die</strong><br />

gemeinsame, schwierige Situationen möglich war. Auch von den<br />

Pädagoginnen und Pädagogen fühlten sich <strong>die</strong> Mädchen unterstützt,<br />

trotz des großen Machtgefälles. Sie benennen vor allem <strong>die</strong> verbindliche<br />

Beziehungsarbeit, <strong>die</strong> sie als Wertschätzung ihrer Person deuten<br />

und von der sie profitiert haben. Natürlich sind <strong>die</strong>se Beziehungen<br />

nicht nur einfach gewesen. Der hohe Abhängigkeitsgrad führte<br />

zu manchen »Schle<strong>im</strong>aktionen« und situativen Anpassungsleistungen,<br />

um Vorteile zu erlangen oder sie zu behalten.<br />

Insgesamt stehen <strong>die</strong> Mädchen der geschlossenen Unterbringung<br />

sehr kritisch gegenüber, auch wenn sie selbst nicht wissen, <strong>mit</strong> welchem<br />

Angebot sie in der damaligen Phase erreichbar gewesen wären.<br />

Aus meiner Perspektive war jedoch <strong>die</strong> geschlossene Unterbringung<br />

bei einigen Mädchen nicht unbedingt indiziert, wenngleich aufgrund<br />

eines Mangels an Alternativen nur wenig anderes möglich<br />

war. Das daraus abzuleitende Argument heißt nicht, geschlossene<br />

Unterbringung weiter auszubauen. Es sollten flexible Hilfen <strong>im</strong> Interesse<br />

der delinquenten Kinder und Jugendlichen entwickelt werden,<br />

statt Energien in <strong>die</strong> Verfeinerung eines problematischen, trotzdem<br />

aber nicht zu verteufelnden Angebotes zu stecken.<br />

www.dji.de/jugendkr<strong>im</strong>inalitaet

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