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Der Hygieniker und Ernährungswissenschaftler Werner Kollath

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Peter Th. Walther<br />

men. Ob mit dem Ende des Ministeriums auch erhebliche Personal- <strong>und</strong> Sachkompetenz<br />

in Hochschulangelegenheiten verloren ging, müsste erst noch untersucht<br />

werden. Es ist allerdings auffallend, dass einige Fakultäten gegenüber den neu gebildeten<br />

Kultusministerien nie besessene Kompetenzen beanspruchen mit dem Hinweis,<br />

dass sie diesen Grad von Autonomie von jeher oder doch vor 1933 gehabt hätten.<br />

Das bedeutete, dass ab 1945 eine Ordinarienuniversität in einer völlig anderen<br />

Art als vor 1933 <strong>und</strong> bis 1945 entstand, weil nach 1945 die Ministerien ihre Entscheidungsrechte<br />

gar nicht mehr auszuüben wussten <strong>und</strong> auf der Ministerialseite allzu<br />

oft hochschulpolitischer Dilettantismus herrschte. Die Deutsche Zentralverwaltung<br />

für Volksbildung in der sowjetischen Besatzungszone war eine Behörde, der<br />

jede Verwaltungsroutine fehlte <strong>und</strong> die erst „laufen“ lernen musste. Nirgends sind<br />

die 1933 <strong>und</strong> in den folgenden Jahren entlassenen Wissenschaftler wieder in ihre<br />

alten Planstellen eingesetzt worden; das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“<br />

<strong>und</strong> die Folgegesetze waren zwar aufgehoben, aber die Auswirkungen<br />

des Gesetzes wurden nicht zurückgenommen. Sie blieben wie alle anderen Ministerial-Erlasse<br />

in allen vier Besatzungszonen Deutschlands weiter gültig, wenn sie<br />

von den neuen Ministerien nicht ausdrücklich aufgehoben wurden. Neben der Wiederherstellung<br />

der materiellen Schäden hatte 1945 bis 1947 die Entnazifizierung<br />

Vorrang, die in Konzeption <strong>und</strong> Praxis wohl nur als höchst arbeitsintensiver Fehlschlag<br />

gewertet werden kann, da die Kriterien der Entlassung wegen NS-Belastung<br />

(Mitgliedschaft statt Täterschaft) eben wenig überzeugend war <strong>und</strong> nur dazu führten,<br />

dass das akademische Deutschland ab 1946 damit beschäftigt war, den Fehlschlag<br />

zu korrigieren. Das war dank der seit 1933 gewachsenen sozialen Loyalitäten möglich,<br />

wobei die Alliierten bald die Aussichtslosigkeit ihrer ursprünglichen Planung<br />

einsahen <strong>und</strong> andere politische Anreize einführten. Bis auf einige auch öffentlich<br />

immer wieder vorgeführte Sündenböcke wie Carl Schmitt (1888-1985) <strong>und</strong> einige in<br />

ihren Fakultäten als sozial unverträglich aufgefallene Kollegen sind im großen <strong>und</strong><br />

ganzen alle, die 1945/46 entlassen worden waren, in allen vier Zonen bzw. beiden<br />

Staaten wieder ins akademische Leben zurückgekehrt. In diesem Prozess blieben die<br />

akademischen Emigranten außen vor. Im Mai 1947 schrieb Emil J. Gumbel an Max<br />

Seydewitz (1892-1987):<br />

„For two years I have had earnest thoughts about my return to Germany. I<br />

had expected that the German universities would have <strong>und</strong>one individually or<br />

collectively the dismissals of those fired on political or on so-called racial<br />

gro<strong>und</strong>s and then informed us when our positions would again be available to<br />

us. This has universally not taken place.” 28<br />

Die einzige Universität, die sich gezielt um Emigranten bemühte, war die während<br />

der Berliner Blockade 1948 gegründete Freie Universität Berlin, was auch durch die<br />

US-amerikanischen Geburtshilfen <strong>und</strong> den Umstand begründet ist, dass der aus dem<br />

türkischen Exil nach Berlin zurückgekehrte Oberbürgermeister Ernst Reuter (1889-<br />

28 Steven P. Remy, The Heidelberg Myth. The Nazification and Denazification of a German University.<br />

Cambridge, Mass./London 2002, 142.

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