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Der Hygieniker und Ernährungswissenschaftler Werner Kollath

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Forschungsförderung im Nationalsozialismus 125<br />

ren, haben bereits Alexander Mitscherlich <strong>und</strong> Fred Mielke als starke Triebfeder für<br />

die Durchführung auch unethischer medizinischer Forschungen erkannt.<br />

Wie aus dem überlieferten Schriftwechsel zwischen dem Geschäftsführer des<br />

„SS-Ahnenerbes“ <strong>und</strong> dem in Straßburg forschenden Anatomen Hirt mit dem in<br />

Rostock bzw. Greifswald tätigen Pharmakologen Holtz ebenfalls ersichtlich ist, erfolgte<br />

die Kontaktanbahnung auf Veranlassung von Hirt, <strong>und</strong> zwar auf der Basis<br />

fachlicher Wertschätzung. Die Dimension einer wissenschaftlich motivierten Kooperation<br />

August Hirt – Peter Holtz ist gut vorstellbar, denn beide konnten sich<br />

durchaus in ihrer Greifswalder Zeit kennen gelernt haben. Peter Holtz hatte sich an<br />

der Greifswalder Universität 1935 oder 1936 habilitiert; Hirt war im Jahr 1936 für<br />

zwei Jahre nach Greifswald gekommen, bis er im Jahr 1938 den Ruf auf den Lehrstuhl<br />

in Frankfurt/Main annahm. Im selben Jahr verließ auch Peter Holtz Greifswald,<br />

allerdings in Richtung Rostock.<br />

Dass der Medizinverbrecher August Hirt 31 als Anatom in Fachkreisen ein anerkannter<br />

Forscher auf dem Gebiet der mikroskopischen Färbetechnik war, kann man<br />

der (englischen) Fachliteratur zur historischen Entwicklung dieses Gebietes entnehmen,<br />

in der Hirt bis in die jüngste Vergangenheit aufgr<strong>und</strong> der Verdienste um die<br />

methodische Weiterentwicklung der Fluoreszenzmikroskopie gewürdigt wird. 32 Die<br />

Sichtbarmachung von fluoreszierenden Markern im lebenden Körper, die er seit Ende<br />

der 1920er Jahre gemeinsam mit dem 1933 ins Exil getriebenen Pharmakologen<br />

Philipp Ellinger (1887-1952) 33 als bildgebendes Verfahren in der Mikroskopie entwickelt<br />

hatte, erfolgte vor allem an Fröschen als Versuchstieren. Das bevorzugte<br />

physiologische System, in dem Transport <strong>und</strong> Ausscheidung der fluoreszierenden<br />

Partikel gut sichtbar gemacht werden konnte, waren die Nieren <strong>und</strong> das sie durchziehende<br />

Nervensystem. Dass Vitamine, die zeitgenössisch unter der Bezeichnung<br />

„Wirkstoffe“ firmierten, auf ebendieses System Einfluss nahmen, dabei selbst biochemisch<br />

verändert wurden, ahnte man in den 1930er/40er Jahren zwar, hatte aber<br />

den zugr<strong>und</strong>e liegenden komplexen Mechanismus noch nicht aufklären können.<br />

Zumindest ein Teil der bahnbrechenden Forschungsarbeiten über Adrenalin/Noradrenalin<br />

(Hormon der Nebennierenrinde), für die Peter Holtz später berühmt<br />

wurde, beziehen sich ebenfalls auf Erkenntnisse der Nieren- <strong>und</strong> Herz-<br />

Kreislaufphysiologie, stammen also aus vergleichbaren Körperkreisläufen. Ein Aus-<br />

31 Neben Schmaltz (wie Anm. 3) siehe auch Robert Steegmann, La Faculté de Médecine de la<br />

Reichsuniversität de Strasbourg et les Experimentations médicales au KL-Natzweiler, in: Christian<br />

Baechler et al., Les Reichsuniversitäten de Strasbourg et de Poznan et les résistances universitaires<br />

1941-1944. Strasbourg 2005, 143-158.<br />

32 Frederick H. Kasten, The Development of Fluorescence Microscopy up through World War II,<br />

in: George Clark /Frederick H. Kasten (Hrsg.), History of Staining (3. Auflage). Baltimore/London<br />

1983, 147-187 sowie Frederick H. Kasten, Unethical Nazi Medicine in Annexed Alsace-Lorraine:<br />

The Strange Case of Nazi Anatomist Professor Dr. August Hirt, in: George O. Kent (Hrsg.), Historians<br />

and Archivists. Essays in Modern German History and Archival Policy, Fairfax, Virginia<br />

1991, 173-208.<br />

33 Ulrich Trendelenburg, Verfolgte deutschsprachige Pharmakologen 1933-1945. Zusammengestellt<br />

<strong>und</strong> kommentiert von Ulrich Trendelenburg. Frechen 2006.

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