18.11.2012 Aufrufe

Der Hygieniker und Ernährungswissenschaftler Werner Kollath

Der Hygieniker und Ernährungswissenschaftler Werner Kollath

Der Hygieniker und Ernährungswissenschaftler Werner Kollath

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Schöner Neuer Mensch 199<br />

Und dennoch: Nietzsche als Begründer faschistischer Ideen zu bezeichnen, wäre<br />

wohl zu überspitzt formuliert <strong>und</strong> überdies auch <strong>und</strong>ifferenziert. Albrecht Betz erkennt<br />

in dem Rückgriff der Nazis auf den Philosophen vor allem das damit einhergehende<br />

„Nichtverständnis seiner komplexen, kulturkritischen Texte[.] [Dies] verhielt<br />

sich umgekehrt proportional zu dem enormen Ansehen, das er bei den Nationalsozialisten<br />

genoss.“ 49<br />

Anders ist jedoch Joseph Arthur Gobineau zu bewerten. <strong>Der</strong> französische Diplomat<br />

<strong>und</strong> Schriftsteller gilt als einer der ersten, der den Begriff „Rasse“ mit konkreten<br />

Bedeutungen <strong>und</strong> Ausdifferenzierungen füllte <strong>und</strong> ihn gleichzeitig in einen universalhistorischen<br />

Zusammenhang stellte. So beschreibt er in seinem Hauptwerk<br />

„Essai sur l’Inégalité des Races Humaines“, das in vier Bänden zwischen 1853 bis<br />

1855 in Paris entstand, es seien drei Menschenrassen auf der Erde anzutreffen, die<br />

weiße, die gelbe <strong>und</strong> die schwarze. Die weiße Rasse verbindet er mit schöpferischer<br />

Kraft, die gelbe Rasse mit der Begabung für Handel <strong>und</strong> Handwerk. Die schwarze<br />

Rasse schließlich sei nur minder befähigt, höchstens in musikalischer Hinsicht begabt.<br />

Dieses Konstrukt ist ohne Frage absurd, dennoch war es wirkmächtig durch<br />

die Vorstellung, dass bei der Mischung die Qualitäten der jeweils höheren Rasse<br />

gemindert würden. Da es, so Gobineau, heutzutage stete Rassenmischung gäbe, sei<br />

ein steter Abfall kultureller Qualitäten, gerade bei den Ariern zu beobachten. <strong>Der</strong><br />

rassische Rang eines Volkes könne nach Gobineau an der jeweiligen Hautfarbe abgelesen<br />

werden. An höchster Stelle stünde der, nach der Argumentation des Autors,<br />

besonders im Nordwesten Europas lebende Arier. 50<br />

Eine dritte Persönlichkeit, auf welche sich beispielsweise auch direkt der selbsternannte<br />

Chefideologe des Dritten Reichs, Alfred Rosenberg (1893-1946), bezog,<br />

ist Houston Stewart Chamberlain. <strong>Der</strong> britische Kulturphilosoph kann als einer der<br />

populärsten Rassentheoretiker seiner Zeit, der Wende vom 19. in das 20. Jahrh<strong>und</strong>ert,<br />

betrachtet werden. 100.000 Exemplare seines Hauptwerks „Gr<strong>und</strong>lagen des 19.<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts“ wurden bis 1915 verkauft. 51 Als Angehöriger des Bayreuther Kreises<br />

<strong>und</strong> Schwiegersohn von Richard Wagner vertrat er einen ausgeprägten Antisemitismus<br />

<strong>und</strong> einen in Anlehnung an Gobineau <strong>und</strong> von der Überlegenheit des Ariers<br />

ausgehenden Rassismus.<br />

Charakteristisch für das Werk Chamberlains ist die Beschreibung einer Rangfolge<br />

von Rassen. Über Gobineau ging er hinaus, indem er den Antisemitismus in<br />

weit größerem Maße in das Zentrum seiner Betrachtung stellte: In einer Art clash of<br />

races käme es nach ihm unweigerlich zum Zusammenprall <strong>und</strong> Kampf zwischen der<br />

germanischen <strong>und</strong> der semitischen Rasse. Die Germanen könnten jedoch nur beste-<br />

49 Betz (Anm. 39).<br />

50 Vgl. Hans Fenske, Politisches Denken im Nationalsozialismus, in: Hans J. Lieber (Hrsg.), Politische<br />

Theorien von der Antike bis zur Gegenwart. Wiesbaden 2000, 802-820.<br />

51 Vgl. Diehl (Anm. 36), 103.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!