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Der Hygieniker und Ernährungswissenschaftler Werner Kollath

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Pascual Jordan (1902-1980): <strong>Der</strong> gute Nazi 137<br />

nanderzusetzen hatte. Füchtbauer setzte sich beim Mecklenburgischen Ministerium<br />

dafür ein, Jordan den Zuschussbetrag für seine Vorlesung Wellenmechanik auszuzahlen,<br />

obwohl diese im Wintersemester 1931/32 wegen Mangel an Beteiligung<br />

ausgefallen war <strong>und</strong> im Sommersemester lediglich vom Institutsdirektor selbst, Privatdozenten<br />

Paul Kunze (1897-1986), den Assistenten des Instituts <strong>und</strong> einem Doktoranden<br />

besucht wurde. 16 Weiterhin merkt dieses Schreiben an, dass „für eine Ausdehnung<br />

der Anfängervorlesung auf 6 Wochenst<strong>und</strong>en keinerlei Bedürfnis vor<br />

[liegt].“ Symptomatisch für Jordans Stellung als Hochschullehrer in Rostock ist<br />

auch, dass sich im Dissertationsverzeichnis nur zwei von ihm betreute Dissertationen<br />

nachweisen lassen. So war Jordan Erstgutachter der 1936 verteidigten Arbeit<br />

„Über eine Algebra der Austauscherscheinungen“ von Hermann Ostertag (geb.<br />

1910) <strong>und</strong> 1939 der Arbeit „Über die Bindungsenergie schwerer Atomkerne“ von<br />

Hans-Heinrich Voss (geb. 1914). 17 Dass diese geringe Zahl von Doktoranden den<br />

Umständen <strong>und</strong> nicht seinem Naturell geschuldet war – so haben auch ein Albert<br />

Einstein oder Max Planck nur wenige Doktoranden betreut <strong>und</strong> dies wohl eher als<br />

Bürde empf<strong>und</strong>en –, macht die Tatsache deutlich, dass Jordan nach dem Krieg in<br />

Hamburg schulenbildend gewirkt hat. 18<br />

Von provinzieller Enge <strong>und</strong> Konservatismus war in Rostock aber nicht nur der<br />

Universitätsbetrieb gekennzeichnet, auch im öffentlichen Leben <strong>und</strong> in der Politik<br />

waren solche Positionen allgegenwärtig. So hatte beispielsweise Albert Einstein<br />

1919 anlässlich der Jubiläumsfeier der Universität „arge politische Hetzreden [gehört]<br />

<strong>und</strong> recht ergötzliches in Kleinstaatpolitik [gesehen]“ 19 <strong>und</strong> auch Otto Stern<br />

diagnostizierte die Situation drei Jahre später: „Rostock war damals schon, trotzdem<br />

es offiziell noch keine Nationalsozialisten gab, war die ganze Atmosphäre nationalsozialistisch.“<br />

20 Als Jordan 1929 nach Rostock kam, wird die Situation keine andere<br />

gewesen sein, doch war dieses politische Milieu <strong>und</strong> nicht zuletzt der politische<br />

Umbruch des Jahres 1933 weitgehend kompatibel mit seiner eigenen nationalkonservativen<br />

Weltsicht. Diese hatte er seit Ende der zwanziger Jahre nicht nur im<br />

privaten Kreis geäußert, sondern unter dem Pseudonym Ernst Domeier auch in der<br />

völkischen Zeitschrift „Deutsches Volkstum“ öffentlich gemacht. 21 In seinen Beiträgen<br />

wurde das generelle Misstrauen des konservativen <strong>und</strong> nationalistisch geprägten<br />

Bildungsbürgertums gegenüber der ungeliebten Weimarer Republik <strong>und</strong> der<br />

Demokratie als Staatsform artikuliert, die man – neben Marxismus <strong>und</strong> Atheismus<br />

bzw. Materialismus – für die Erosion der tradierten sozialen <strong>und</strong> ethischen Gr<strong>und</strong>-<br />

16 HUA, Jordan, Bd. 1, Bl. 37.<br />

17 Reinhard Mahnke, Verzeichnis Rostocker physikalischer Dissertationen der Jahre 1900 bis<br />

1988, in: Beiträge zur Geschichte der Universität Rostock. Zur Entwicklung der Physik an der<br />

Rostocker Universität. Heft 17/1991, 119.<br />

18 Harry Lehmann, Pascual Jordan 1902-1980. Jahresbericht der Joachim-Jungius-Gesellschaft<br />

1980/82. Hamburg 1983, 39-40.<br />

19 Albert Einstein an Mark Born, Berlin 8.12.1919. Collected Papers of Albert Einstein, Princeton<br />

2004, Bd. 9, 280.<br />

20 Interview mit Otto Stern, Zürich 25.11.1961, Handschriftenabteilung der ETH Zürich, 26.<br />

21 Vgl. Richard Beyler, From Positivism to Organism: Pascual Jordan’s Interpretations of Modern<br />

Physics in Cultural Context. PhD-Dissertation Harvard University Cambridge 1994, 207-223.

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