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Der Hygieniker und Ernährungswissenschaftler Werner Kollath

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152<br />

Dieter Hoffmann<br />

burg. Jordan ist im Übrigen nur noch besuchsweise <strong>und</strong> zur Auflösung seines Hausstandes<br />

nach Rostock zurückgekehrt – <strong>und</strong> auch, als ihn der Direktor des Physikalischen<br />

Instituts der Universität im Herbst 1953 zu Vorträgen nach Rostock einlud,<br />

verbrämte er seine Absage politisch, „weil wiederholt in ostzonalen bzw. russischen<br />

Zeitschriften unfre<strong>und</strong>liche Kritiken betreffs meiner wissenschaftlichen Arbeit erschienen<br />

sind“. 80<br />

Jordans Entscheidung für den Kriegsdienst – eine u.k.-Stellung z. B. für den<br />

Uranverein wäre sicher möglich gewesen – ist wohl weniger als eine Konsequenz<br />

seiner wehrpolitischen Auffassungen anzusehen, sondern hing sicherlich mit der<br />

Rolle der Wehrmacht im Dritten Reich zusammen. Viele, nicht zuletzt nationalkonservativ<br />

eingestellte Vertreter des Bürgertums, sahen diese in einer gewissen<br />

Distanz zum NS-Regime <strong>und</strong> deren Parteibürokratie. Sie wurde als Hoffnungsträger<br />

für eine bessere Zukunft Deutschlands angesehen – beispielsweise liest man in einem<br />

Brief des Astrophysikers Walter Grotrian an Lise Meitner über die Motive, die<br />

diesen bewogen hatten, sich ebenfalls 1939 freiwillig zur Wehrmacht zu melden:<br />

„Als die Wehrmacht wieder aufgezogen wurde, habe ich mich freiwillig zur<br />

Luftwaffe gemeldet. Weil ich das Wiedererstehen einer Wehrmacht in vernünftiger<br />

Form begrüßte <strong>und</strong> außerdem hoffte, daß sich in der Wehrmacht<br />

ein Gegenpol gegen den Nazismus bilden würde.“ 81<br />

Ähnliche Motive werden auch hinter Jordans Entschluss gestanden haben <strong>und</strong> in<br />

diesem Sinne versuchte er sich auch nach dem Kriege gegenüber seinem einstigen<br />

Mentor Niels Bohr zu rechtfertigen, dass „in reality Wehrmacht and NSDAP were<br />

sharply opposite – as indicated later by the events of the 20. July.“ 82 Darüber hinaus<br />

verband Jordan mit seiner freiwilligen Meldung die Hoffnung, sich aus der politischen<br />

Schusslinie zu nehmen, in die er ja in den Jahren zuvor – wie oben bereits<br />

ausführlich dargestellt – durch die Angriffe der Vertreter der Deutschen Physik <strong>und</strong><br />

anderer nationalsozialistischer Ideologen geraten war.<br />

Im Herbst 1942 wurde Jordan zur Heeresversuchsanstalt Peenemünde, zur Raketengruppe<br />

von Wernher von Braun, versetzt, wo er Berechnungen zu Windtunnel-<br />

Experimenten auszuführen hatte. Peter P. Wegner, mit dem er das Büro teilte, erinnerte<br />

sich:<br />

„Jordan sat in front of his typewriter all day composing a textbook on algebra<br />

without ever consulting notes. Usually toward the end of the day he<br />

would suddenly recall the original purpose of his assignement at<br />

Peenemünde. He had never worked in fluid dynamics, but rather than read<br />

80<br />

Pascual Jordan an Paul Kunze, Hamburg 23.10.1953. Archiv der Universität Rostock, Personalakte<br />

Pascual Jordan, Bl. 51.<br />

81<br />

Walter Grotrian an Lise Meitner, Potsdam 29.12.1947, zitiert in: Dieter Hoffmann, „Kopenhagen“<br />

war kein Einzelfall, in: Michael Frayn, Kopenhagen, Göttingen 2001, 185.<br />

82<br />

Pascual Jordan an Niels Bohr, Göttingen Mai 1945. Niels Bohr Archive Copenhagen (Nachdruck<br />

in: Dieter Hoffmann. Pascual Jordan im Dritten Reich – Schlaglichter. Preprint 248, MPI für<br />

Wissenschaftsgeschichte Berlin 2003, 29).

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