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Der Hygieniker und Ernährungswissenschaftler Werner Kollath

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Peter Th. Walther<br />

grenzen – nur Prag <strong>und</strong> Wien waren unter den deutschsprachigen Universitäten älter<br />

– auf der Liste der Reichsuniversitätskandidaten. 3<br />

Andererseits wurde angesichts der Wirtschaftskrise auch diskutiert, die eine oder<br />

andere Universität zu schließen. In der Presse wurden als Kandidaten u. a. genannt<br />

Giessen <strong>und</strong> Marburg, Hamburg, Greifswald <strong>und</strong> Rostock, also preußische wie<br />

nicht-preußische. Eine weitere Diskussion betraf die Lage in Breslau, wo die Fusion<br />

der Universität mit der Technischen Hochschule vorbereitet wurde <strong>und</strong> beide Hochschulen<br />

bereits einem gemeinsamen Kurator unterstellt waren. Diese Planung wurde<br />

allerdings nicht als Sparmaßnahme thematisiert, sondern als die neue Standard-<br />

Universität mit Zukunft.<br />

Aus ganz anderen Gründen blickte man mit Verw<strong>und</strong>erung, Entsetzen oder Begeisterung<br />

auf Entwicklungen an der Universität Heidelberg, wo es um den „Fall<br />

Gumbel“ ging, den man heute als Lackmustest der politischen Orientierung deutscher<br />

Akademiker werten könnte. Emil Julius Gumbel (1891-1966), seit 1930 Extraordinarius<br />

für Mathematik <strong>und</strong> Statistik, der sich selbst als „antibolschewistischen<br />

Kommunisten“ charakterisierte, hatte u. a. über die strafrechtliche Behandlung politisch<br />

motivierter Morde in den ersten Jahren der Weimarer Republik publiziert <strong>und</strong><br />

sich dadurch auf der politischen Rechten wenig Fre<strong>und</strong>e gemacht; so setzte eine<br />

groß angelegte Kampagne der nationalsozialistisch orientierten Studentenschaft gegen<br />

ihn ein. Die Fakultät <strong>und</strong> der Senat der Universität distanzierten sich faktisch<br />

von ihm, sodass der badische Kultusminister, ein Mann der Zentrumspartei, ihm im<br />

August 1932 die Lehrberechtigung entzog. 1931 hatte es eine erfolglose „Protesterklärung<br />

republikanischer <strong>und</strong> sozialistischer Hochschullehrer“ zugunsten Gumbels<br />

gegeben. 4 Ganze 72 Hochschullehrer hatten diesen Aufruf unterzeichnet, davon in<br />

Berlin 20 (darunter Albert Einstein (1879-1955), Hermann Heller (1891-1933), Hajo<br />

Holborn (1902-1969), Bruno Taut (1880-1938)), in Frankfurt <strong>und</strong> Leipzig je 11, fünf<br />

in Bonn; in Breslau, Heidelberg <strong>und</strong> Jena je vier <strong>und</strong> in Greifswald immerhin drei.<br />

Es gab keine Unterschriften für Gumbel aus den Universitäten München, Tübingen<br />

oder Rostock. Gumbel ging im Herbst 1932 nach Frankreich <strong>und</strong> floh 1940 in die<br />

USA.<br />

Ein zweiter ähnlich gelagerter Fall bahnte sich unterdessen in Breslau an. Dort<br />

hatte das preußische Staatsministerium drei neue juristische Ordinariate eingerichtet<br />

<strong>und</strong> auf eine der neuen Stellen den jungen, dynamischen <strong>und</strong> national-konservativen<br />

Ernst Cohn (1904-1967) berufen. Obwohl das Ministerium bei neuen Planstellen<br />

nicht dazu verpflichtet war, hatte es die Meinung der Fakultät eingeholt, die mit dem<br />

Vorschlag Cohn sehr einverstanden war. Auf die eher theoretische Frage der Zeitschrift<br />

„Die Weltbühne,“ ob das Deutsche Reich denn Leo Trotzki (1879-1940) politisches<br />

Asyl gewähren könne, hatte Cohn anhand der gültigen Rechtslage die Frage<br />

3<br />

Adolf Blum, Die Schaffung von Reichsuniversitäten. Ein Beitrag zu dem Problem der „Reichsuniversität<br />

Heidelberg“. Krefeld 1933.<br />

4<br />

„Protesterklärung republikanischer <strong>und</strong> sozialistischer Hochschullehrer“, in: Die Menschenrech-<br />

te, Nr. 6-7, 15. Juli 1931.

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