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Der Hygieniker und Ernährungswissenschaftler Werner Kollath

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166<br />

Juliane Deinert<br />

haftete, für die politische Haltung nicht folgenlos bleiben sollte. 15 Die unglücklich<br />

strukturierte Sozialpolitik allein im Bereich der Studentenfürsorge schürte schließlich<br />

die Bereitschaft zur politischen Radikalisierung.<br />

Rückblickend kann man von einem Politisierungsprozess der Studentenschaft<br />

sprechen, der sich unter anderem in der Gründung des „Nationalsozialistischen<br />

Deutschen Studentenb<strong>und</strong>es“ (NSDStB) 1926, als einer Gliederung der Nationalsozialistischen<br />

Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) für Studenten ausdrückt. Zusammen<br />

mit acht bis zehn Kommilitonen rief der Student Wilhelm Püstow (geb. 1902)<br />

schließlich 1928 den NS-B<strong>und</strong> auch an der Universität Rostock ins Leben. 16 <strong>Der</strong><br />

B<strong>und</strong> avancierte binnen kürzester Zeit zur stärksten politischen Kraft innerhalb der<br />

Studentenschaft: sein Stimmenanteil betrug bei den AStA-Wahlen 1930 bereits<br />

32,6%. Ein Jahr später entschieden sich 52,1%, 1932 sogar 56,1% der Wähler für<br />

den B<strong>und</strong>, das heißt der NSDStB erhielt 7 von 11 Sitzen im Vorstand der Rostocker<br />

Studentenschaft. 17 Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> versuchten die Nationalsozialisten rasante<br />

Umsturzpläne voranzutreiben. 18 Auf dem Königsberger Studententag im Juli 1932<br />

erhielten Rostock <strong>und</strong> Jena wegen der hohen Wahlergebnisse den Auftrag, als erste<br />

Hochschulen im Reich eine neue nationalsozialistische Studentensatzung einzuführen.<br />

19<br />

De facto wurde in den Semesterferien auf einer Kammersitzung beschlossen,<br />

dass ein nationalsozialistischer „Führer“ als verantwortlicher Mann die Studentenschaft<br />

leiten sollte. Er sollte auch missliebige Studierende der Universität verweisen<br />

<strong>und</strong> bei Berufungsverhandlungen mitbestimmen können. Jüdische Kommilitonen<br />

waren in Rostock nicht mehr erwünscht. Schließlich waren nach diesem jüngsten<br />

15 Kater, Studentenschaft <strong>und</strong> Rechtsradikalismus, 45; Peter Bleuel/Ernst Klinnert, Deutsche Studenten<br />

auf dem Weg ins Dritte Reich: Ideologien, Programme, Aktionen 1918-1935. Gütersloh<br />

1967, 82 ff. Bei Bleuel <strong>und</strong> Klinnert wird vor allem das übersteigerte traditionelle <strong>und</strong> elitäre<br />

Selbstbewusstsein der sich als Führungselite fühlenden Korporationen – besonders auffällig bei<br />

den Corps <strong>und</strong> Burschenschaften – herausgestellt.<br />

16 Friedrich August Oldach, Vor zehn Jahren, in: 10 Jahre Nationalsozialistischer Deutscher Studentenb<strong>und</strong><br />

Universität Rostock 1928-1938, hrsg. von der Studentenführung Universität Rostock,<br />

Dr. H. J. Theil, Rostock 1938, 3-4, 3; Carlsen, Universität Rostock 1932-1935, 59, Fußnote 1;<br />

Rostocker Universitätszeitung, Wintersemester 1930/31, Nr. 3, 4-5. Obwohl der damalige Rektor<br />

zunächst Bedenken äußerte <strong>und</strong> sich fragte, ob die Propaganda-Methoden „auch so derb seien, wie<br />

die der Partei“, setzte sich am Ende die nationalsozialistische Hochschulgruppe durch.<br />

17 UAR, R12B4, Schreiben vom 4.2.1931; Carlsen, Universität Rostock 1932-1935, 61; Rostocker<br />

Universitätszeitung, Wintersemester 1930/31, Nr. 3, 24.1.1931, 4/5.<br />

18 Eine detaillierte Darstellung der Ereignisse gibt: Karl Heinrich Krüger, Universität Rostock –<br />

<strong>Der</strong> vergebliche Kampf um die Wende von 1933, in: Friedhelm Golücke/Peter Krause u. a.<br />

(Hrsg.), GDS-Archiv für Hochschul- <strong>und</strong> Studentengeschichte, Bd. 7. Köln 2004, 54-70. <strong>Der</strong> Historiker<br />

Karl Heinrich Krüger beruft sich bei seinen Ausführungen unter anderem auf eine Sammlung<br />

von Originalen <strong>und</strong> Durchschriften, die der Vater des Autors, Karl Krüger (1907-1997), der<br />

an den damaligen Geschehnissen maßgeblich beteiligt war, aufbewahrt hatte. Heute befinden sich<br />

die Akten im Archiv der Deutschen Burschenschaft im B<strong>und</strong>esarchiv Koblenz.<br />

19 UAR, R12F1, Auszug aus dem „Rostocker Anzeiger“, vom Juli 1930; Krüger, Universität Rostock,<br />

4; Landeshauptarchiv Schwerin (LHA Schwerin), MfU 5.12-7/1, Akte 612, Blatt 76 <strong>und</strong> 94 f.

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