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Der Hygieniker und Ernährungswissenschaftler Werner Kollath

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116<br />

Gabriele Moser<br />

Historische Fragestellungen dieser Art gehören zwar zum klassischen Gebiet der<br />

Täterforschung, aber diese hat sich bislang kaum mit der differenzierten Frage der<br />

Qualität der wissenschaftlichen Arbeit im Nationalsozialismus befasst. Im Rahmen<br />

von breiter angelegten historischen Untersuchungen zur Forschungs- <strong>und</strong> Wissenschaftspolitik<br />

im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert wurden nun aber in den letzten Jahren zunehmend<br />

auch die Akteure der NS-Zeit in ihrem jeweiligen nationalsozialistischen Umfeld in<br />

den Blick der wissenschaftshistorischen Arbeit genommen. „Komplexität <strong>und</strong> Kontextualisierung“<br />

benannte Peter Longerich kürzlich als Kernaufgaben der historischen<br />

Forschung über den Nationalsozialismus im Gesamten, wobei er auch die<br />

Überwindung der Grenzen der Täterforschung forderte:<br />

„[E]s geht im Kern darum, deutlich zu machen, wo präzise die Grenzen lagen,<br />

innerhalb derer die Täter einigermaßen autonom handeln konnten. Dies<br />

erfordert aber eine enge Vernetzung mit den anderen Zweigen der Holocaustforschung,<br />

die sich mit der Geschichte der Opfer, mit verschiedenen Kräften<br />

in den besetzten <strong>und</strong> verbündeten Ländern sowie mit der Haltung der alliierten<br />

<strong>und</strong> neutralen Staaten befassen“. 4<br />

Im Bereich der historischen Wissenschaftsforschung führte die verstärkte Kontextualisierung<br />

unter anderem dazu, dass die Beziehung von Wissenschaftlern zu den<br />

NS-Institutionen nicht mehr ausschließlich passiv definiert wurde. In vielen Fällen,<br />

so ein wichtiges Ergebnis der neueren Arbeiten, dienten Staat <strong>und</strong> Forschung als<br />

„Ressourcen füreinander“, 5 eine Sichtweise, die das überlieferte Bild des politisch<br />

desinteressierten, neutralen <strong>und</strong> sachlich korrekt arbeitenden Wissenschaftlers beträchtlich<br />

beschädigte. Ein Experte für die wissenschaftshistorische Erforschung der<br />

NS-Zeit, der Physikhistoriker Mark Walker, fasste in einem Interview diese Erkenntnis<br />

über die Mehrheit der im nationalsozialistischen Deutschland tätigen Wissenschaftler<br />

zugespitzt so zusammen: „Wissenschaftler sind auch nur Opportunisten“.<br />

6<br />

Institutionen der Wissenschaftsförderung <strong>und</strong> die Aufarbeitung ihrer NS-<br />

Geschichte<br />

Im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert hatte nicht nur ein enormer Aufschwung der naturwissenschaftlich-technischen<br />

Forschung eingesetzt, sondern parallel hierzu entwickelte sich<br />

gleichfalls eine (rückblickend so bezeichnete) „Verwissenschaftlichung ethischer<br />

4<br />

Peter Longerich, Tendenzen <strong>und</strong> Perspektiven der Täterforschung, in: Aus Politik <strong>und</strong> Zeitgeschichte<br />

2007, H. 14/15, 3-7, hier 3.<br />

5<br />

Mitchell G. Ash, Wissenschaft <strong>und</strong> Politik als Ressourcen für einander, in: Rüdiger vom<br />

Bruch/Brigitte Kaderas (Hrsg.), Wissenschaften <strong>und</strong> Wissenschaftspolitik. Bestandsaufnahmen zu<br />

Formationen, Brüchen <strong>und</strong> Kontinuitäten im Deutschland des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts. Stuttgart 2002, 32-<br />

51.<br />

6<br />

„Wissenschaftler sind auch nur Opportunisten“. Mark Walker im Interview mit Max Rauner, in:<br />

Die Zeit, Nr. 10/3. März 2005, 38.

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