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Der Hygieniker und Ernährungswissenschaftler Werner Kollath

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Professor Hermann Alois Boehm 217<br />

die Berliner Forschungen gezeigt – der Einfluss verschiedener Faktoren (Genkombinationen<br />

<strong>und</strong> auch Umweltbedingungen) zu berücksichtigen war. 38<br />

Boehms Interesse galt vor allem der populationsgenetischen Forschungsrichtung<br />

dieser Abteilung, welche „Gesichtspunkte <strong>und</strong> Methoden der experimentellen Genetik<br />

für die Erforschung des Evolutionsmechanismus <strong>und</strong> der genetischen Populationsdynamik“<br />

39 verwenden wollte. Dabei wurde der biologische Wert verschiedener<br />

Mutationen <strong>und</strong> Mutationskombinationen, also deren relative Vitalität, geprüft. Weiter<br />

ging es um die geographische Verbreitung einzelner Gene innerhalb von Art- <strong>und</strong><br />

Rassenpopulationen. Boehm sah in den Ergebnissen der genetischen Forschung einen<br />

Beweis für die Richtigkeit der nationalsozialistischen Rassenlehre. In einem<br />

Aufsatz „Änderungsmöglichkeit der Erbanlagen“ aus dem Jahr 1940 referierte<br />

Boehm den neuesten Stand der Mutationsforschung <strong>und</strong> verwies auf die Erfolge in<br />

der künstlichen Beeinflussung der Mutationsrate bei rein gezüchteten Stämmen der<br />

Taufliege (Drosophila) durch Temperaturerhöhung <strong>und</strong> durch kurzwellige Strahlen.<br />

Boehm stellte die Ergebnisse dieser Forschung, nämlich erweiterte Kenntnisse über<br />

Stabilität <strong>und</strong> Änderungsmöglichkeiten der Erbfaktoren heraus. Es sei „bisher noch<br />

nicht gelungen, nach unserem Willen gerichtet den Mutationsprozeß zu beeinflussen;<br />

die Klärung dieses Problems bleibt der weiteren Forschung vorbehalten“. 40<br />

Waren also züchterische Erfolge noch nicht abzusehen, 41 so waren die Forschungsergebnisse<br />

der genetischen Abteilung zur Einschätzung der Beständigkeit<br />

<strong>und</strong> Veränderlichkeit der Erbanlagen für den rassenhygienischen Gedanken bedeutsam.<br />

Dies drückte Boehm deutlich zu Beginn seines Aufsatzes aus:<br />

„Weiterhin hat der Rassengedanke die Annahme einer hohen Beständigkeit<br />

des Erbgutes zur Voraussetzung. Wären nämlich die Erbanlagen stark veränderlich,<br />

würden z. B., wie Lamarck lehrte, erworbene funktionelle Anpassungen<br />

an Umweltbedingungen sich vererben, dann würde die Bedeutung des<br />

Erbeinflusses stark in den Hintergr<strong>und</strong> treten gegenüber der Bedeutung der<br />

Umwelt, <strong>und</strong> damit wäre dem Rassengedanken die tragfähige Gr<strong>und</strong>mauer<br />

entzogen. Die Frage nach der Beständigkeit bzw. Veränderlichkeit der Erbanlagen<br />

greift somit über die rein wissenschaftliche Problemstellung hinaus<br />

mitten in den weltanschaulichen Kampf unserer Zeit hinein.“ 42<br />

38 Zur phänogenetischen Forschung vgl. H.-W. Schmuhl, Grenzüberschreitungen. Das Kaiser-<br />

Wilhelm-Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre <strong>und</strong> Eugenik, 1927-1945. Göttingen<br />

2005, 319-327.<br />

39 Tätigkeitsbericht der Genetischen Abteilung (wie Anm. 35), 3.<br />

40 H. Boehm, „Änderungsmöglichkeit der Erbanlagen“, in: Ziel <strong>und</strong> Weg 1940, 247-251, hier 251.<br />

Boehm beruft sich im Literaturverzeichnis zu diesem Aufsatz unter anderem auf Arbeiten von<br />

Timoféeff-Ressovsky <strong>und</strong> Stubbe.<br />

41 Dass durchaus die Veränderung bzw. Verbesserung der genetischen Ausstattung einer menschlichen<br />

„Rasse“ diskutiert wurde, obwohl Pflanzenzüchtungen wohl das naheliegende Ziel derartiger<br />

Planungen waren, zeigt ein Zitat Hans Stubbes. Vgl. Susanne Heim, „Die reine Luft der wissenschaftlichen<br />

Forschung“ (wie Anm. 28), 11.<br />

42 H. Boehm, Änderungsmöglichkeit der Erbanlagen (wie Anm. 40), 247.

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