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Panorama<br />

Offener Brief »<br />

»Streng mal deinen Physikerkopf an!«<br />

Joachim Luther über die Unabdingbarkeit der<br />

Solarenergie – schon lange vor Fukushima<br />

Joachim Luther ist einer der prominentesten<br />

Solarforscher weltweit –<br />

nicht zuletzt aus diesem Grund wurde<br />

er nach seiner Zeit als Leiter des<br />

Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme<br />

mit dem Aufbau eines Solarforschungsinstituts<br />

in Singapur betraut.<br />

Luther ist zudem ein Wissenschaftler,<br />

der sich stets Gedanken über die politischen<br />

Wirkungen seines Tuns gemacht<br />

und dies auch kundgetan hat. <strong>PHOTON</strong><br />

sprach mit ihm über den ewigen Zwist<br />

zwischen Atom- und Solarforschung<br />

und den offenen Brief von 500 Wissenschaftlern<br />

an Bundeskanzlerin Merkel.<br />

Joachim Luther vor dem Gebäude des Solar Energy Research Institute of Singapore (SERIS)<br />

Solar Energy Research Institute of Singapore (SERIS)<br />

<strong>PHOTON</strong> Herr Luther, sie haben sich zu Beginn<br />

Ihrer Karriere mit Atomphysik befasst,<br />

aber nicht mit Atomkraft<br />

Joachim Luther Richtig, Physiker verstehen<br />

unter Atomphysik die Physik von<br />

der Atomhülle. Mit dem Atomkern, also<br />

mit der Kernenergie, habe ich mich wissenschaftlich<br />

nicht beschäftigt, sondern<br />

nach der Promotion Ende der 60er-Jahre<br />

eben Atomphysik und später Laserphysik<br />

gemacht, also Grundlagenforschung.<br />

<strong>PHOTON</strong> Das war eine Zeit, in der viele,<br />

gerade junge, Physiker von der Kernkraft<br />

als Energiequelle fasziniert waren.<br />

Luther Ob ich nun richtig fasziniert war,<br />

weiß ich nicht, aber ich fand die Kernenergie<br />

schon eine tolle Sache. Da gab es ja den<br />

Begriff von der »friedlichen Nutzung der<br />

Kernenergie«, von einer unerschöpflichen<br />

und völlig sicheren Energiequelle für die<br />

Menschheit. Ich habe es wohl gar nicht<br />

richtig durchdacht, sondern einfach hingenommen,<br />

weil alle davon geredet haben<br />

und ich keine Kritik daran kannte.<br />

Doch dann musste ich für die Physikdiplomprüfung<br />

ein Wahlfach aussuchen<br />

und habe mich für Strahlenbiologie entschieden.<br />

In diesem Zusammenhang habe<br />

ich Zellen mit radioaktiver Strahlung aus<br />

einer »Kobaltbombe« bestrahlt und unter<br />

dem Mikroskop analysiert, wie sich<br />

die Chromosomen, also letztlich das Erbgut<br />

der Zellen, aufgrund der Bestrahlung<br />

verändert haben. Anschließend habe ich<br />

mich damit beschäftigt, welche Folgen<br />

auch niedrige Strahlendosen haben, wie<br />

sie bei Kernkraftwerksunfällen selbst in<br />

größeren Entfernungen auftreten können.<br />

Denn dass beim Betrieb dieser Anlagen<br />

auch einmal was schiefgehen kann,<br />

wurde schon damals zunehmend klar.<br />

Da habe ich angefangen, das Ganze nicht<br />

mehr für so friedlich zu halten. Das war<br />

ein langsamer Prozess. Anfang der 70er-<br />

Jahre war ich dann aber dezidiert gegen<br />

Kernenergie und habe gesagt: »Das sollten<br />

wir nicht machen, wenn wir es vermeiden<br />

können.« Ich habe Vorträge gehalten und<br />

mich als Physiker, wie ich hoffe, fundiert<br />

kritisch zur Kernenergie geäußert.<br />

<strong>PHOTON</strong> Hieß »gegen Kernenergie« für Sie<br />

damals schon »pro Solarenergie«<br />

Luther Nein, das ging anders. Ich bin, wie<br />

ich immer sage, im Knabenalter, nämlich<br />

mit 33 Jahren Professor geworden. Ich<br />

habe viel mit Studenten, teilweise nicht<br />

wesentlich jünger als ich, über Kernenergie<br />

diskutiert. Die kamen und sagten: »Du<br />

bist doch dagegen, aber was machen wir<br />

denn stattdessen« Da habe ich natürlich<br />

gesagt: »Das ist eine gute Frage! Dann<br />

lasst uns mal überlegen, was es an Alternativen<br />

gibt.« In einer interdisziplinären<br />

Gruppe von sieben Kollegen an der Universität<br />

Oldenburg haben wir uns dann<br />

systematisch mit solchen Alternativen beschäftigt.<br />

Wenn man das tut, kommt man<br />

relativ schnell auf die Sonnenenergie.<br />

<strong>PHOTON</strong> Man kann also sagen, dass Sie<br />

zur Solarenergie nicht nur aus naturwissenschaftlicher<br />

Neugierde, sondern<br />

auch aus energiepolitischer Motivation<br />

gekommen sind<br />

Luther »Auch« würde ich nicht sagen, sondern<br />

»ausschließlich«. Ich habe erkannt,<br />

dass es hier ein riesiges Problem für die<br />

Menschheit gibt, das zum Teil mit den<br />

Methoden der Physik zu lösen ist. In dieser<br />

Zeit wurde – insbesondere in Oldenburg<br />

– viel über die Verantwortung des<br />

Wissenschaftlers diskutiert. Und ich habe<br />

mir gesagt: »Du bist ein Physiker, das Problem<br />

hat mit Physik zu tun, also streng<br />

mal deinen Physikerkopf an!« So habe ich<br />

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<strong>PHOTON</strong> Juni 2011

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