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Praxis<br />
Fragwürdige Klauseln<br />
Die Juristen der Verbraucherzentrale NRW<br />
haben bei der Kontrolle von 30 Garantiebedingungen<br />
17 Klauseln gefunden, die ihrer<br />
Meinung nach gegen das Verbraucherrecht<br />
verstoßen. Sehr häufig geht es dabei um<br />
Verstöße gegen die Paragrafen 307 und<br />
477 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).<br />
Diese umfassen Bestimmungen zu den<br />
Allgemeinen Geschäftsbedingungen, zu<br />
denen auch Garantiebedingungen zählen.<br />
Dazu fordert das Gesetz eine besondere<br />
Transparenz sowie eine Ausgewogenheit<br />
der Interessen von Vertragsparteien.<br />
Ausschluss der Kostenübernahme<br />
Wenn in Garantiebestimmungen der Ersatz von<br />
Kosten für Transport, Demontage und Montage ausgeschlossen<br />
wird, sei der Zweck des Garantievertrages<br />
– Ersatz bei Produktfehlern und Leistungsverlusten<br />
– erheblich gefährdet. Das stehe im Widerspruch<br />
zum BGB und zum Gesetz gegen den unlauteren<br />
Wettbewerb. »Die Vorschrift des Paragrafen 307<br />
Absatz 2 BGB soll verhindern, dass der Verwender<br />
von Allgemeinen Geschäftsbedingungen das, was er<br />
dem Kunden mit der einen Hand gibt, diesem sogleich<br />
mit der anderen Hand wieder wegnimmt, indem er<br />
etwa eine Pflicht übernimmt, sich aber zugleich von<br />
ihrem charakteristischen Inhalt wieder freizeichnet«,<br />
argumentiert die Verbraucherzentrale.<br />
»Vetorecht« und »Exklusives Ermessen«<br />
Eine Klausel, die dem Modulhersteller das letzte<br />
Wort darüber lässt, ob ein Garantiefall vorliegt,<br />
öffne der Willkür Tür und Tor. Der Anlagenbetreiber<br />
sei durch ein solches »Vetorecht« oder »Exklusives<br />
Ermessen« dem Garantiegeber hierdurch vollkommen<br />
ausgeliefert. Auch das sei ein Verstoß gegen<br />
Paragraf 307 des BGB.<br />
Verbraucherschützer Holger Schneidewindt: »Wir werden klagen«<br />
»Gewährleistung« statt<br />
»Garantie«<br />
Manche Hersteller bezeichnen ihre<br />
freiwillige Garantie als »Gewährleistung«.<br />
Hinter diesem Begriff verbirgt sich jedoch<br />
ein gesetzliches Recht. Die Verbraucherschützer<br />
argumentieren, die Bezeichnung<br />
»Gewährleistung« könne im Zusammenhang<br />
mit den Garantiebedingungen den<br />
Anschein erwecken, dass dem Käufer eines<br />
Solarmoduls weniger als die gesetzlichen<br />
Rechte zustünde. Das sei nach der Rechtsprechung<br />
ein Verstoß gegen das Bürgerli-<br />
che Gesetzbuch (BGB).<br />
teller gemeldet werden muss. Ab wann die Frist zu<br />
laufen beginnt, wird jedoch häufig nicht deutlich<br />
gemacht – ein Verstoß gegen das Transparenzgebot<br />
des Paragrafen 307 BGB. Fristen im Bereich von einer<br />
Woche bis zu einem Monat seien zusätzlich unangemessen,<br />
da sie weder Urlaubs- und Krankheitszeiten<br />
berücksichtigten noch die Zeit, die nötig sei, um Fachleute<br />
hinzuzuziehen, die den Schaden bestätigen<br />
können. Schließlich seien auch formale Anforderungen<br />
– etwa die <strong>Info</strong>rmation über einen Schaden per<br />
Einschreiben – unwirksam. Ähnliche Kritikpunkte hat<br />
die Verbraucherzentrale auch an den gelegentlichen<br />
Einschränkungen der Klagefrist.<br />
Ausschlussgründe<br />
In allen Garantiebedingungen sind Gründe zu<br />
finden, die den Modulhersteller davon entbinden, die<br />
Garantieleistung zu gewähren. Beispielsweise »Nachlässigkeit«<br />
oder »missbräuchliche Verwendung«.<br />
Die Verbraucherschützer monieren, dass diese Begriffe<br />
zu unbestimmt seien und der Modulbesitzer nicht<br />
wissen könne, was er dürfe und was nicht. Das Verbot<br />
des Aus- und Wiedereinbaus der Module sei eine<br />
deutliche Einschränkung der Interessen des Verbrauchers:<br />
So müssten sie zum Beispiel bei Bauarbeiten<br />
am Dach den Verfall der Garantie hinnehmen. Es sei<br />
auch nicht nachzuvollziehen, warum solche Arbeiten<br />
nur von »autorisierten« Servicekräften verrichtet werden<br />
dürften, wenn auch andere Fachleute dazu in der<br />
Lage seien.<br />
Nachweispflicht<br />
Hier gilt ähnliches wie beim »Ausschluss<br />
der Kostenübernahme«. Hinzu kommt: Wenn<br />
der Modulhersteller dem Anlagenbetreiber<br />
die Kosten für den Nachweis eines Schadens<br />
aufbürde, schließe er von vornherein<br />
diejenigen Betreiber von der Garantie aus,<br />
die einen solchen Nachweis nicht bezahlen<br />
können. Für solche Käufer würde die Garantie<br />
wertlos.<br />
Fristen<br />
In vielen Garantien ist zu lesen, dass der Schaden<br />
innerhalb einer kurzen Frist beim Modulhers-<br />
Garantieleistungen<br />
Die Erstattung des Kaufpreises/Zeitwertes<br />
widerspricht nach Ansicht der Verbraucherschützer<br />
von vornherein dem Grundgedanken<br />
einer Leistungsgarantie und damit<br />
auch dem Paragraf 307 BGB. Die einfache<br />
Argumentation: Wenn die Minderleistung<br />
nicht behoben wird, handelte es sich auch<br />
nicht um eine Leistungsgarantie. Die Wirtschaftlichkeit<br />
der Anlage werde dadurch gerade<br />
nicht gesichert. Auch mit zusätzlichen<br />
oder anders gearteten Modulen werde das<br />
Garantieversprechen nicht unbedingt eingelöst.<br />
Denn für diese sei nicht immer Platz<br />
auf dem Dach. Auch dass sie gelegentlich<br />
optisch und elektrisch nicht mit der bestehenden<br />
Anlage harmonierten, sei unter Umständen gegen<br />
das Kundeninteresse.<br />
Holger Schneidewindt<br />
Intransparente Klauseln<br />
Manche Modulhersteller verteilen bedeutsame<br />
Regelungen zu Garantien und Fristen über die<br />
gesamten Bestimmungen. Diese »Gießkannen-<br />
Technik« führe dazu, dass der Verbraucher sich<br />
in mühevoller Recherche alle für ihn relevanten<br />
Punkte zusammensuchen müsse. Das sei ein Verstoß<br />
gegen das Transparenzgebot für Garantien des<br />
Paragrafen 477 BGB.<br />
Gerichtsstand und Sprache<br />
Garantiebedingungen, bei denen im Zweifel<br />
eine Version in englischer Sprache maßgeblich ist,<br />
sei ein Verstoß gegen das Transparenzgebot nach<br />
Paragraf 307 BGB. Verboten nach der Zivilprozessordnung<br />
sei die Festlegung eines ausländischen<br />
Gerichtsstandes.<br />
Werbung mit Garantien<br />
Nach Ansicht der Verbraucherzentrale ist auch<br />
die Werbung mit Garantien vielfach wettbewerbswidrig.<br />
Denn sie wecke allzu leicht falsche Erwartungen<br />
bei den Verbrauchern. Diese müssten annehmen,<br />
dass die Garantien nur Vorteile brächten. Das<br />
ist jedoch nicht der Fall, insofern sei eine solche<br />
Werbung irreführend und damit unlauter. cpo<br />
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<strong>PHOTON</strong> Juni 2011