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Der Hygieniker und Ernährungswissenschaftler Werner Kollath

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Verbrechen an psychisch Kranken <strong>und</strong> Behinderten im Nationalsozialismus 239<br />

Eltern wurde er im März 1941 zurückverlegt. Dies rettete Karl, doch dies ahnte zu<br />

diesem Zeitpunkt wohl kaum jemand, vorerst das Leben. Sein Name stand bereits<br />

auf einer der Listen, die für die Tötungstransporte von Schwerin nach Bernburg<br />

durch die T4-Organisatoren in Berlin zusammengestellt worden waren. Die für ihn<br />

dort vergebene Z-Nummer 165.189 lässt darauf schließen. <strong>Der</strong> Aufschub war jedoch<br />

nur ein kurzer. Am 29. September 1941 wurde Karl M. durch die GEKRAT aus<br />

Rostock-Gehlsheim abgeholt <strong>und</strong> in die Zwischenanstalt Uchtspringe verlegt. Dort<br />

verstarb er am 1. April 1942 an einem, so der Eintrag in seiner Krankenakte, akuten<br />

Darmkatarrh.<br />

Karl M. war, diese Bemerkung durchzieht seine gesamte Krankenakte, ein gutmütiger<br />

Patient. „Alle Leute, die an sein Bett herantreten, lacht[e] er fre<strong>und</strong>lich an“.<br />

Auch seine Eltern kümmerten sich um ihn. Sie besuchten ihn, schickten ihm Pakete<br />

<strong>und</strong> erk<strong>und</strong>igten sich immer wieder nach seinem Befinden. Doch mit der Bilanz von<br />

15 Jahren, die Karl M. in psychiatrischen Anstalten Mecklenburgs zugebracht hatte,<br />

der Diagnose Schwachsinn sowie der Einschätzung, er sei „zu keinerlei produktiven<br />

Arbeiten zu verwerten“, hatte er trotz der relativ intakten sozialen Bindung an seine<br />

Familie keine Überlebenschance.<br />

Margarete T. (1910-1941)<br />

Auch Margarete T. war erstmals 1926 in die Psychiatrische Klinik Rostock-Gehlsheim<br />

eingewiesen worden. 33 Als uneheliches Kind am 25. Dezember 1910 geboren,<br />

war dieser Umstand „heikel“ genug, um unter der Rubrik „Erblichkeit, Familienanlage“<br />

in ihrer Krankenakte Erwähnung zu finden. Margarete T. wurde von Pflegeeltern<br />

aufgezogen. Seit Beginn ihrer schizophrenen Erkrankung im Alter von 16 Jahren<br />

scheint es zunehmend Probleme gegeben zu haben. „Wenn sie [Margarete, d.<br />

V.] ihre Erregungszustände hatte, sei sie [die Pflegemutter, d. V.] schon mehrmals<br />

tätlich angegriffen <strong>und</strong> ausserdem wurde die ganze Nachbarschaft in Aufruhr gebracht<br />

[…].“<br />

Nach dem Tod ihrer Pflegemutter im Juni 1933 verschärften sich die Schwierigkeiten<br />

<strong>und</strong> führten schließlich dazu, dass der Pflegevater Margarete entmündigen<br />

ließ. Am 17. September 1933 wurde sie zum zweiten Mal in Gehlsheim aufgenommen.<br />

Dabei war sie „ziemlich erregt [<strong>und</strong>] protestiert[e] lebhaft gegen ihre Unterbringung“.<br />

Ihr Verhalten wird als sehr querulatorisch beschrieben. Im April 1935<br />

wurde Margarete zwangssterilisiert <strong>und</strong> anschließend nach Hause entlassen. Nun<br />

folgten im Abstand von mehreren Monaten immer wieder Aufnahmen in die psychiatrische<br />

Klinik, ab November 1937 dauerhaft. Am 5. September 1939 wurde sie im<br />

Zuge kriegsbedingter Maßnahmen, wie mehr als 200 ihrer Mitpatienten, in eine andere<br />

mecklenburgische Anstalt verlegt. In Domjüch, wo es nach eigener Aussage<br />

Margaretes „schlimmer wie in Gehlsheim“ war, fühlte sie sich allein gelassen. Sie<br />

bat ihren Vorm<strong>und</strong> in einem im Februar 1940 verfassten <strong>und</strong> in ihrer Krankenakte<br />

erhalten gebliebenen Brief<br />

33 Alle folgenden Angaben BA, R179.

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