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Der Hygieniker und Ernährungswissenschaftler Werner Kollath

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Hochschulpolitik in Deutschland 1933-1945<br />

bejaht <strong>und</strong> darauf hingewiesen, dass Trotzki sich dann allerdings nicht politisch betätigen<br />

dürfe. Daraus ergab sich nun nicht nur auf nationalsozialistischer Seite das<br />

Argument, dass die „verjudete“ preußische Staatsregierung den jüdischen Bolschewisten<br />

Cohn der Fakultät aufoktroyiert habe <strong>und</strong> Trotzki nach Deutschland holen<br />

wolle. Es kam deswegen zu studentischen Demonstrationen, doch im Gegensatz zu<br />

Heidelberg fanden sich in Breslau ausreichend prorepublikanische Studenten, sodass<br />

es zu Schlägereien kam, weshalb die Universität zeitweise geschlossen werden<br />

musste. Cohn ging im Februar 1933 in die Schweiz <strong>und</strong> später nach London.<br />

In Berlin musste der stockreaktionäre „Kommissar des Reiches“ im preußischen<br />

Kultusministerium Wilhelm Kähler (1871-1934), im Hauptberuf Ordinarius der Nationalökonom<br />

in Greifswald, mit der Breslauer Situation fertig werden. Reichskanzler<br />

Franz von Papen (1879-1969) hatte nach der Absetzung der sozialdemokratisch<br />

dominierten preußischen Staatsregierung Otto Brauns (1872-1955) am 20. Juli 1932<br />

Reichskommissare eingesetzt, <strong>und</strong> Kähler, der am 29. Oktober 1932 sein neues Amt<br />

antrat, begann unter der Rubrik „Vereinfachung der Verwaltung“ die prorepublikanischen<br />

Ministerialräte auf einflusslose Stellen oder in den Ruhestand zu<br />

versetzen. Zudem hatte er sich eine Reihe in Göttingen zusammengestellter Hefte<br />

mit Titel <strong>Der</strong> jüdische Einfluss an den Deutschen Hohen Schulen. Ein<br />

familienk<strong>und</strong>licher Nachweis über die jüdischen <strong>und</strong> verjudeten Universitäts- <strong>und</strong><br />

Hochschulprofessoren 5 zusenden lassen, als Inspiration für seine weitere Personalpolitik.<br />

<strong>Der</strong> nicht genannte Herausgeber war der Chemiker Achim Gercke (1902-<br />

1997), der später erster Leiter des Reichssippenamts in Berlin wurde. Kähler trat<br />

Anfang Februar 1933 zurück <strong>und</strong> hielt in seinen Ende des gleichen Jahres verfassten<br />

Memoiren fest:<br />

„Von einem völligen Ausschluss der Juden <strong>und</strong> Judenstämmigen aus der<br />

akademischen Welt ist nicht die Rede gewesen, es konnte sich nur um eine<br />

Eindämmung <strong>und</strong> um eine Entjudung besonders verjudeter Fakultäten handeln.<br />

Dass dabei grosse persönliche Ungerechtigkeiten unterlaufen können,<br />

war mir bei den ersten Versuchen klar. Aber es musste in Kauf genommen<br />

werden.“ 6<br />

Am Mittwoch, dem 1. Februar 1933, brachte das Unterhaltungsblatt der in Berlin<br />

erscheinenden Vossischen Zeitung in einer Serie „Bildnisse deutscher Universitä-<br />

5 <strong>Der</strong> jüdische Einfluß auf den Deutschen Hohen Schulen. Ein familienk<strong>und</strong>licher Nachweis über<br />

die jüdischen <strong>und</strong> verjudeten Universitäts- <strong>und</strong> Hochschulprofessoren. Heft 1: Universität Göttingen<br />

(1928); Heft 2: Universität Berlin. 1. Teil (1928); Heft 3: Universität Berlin. 2. Teil (1929);<br />

Heft 4. Universität Königsberg i. Pr. (1930); Heft 5: Universität Berlin. 3. Teil (1930); Heft 6:<br />

Universität Breslau 1. Teil (1931); Heft 7: Universität Breslau. 2. Teil (1931); Heft 8. Universität<br />

Berlin. 4. Teil (1932), jeweils „als Handschrift gedruckt für den Kreis der Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Förderer<br />

der Deutschen Auskunftei“.<br />

6 Eckart Oberdörfer, Noch 100 Tage bis Hitler. Die Erinnerungen des Reichskommissars Wilhelm<br />

Kähler (Abhandlungen zum Studenten- <strong>und</strong> Hochschulwesen, Bd. 4). Schernfeld 1993, 82; Cornelia<br />

Wegele, „… wir sagen ab der internationalen Gelehrtenrepublik“. Altertumswissenschaften <strong>und</strong><br />

Nationalsozialismus. Das Göttinger Institut für Altertumsk<strong>und</strong>e 1921 – 1962. Wien u. a. 1996, 77.<br />

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