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ıı - PHOTON Info

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Panorama<br />

<strong>ıı</strong><br />

jahrelang anhören musste und teilweise<br />

auch noch anhören muss. Oder gibt es da<br />

einen prinzipiellen Unterschied<br />

Luther Ja, den gibt es. Die Photovoltaik ist<br />

eine bewährte Technologie. Sie hat über<br />

die Jahre funktioniert und gezeigt, dass<br />

sie die Kosten stetig und kräftig reduzieren<br />

kann. Auf der Basis von Kernfusion ist hingegen<br />

– einmal abgesehen von den prinzipiellen<br />

Gefahren, die es auch bei dieser<br />

Technologie gibt – noch nie ein Kraftwerk<br />

gebaut worden. Da liegt das Problem. Ich<br />

persönlich glaube schon, dass man einen<br />

funktionierenden Kernfusionsreaktor<br />

bauen kann. Im Gegensatz zur Photovoltaik<br />

kann heute aber niemand mit hinreichender<br />

Sicherheit sagen, ob man mit dieser<br />

Technologie jemals elektrische Energie<br />

sicher und kostengünstig erzeugen kann.<br />

<strong>PHOTON</strong> Ist es nicht grundsätzlich problematisch,<br />

wenn eine Gruppe von Wissenschaftlern<br />

fordert, einer anderen Gruppe<br />

die Forschungsmittel zu entziehen<br />

Luther Richtig, eigentlich macht man so<br />

etwas nicht unter Wissenschaftlern. Aber<br />

die Forderung, sich den Kernfusionsetat<br />

einmal genau anzusehen, kommt daher,<br />

dass gesagt wird, wir hätten nicht genügend<br />

Geld, um die erneuerbaren Energien<br />

hinreichend schnell hoch zu fahren.<br />

Und dem kann man nur entgegnen:<br />

»Aber für Kernfusion steht anscheinend<br />

genügend Geld zur Verfügung!« Zumal<br />

ja die Kosten für den ITER, den Internationalen<br />

Thermonuklearen Experimentalreaktor,<br />

völlig aus dem Ruder laufen.<br />

Und dann stecken die Deutschen noch<br />

Hunderte von Millionen Euro in ein eigenes<br />

nationales Forschungsprojekt, den<br />

»Stellerator« in Greifswald, der auf einer<br />

weitgehend anderen Technologie als die<br />

des ITER basiert. Ich verstehe ja die Wissenschaftler,<br />

das ist schon ein spannendes<br />

Thema. Aber wir haben ein aktuelles,<br />

veritables Energieversorgungsproblem,<br />

und gleichzeitig heißt es, wir haben nicht<br />

genug Geld. Deshalb sollte man die Sache<br />

mit der Kernfusion diskutieren.<br />

<strong>PHOTON</strong> Das hat aber ja auch etwas mit<br />

Lobbyismus zu tun. Hat vielleicht die<br />

Photovoltaik über die Jahre den Fehler<br />

gemacht, in solchen Diskussionen nicht<br />

aggressiv genug aufzutreten Haben die<br />

Photovoltaikbefürworter selbst in zu<br />

kleinen Maßstäben gedacht, so, als seien<br />

sie eben erst in ferner Zukunft dafür<br />

zuständig, die Energieversorgung von Industrieländern<br />

zu bestreiten<br />

Luther Ich habe so etwas nie gesagt. Es gibt<br />

ein Buch mit dem nicht gerade bescheidenen<br />

Titel »Energieversorgung der Zukunft«<br />

von Joachim Nitsch und mir, das ist 1989<br />

erschienen. Schon auf dem Einband wird<br />

in einer Grafik die Energieversorgung von<br />

1989 über die Stationen 2000, 2020 und<br />

2050 dargestellt. Wir gingen davon aus,<br />

dass es 2020 bei uns keine Kernenergie<br />

mehr gibt, die fossilen Energieträger würden<br />

nur noch die Hälfte der Versorgung<br />

sicherstellen. Für 2050 gingen wir von einem<br />

Anteil von Solarenergie von 50 Prozent<br />

aus. Fossile Energieträger würden nur<br />

noch in geringem Umfang genutzt. Wir<br />

lagen da gar nicht so falsch.<br />

<strong>PHOTON</strong> Einerseits ist es sicher hilfreich,<br />

Szenarien zu entwerfen und sich Gedanken<br />

zu machen. In der konkreten Diskussion,<br />

beispielsweise um die hohen volkswirtschaftlichen<br />

Kosten der Photovoltaik,<br />

hätten sich aber doch Wissenschaftler<br />

auch einmal zu Wort melden und darauf<br />

hinweisen können, dass man Solarstrom<br />

nicht so teuer verkaufen muss, wie<br />

es über weite Strecken passiert ist.<br />

Luther Das ist im Prinzip richtig. Aber<br />

es ist kein ausschließliches Problem der<br />

Wissenschaftler. Bei börsennotierten<br />

Unternehmen waren die Gewinne allgemein<br />

bekannt, bei den anderen waren<br />

die Gewinnstrukturen nicht richtig<br />

durchsichtig. Zudem waren die Gewinne<br />

in unterschiedlichen Stufen der Wertschöpfungskette<br />

sehr unterschiedlich.<br />

Ich will mich aber nicht herausreden, die<br />

Diskussion hätte früher beginnen müssen.<br />

Auf der anderen Seite hat die Industrie<br />

ihre – teilweise großen – Gewinne im<br />

Wesentlichen wieder in effizientere Produktionsanlagen<br />

investiert und damit<br />

zu einer Kapazitätsausweitung und einer<br />

beschleunigten Kostensenkung beigetragen.<br />

Die sehr erfolgreiche Einspeisevergütung<br />

hat den prinzipiellen Nachteil,<br />

dass man die einmal gesetzten Preisparameter<br />

immer erst im Nachhinein richtig<br />

bewerten kann. Deutschland ist hier<br />

aber doch sehr erfolgreich.<br />

Im Gegensatz dazu haben die Spanier<br />

und wohl auch die Italiener in der jüngsten<br />

Vergangenheit beträchtliche Fehler beim<br />

Justieren der Einspeisegesetze gemacht.<br />

Das ist ganz schlimm und schadet einer<br />

vernünftigen Marktentwicklung. Eine<br />

derartig krasse Fehlentwicklung hat es in<br />

Deutschland nicht gegeben. Und die kürzlich<br />

erfolgte Abstimmung der deutschen<br />

Photovoltaikindustrie mit der Politik zeigt<br />

für mich, dass auf beiden Seiten der Wille<br />

zu einer vernünftigen Weiterentwicklung<br />

des Einspeisegesetzes besteht.<br />

<strong>PHOTON</strong> Vielen Dank für das Gespräch!<br />

Interview Jochen Siemer<br />

<strong>PHOTON</strong> Juni 2011 141

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