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Der Hygieniker und Ernährungswissenschaftler Werner Kollath

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Gunther Viereck<br />

tamine bzw. vitaminähnliche Stoffe vermutet wurden. Seine Forschungen berührten<br />

neben der Bakteriologie auch das Gebiet der Biophysik <strong>und</strong> Biochemie; zusammen<br />

mit verschiedenen Forschern aus Breslau führte er eine Reihe von interdisziplinären<br />

Forschungsvorhaben durch. 3 1926 erfolgte dann die Habilitation mit einer Arbeit<br />

über „Vitaminsubstanz oder Vitaminwirkung?“. 4<br />

Mit der Zeit rückten an die Stelle der Bakterien Tiere als Versuchsobjekte, <strong>und</strong><br />

Vitaminmangelerkrankungen nahmen einen immer größeren Platz in seinen Untersuchungen<br />

ein. Im Gegensatz zu anderen Kollegen verfolgte er dabei einen ganzheitlichen<br />

Ansatz. Getreu dem aristotelischen Motto „Das Ganze ist mehr als die Summe<br />

seiner Teile“ ging er davon aus, dass diese Erkrankungen nicht allein auf das<br />

Fehlen bzw. Vorhandensein bestimmter Vitamine <strong>und</strong> Stoffe zurückzuführen sind,<br />

sondern ihre Ursache im Wechselspiel zwischen diesen bzw. bestimmter, erst noch<br />

zu entdeckender Kräfte haben. Sein medizinischer Hintergr<strong>und</strong> war ihm dabei hilfreich.<br />

Die bei seinen Versuchen mit Fütterungsdiäten gemachten Beobachtungen führten<br />

dazu, dass sich <strong>Kollath</strong> verstärkt dem Gebiet der Ernährung widmete. Seine akademische<br />

Karriere gewann an Fahrt. 1932 wurde er zum außerordentlichen Professor<br />

<strong>und</strong> im Herbst 1933 zum stellvertretenden Direktor des Hygienischen Instituts<br />

Breslau ernannt. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten stellte sich<br />

<strong>Kollath</strong> auf seine Weise auf die neuen Zeiten ein. Im April 1933 beantragte er die<br />

Aufnahme in die NSDAP <strong>und</strong> wurde im Oktober des Jahres förderndes Mitglied der<br />

SS. Zudem war er Mitglied im Reichsluftschutzb<strong>und</strong>, der Reichskammer der bildenden<br />

Künste <strong>und</strong> wie viele andere Pädagogen auch im Nationalsozialistischen Lehrerb<strong>und</strong><br />

bzw. dem Nationalsozialistischen Deutschen Dozentenb<strong>und</strong>. 5<br />

Es stellt sich die Frage: Tat er dies aus innerer Überzeugung oder eher, um seine<br />

Karriere nicht zu gefährden <strong>und</strong> weiter zu befördern? Egal wie die Antwort ausfällt,<br />

fest steht, dass sich <strong>Kollath</strong> frühzeitig mit dem Regime arrangierte, wie auch die folgende<br />

Zeit zeigt. Er selbst hat sich später dazu nicht geäußert, sieht man von einigen<br />

Schreiben ab, mit denen er nach 1945 vergeblich seine antifaschistische Gesinnung<br />

zu belegen versuchte. Auch die von seiner Frau Elisabeth nach dem Tod veröffentlichten<br />

Biographien klammern dieses Kapitel völlig aus. 6 Zwar vermitteln sie durchaus<br />

interessante Fakten aus dem Leben <strong>Kollath</strong>s, tragen aber – was zu erwarten war<br />

3 Herbert Warning, <strong>Werner</strong> <strong>Kollath</strong>. Wissenschaftliche Arbeiten. Bad Homburg 1963.<br />

4 <strong>Werner</strong> <strong>Kollath</strong>, Vitaminsubstanz oder Vitaminwirkung? Eine Studie über Zusammenhänge<br />

zwischen Mineral- <strong>und</strong> Sauerstoff-Stoffwechsel, Phosphatiden <strong>und</strong> ultraviolettem Licht, geprüft an<br />

den Wachstumsbedingungen des Influenzabazillus (Bazillus Pfeiffer), in: Zentralblatt für<br />

Bakteriologie, Parasitenk<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Infektionskrankheiten Abt. 1. Bd. 100, 1926, 97-145.<br />

5 Jörg Melzer, Vollwerternährung. Diätetik, Naturheilk<strong>und</strong>e, Nationalsozialismus, sozialer<br />

Anspruch. Stuttgart 2003, 216. <strong>Der</strong> Eintritt in die NSDAP erfolgte erst im Mai 1934, da der erste<br />

Antrag verloren ging.<br />

6 Elisabeth <strong>Kollath</strong>, <strong>Werner</strong> <strong>Kollath</strong>. Forscher, Arzt <strong>und</strong> Künstler. München 1973; dies., Vom<br />

Wesen des Lebendigen. Biographie des <strong>Ernährungswissenschaftler</strong>s Prof. Dr. med. <strong>Werner</strong><br />

<strong>Kollath</strong> (1892-1970). Lebensbilder, wissenschaftliches Werk, Idee <strong>und</strong> Vermächtnis. Stuttgart<br />

1989.

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