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Der Hygieniker und Ernährungswissenschaftler Werner Kollath

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66<br />

Diana Heß<br />

Beobachtung <strong>und</strong> Kritik.<br />

Die Ursachen hierfür lagen vor allem in der Persönlichkeit Ganters begründet. Er<br />

hatte das Bedürfnis, sich unabhängig von nationalsozialistischer Propaganda informieren<br />

zu können. Wie einem Bericht seines Oberarztes <strong>Werner</strong> Böhme 7 (1902-<br />

1973) zu entnehmen ist, las er das Berliner Tageblatt, später täglich die Baseler<br />

Nachrichten, <strong>und</strong> verkündete dazu, dass man ausländische Zeitungen lesen müsse,<br />

um informiert zu sein. Nach dem Verbot der Baseler Nachrichten 1935 kaufte er täglich<br />

die Frankfurter Zeitung <strong>und</strong> bezeichnete sie als „doch wirklich noch recht objektiv“.<br />

8<br />

In Klinik <strong>und</strong> Universität fiel Ganter wiederholt durch das Fehlen an verschiedenen<br />

Veranstaltungen der NSDAP <strong>und</strong> untergeordneter Organisationen auf. 9 <strong>Der</strong> Betriebszellenobmann<br />

beschrieb in einem Brief an den Rektor Ernst Heinrich Brill<br />

(1892-1945) im Juni 1936 akribisch – mit genauer Wiedergabe der Gespräche zwischen<br />

Georg Ganter <strong>und</strong> sich selbst – mehrere solcher Ereignisse <strong>und</strong> folgerte: „Aus<br />

dem vorstehend Gesagten bin ich zu der Überzeugung gekommen, daß Herr Prof.<br />

Dr. Ganter sich durch sein Verhalten, obwohl er in diesem Betriebe arbeitet, außerhalb<br />

der Betriebsgemeinschaft gestellt hat.“ 10<br />

Große Bedeutung für die weiteren Ereignisse hatte eine Auseinandersetzung mit<br />

dem unter Ganter arbeitenden Oberarzt <strong>Werner</strong> Böhme, der seit 1932 leitender<br />

Oberarzt der medizinischen Röntgenabteilung in Rostock war. Im Oktober 1936<br />

wurde von Seiten des Ministeriums seine Eignung zur Arbeit im Universitätskrankenhaus<br />

angezweifelt, da er seit acht Jahren dort tätig <strong>und</strong> weder Dozent noch habilitiert<br />

war. Nach Fürsprache des Direktors der Medizinischen Universitätsklinik<br />

Hans Curschmann (1875-1950) wurde sein Vertrag verlängert. Möglicherweise lässt<br />

sich hieraus jedoch ein gewisser Druck des Ministeriums auf Böhme <strong>und</strong> sein Verhalten<br />

erklären <strong>und</strong> nachvollziehen.<br />

Die Auseinandersetzung mit Georg Ganter ereignete sich am 19. Dezember<br />

1935, als ein jüdischer Patient in die Privatpraxis Ganter kam <strong>und</strong> Böhme sich weigerte,<br />

diesen zu behandeln. Stattdessen ging er – da er von Ganter keine Unterstützung<br />

in dieser Angelegenheit zu erwarten hatte – direkt zu dem damaligen Direktor<br />

der Universitätshautklinik <strong>und</strong> späteren Rektor Ernst Heinrich Brill. Brill war nachhaltiger<br />

Befürworter der nationalsozialistischen Politik <strong>und</strong> unterstützte seinen Kollegen<br />

<strong>Werner</strong> Böhme in seiner Ablehnung. Die im Folgenden zitierten Passagen entstammen<br />

dem oben bereits erwähnten akribischen Bericht, den Böhme im Anschluss<br />

anfertigte. Böhme beschrieb den Patienten als:<br />

“geradezu klassische[n] Vertreter dieser Rasse mit allen unsympathischen<br />

Kennzeichen, nämlich ein Viehhändler L. aus Güstrow. […] Die Untersuchung<br />

dieses Mannes […] erfüllte mich mit Widerwillen <strong>und</strong> liess den Vorsatz entste-<br />

7<br />

Universitätsarchiv Rostock (UAR), Personalakte (PA) Ganter, Georg, Bl. 85.<br />

8<br />

Ebd.<br />

9<br />

Karl-Heinz Jahnke, Gegen Hitler: Gegner <strong>und</strong> Verfolgte des NS-Regimes in Mecklenburg 1933-<br />

1945, Rostock 2000, 2. Auflage, 50.<br />

10 UAR, PA Ganter, Georg, Blatt 112.

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