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Der Hygieniker und Ernährungswissenschaftler Werner Kollath

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Hochschulpolitik in Deutschland 1933-1945<br />

entzog den Prozess der Habilitation der Autonomie der Fakultäten <strong>und</strong> strukturierte<br />

die Habilitation in eine Kette staatlicher Qualifizierungsschritte um: neben der Qualifizierungsarbeit<br />

<strong>und</strong> der Probevorlesung, die auch Fakultäten in der Regel bisher<br />

verlangt hatten, stand nun die Verpflichtung, an Gemeinschafts- <strong>und</strong> politischen<br />

Dozentenlagern des Ministeriums teilzunehmen. So dienten diese neuen Karrierestufenregelungen<br />

der Stabilisierung der Gefolgschaftsbildung. Die Neuregelung der<br />

Habilitationspraxis mit der Abtrennung der Habilitation von der Lehrqualifikation<br />

durch die Verleihung der Dozentur bedeutete eine weitgehende Homogenisierung<br />

der Dozenten- <strong>und</strong> jungen Professorenschaft. Dieser Konformitätsdruck fördert ein<br />

neues Konformitätsverhalten, das lange in die Nachkriegsjahrzehnte hineinwirkte.<br />

Die 2. Reichshabilitationsordnung von 1939 gab die Zuständigkeit für die Habilitation<br />

an die Fakultäten zurück, verlangte aber nun den Besuch eines „Reichslagers<br />

für Beamte“ in Bad Tölz, das der „Stellvertreter des Führers“ hatte einrichten lassen<br />

<strong>und</strong> das bisherige Lagersystem des Erziehungsministeriums ablöste. Die Habilitierten<br />

wurden dann in der Regel zu Dozenten ernannt <strong>und</strong> als Beamte auf Zeit in den<br />

Staatsdienst übernommen, was im Vergleich zu den „frei schwebenden“ von Kolleggeldern<br />

<strong>und</strong> Stipendien oder anderen Beschäftigungen abhängigen Privatdozenten<br />

eine deutliche soziale <strong>und</strong> finanzielle Absicherung bedeutete. Die Mitgliedschaft<br />

in der Institution Studentenschaft war – außer für „Nichtarier“ <strong>und</strong> nicht „volksdeutsche“<br />

Ausländer – obligatorisch, <strong>und</strong> die in der Dozentenschaft nur für die bereits<br />

amtierenden Professoren fakultativ. Die Studentenzahlen wurden reguliert <strong>und</strong> reduziert,<br />

für „Nichtarier“ wurde bis zum Verbot 1938 eine Quote eingeführt, während<br />

die Immatrikulation von Frauen nur kurzzeitig beschränkt wurde; hier wurde aber<br />

durch Ehestandsdarlehen <strong>und</strong> andere Familienförderungen deutlich der Weg zur<br />

Rolle als verheirateter Mutter gewiesen. Nach Kriegsbeginn nahm die Zahl der Studentinnen<br />

deutlich zu, was einen Berliner Ordinarius nach seiner Ausbombung zu<br />

der Bemerkung veranlasste:<br />

„[…] Ich wüßte nun gern, ob das vor einiger Zeit verbreitete Gerücht, die<br />

Universität solle aus Berlin verlegt werden, sich bestätigt hat. Es wäre das<br />

einzig Richtige. Ich weiß, daß viele Kollegen schon längst nicht mehr verstehen,<br />

warum man die Kulisse von Universität aufrecht hält – doch gewiß nicht<br />

wegen der Handvoll Studenten oder wegen der zusammengeschmolznen Zahl<br />

höherer Töchter. Nur eine Verlegung der Universität könnte die Hörerzahl<br />

wieder etwas heben. […]“ 15<br />

Tatsächlich ist es ab Herbst 1944 im Zuge der Frontbewegungen zu einer Reihe von<br />

meist überstürzten Verlegungen verschiedener Arten gekommen, so von Strassburg<br />

nach Tübingen, Königsberg über Greifswald nach Göttingen. Das sind in erster Linie<br />

lokale Hochschulgeschichten, während die weitgehende Ausbombung des Erziehungsministeriums<br />

Unter den Linden im Dezember 1943 durch die daraufhin erfolgte<br />

Verteilung einzelner Abteilungen in der Stadt die Handlungsfähigkeit des Hauses<br />

15 Arnold Otto Mayer, Westheim (Mittelfranken), 3. April 1944, an Hermann Grapow. HUB, UA,<br />

UK Personalia M 170 (A.O. Meyer), Bd. 3, Bl. 42.<br />

15

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