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Der Hygieniker und Ernährungswissenschaftler Werner Kollath

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<strong>Der</strong> <strong>Hygieniker</strong> <strong>und</strong> <strong>Ernährungswissenschaftler</strong> <strong>Werner</strong> <strong>Kollath</strong> 113<br />

beiten in diesen 10 Jahren verfolgt, wird feststellen, dass eine immer stärkere<br />

Gegnerschaft in den Tatsachen <strong>und</strong> Ideen zum Ausdruck kommt. […] So habe<br />

ich mein Leben benutzt, um wissenschaftlich die Waffen gegen den Faschismus<br />

zu schmieden.“ 27<br />

Jedoch halfen all seine Beteuerungen nichts. Er wurde nicht wieder in den Hochschuldienst<br />

eingestellt. Auch seine Aufnahmeanträge in die KPD <strong>und</strong> SED wurden<br />

abgelehnt. Als er Anfang 1947 auch seines Amtes als Direktor des Ges<strong>und</strong>heitsamtes<br />

enthoben wurde, beschloss das Ehepaar <strong>Kollath</strong> angesichts der unsicheren Zukunft,<br />

die sowjetische Besatzungszone zu verlassen. Anfang März flohen sie über<br />

Westberlin nach Hannover <strong>und</strong> kamen dort beim Keksfabrikanten Bahlsen unter, für<br />

den <strong>Kollath</strong> in den folgenden Jahren als Berater arbeitete.<br />

<strong>Kollath</strong> kannte Bahlsen aus seiner Rostocker Zeit, als er für diesen Fliegerabwurfnahrung<br />

entwickelt <strong>und</strong> getestet hatte. Neben der Beratertätigkeit bereitete er die<br />

Neuauflage seines Hygienelehrbuchs vor. Das Honorar ermöglichte ihm <strong>und</strong> seiner<br />

Frau eine ausgedehnte Südamerikareise (Herbst 1950 bis Sommer 1951). In Santiago<br />

de Chile hielt er mehrere Vorträge über Ernährung, woraufhin ihm eine Stelle an<br />

der Medizinischen Fakultät angeboten wurde. <strong>Kollath</strong> lehnte ab, obwohl er in<br />

Deutschland nie wieder an einer Hochschule arbeitete. Immerhin wurde er 1952 offiziell<br />

in den vorzeitigen Ruhestand versetzt, was dem Ehepaar <strong>Kollath</strong> durch die<br />

Pensionsbezüge eine gewisse finanzielle Sicherheit verschaffte. Daneben war er mit<br />

dem <strong>Kollath</strong>-Frühstück – einem speziellen Getreidemüsli – <strong>und</strong> anderen Vollwertprodukten<br />

sowie Tierfutter als Unternehmer erfolgreich.<br />

<strong>Werner</strong> <strong>Kollath</strong> widmete sich nun vor allem der Verbreitung seiner Ernährungslehre.<br />

Er war Mitglied in verschiedenen Ernährungsgremien, hielt eine Vielzahl von<br />

Vorträgen <strong>und</strong> veröffentlichte eine Reihe von Artikeln <strong>und</strong> Büchern zu diesem<br />

Thema. Über die Jahre präzisierte <strong>und</strong> verfeinerte er seine Theorie der „Vollwert-<br />

Ernährung“, ohne ihr jedoch wesentliche Neuerungen hinzuzufügen. Abseits des<br />

akademischen Lebens stehend, wurde <strong>Kollath</strong> in den letzten Jahren seines Lebens<br />

zunehmend dogmatischer in Bezug auf die eigene Ernährungslehre. Ihm gelang es<br />

nicht mehr, seine Erkenntnisse mit der aktuellen wissenschaftlichen Diskussion in<br />

Einklang zu bringen.<br />

1959 zog das Ehepaar nach Porza bei Lugano (Tessin). Dort starb <strong>Werner</strong><br />

<strong>Kollath</strong> am 19. November 1970.<br />

Was bleibt, ist ein widersprüchliches Bild der Person <strong>und</strong> des Forschers <strong>Werner</strong><br />

<strong>Kollath</strong> – so widersprüchlich wie das vieler deutscher Wissenschaftler seiner Generation.<br />

Auf der einen Seite gab er mit seinen Untersuchungen <strong>und</strong> Werken der noch<br />

jungen Ernährungswissenschaft wichtige Entwicklungsimpulse. Auch sein ganzheitliches<br />

Verständnis von Hygiene kann als modern bezeichnet werden, war aber an ein<br />

zweifelhaftes Menschen- <strong>und</strong> Gesellschaftsbild geb<strong>und</strong>en.<br />

27 UAR, PA <strong>Werner</strong> <strong>Kollath</strong>, Bl. 421.

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