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Der Hygieniker und Ernährungswissenschaftler Werner Kollath

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Hochschulpolitik in Deutschland 1933-1945<br />

1953) mit zu den Gründungsvätern dieser Universität zählte. 29 Diese politisch motivierte<br />

Gründung – auf der Insel West-Berlin unter diesen Bedingungen eine Universität<br />

zu gründen, zeigte vor allem, dass die Amerikaner nicht abziehen würden – war<br />

Indikator für das allmähliche Auseinanderdriften der deutschen Hochschullandschaft<br />

in politisch gegeneinander positionierte Lager. Hochschulpolitik wandte sich entsprechend<br />

den neuen politischen Rahmenbedingungen teils neuen Aufgaben zu, teils<br />

arbeitete sie alte Probleme ab. 30 1951 wurde mit der Gründung der Schiffbautechnischen<br />

Fakultät Rostock die erste traditionelle Universität mit einer Technischen Fakultät<br />

versehen, also das getan, was 1932 für Breslau <strong>und</strong> 1937 für Berlin vorgesehen<br />

war, aber nie vollzogen wurde. Und auf Rostock fiel die Wahl, weil Danzig in<br />

polnische <strong>und</strong> Hamburg in westdeutsche Hände gefallen war.<br />

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Wissenschaftspolitik des Ministeriums<br />

Rust mit der Durchsetzung ihrer negativen (Entlassungen aus immer wieder<br />

präzisierten politischen <strong>und</strong> „rassischen“ Gründen) <strong>und</strong> positiven (Nachwuchsrekrutierung)<br />

Personalpolitik durchaus erfolgreich war, sodass die wissenschaftliche Qualität<br />

im Großen <strong>und</strong> Ganzen erhalten blieb. Dabei wurde insbesondere von Vertretern<br />

der für „Rasseargumente“ zugänglichen zentralen Fächer wie Medizin, Mathematik,<br />

Physik, Jura, Germanistik, Soziologie <strong>und</strong> Geschichte allerlei theoretische<br />

Überlegungen formuliert, die „Rassebedingtheit“ jeder Forschung zur Gr<strong>und</strong>lage der<br />

„Deutschen Mathematik“ etc. als guter Wissenschaft im Gegensatz zu der<br />

„verjudeten“ Mathematik als schlechter Mathematik theoretisch zu fassen <strong>und</strong> praktisch<br />

umzusetzen. Dass keine der gegen Ende der Weimarer Republik von der<br />

Schließung bedrohten Universitäten geschlossen wurde, trug zur Anerkennung der<br />

Wissenschaftspolitik des Ministeriums bei. So gelang es nicht nur, das Hochschulsystem<br />

zu stabilisieren, bis 1939/40 einen weitgehenden Generationenwechsel bei<br />

deutlich besserer finanzieller Absicherung als bisher durchzuführen, sondern auch<br />

vor allem durch die Aufrüstungs-, Expansions- <strong>und</strong> „Rasse“-Politik <strong>und</strong> den dadurch<br />

generierten Forschungs- <strong>und</strong> Entwicklungsbedarf zu profitieren. So erfüllte das<br />

deutsche Hochschulsystem – oft in Kooperation mit anderen Institutionen des Wissenschaftssystems<br />

– seine kriegsrelevanten Aufgaben (Atomforschungen, Vergeltungswaffenentwicklung,<br />

Düsenflugzeugbau, Giftgasentwicklung). Ob <strong>und</strong> wie weit<br />

antinazistische Hochschulangehörige durch „bürokratische Sabotage“ 31 inner- <strong>und</strong><br />

außerhalb der Hochschulen praktisch Erfolg gehabt haben, ist bisher kaum untersucht.<br />

So sei hier nur auf zwei Berliner Beispiele verwiesen: Max von Laue, theoretischer<br />

Physiker, <strong>und</strong> Heinrich Lüders (1869-1943), Indologe, organisieren im Frühjahr<br />

1943 auf privaten Zusammenkünften der Preußischen Akademie der Wissen-<br />

29<br />

James F. Tent, Freie Universität Berlin 1948-1988. Eine deutsche Hochschule im Zeitgeschehen.<br />

Berlin 1988.<br />

30<br />

Peter Th. Walter, „Universitäten <strong>und</strong> Hochschulen“, in: Matthias Judt ()Hrsg.), DDR-Geschichte<br />

in Dokumenten, Berlin 2003/ND B<strong>und</strong>eszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe, Bd. 350,<br />

Bonn 2010, 231-235 <strong>und</strong> 254-273.<br />

31<br />

Arnold Brecht, „Bureaucratic Sabotage“, in: Annales of the American Academy of Political and<br />

Social Sciences 189 (Juni 1937), 48-57.<br />

23

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